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Kanton Glarus
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Obergericht
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Urteil
vom 9. März 2017
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Verfahren
OG.2013.00061
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1. A.______ AG in Nachlassliquidation
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Berufungsklägerin
und Nebenintervenientin
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vertreten
durch D.______
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2. B.______
Aktiengesellschaft
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Klägerin
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vertreten
durch E.______
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gegen
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C.______ AG in Nachlassliquidation
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Berufungsbeklagte
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und
Beklagte
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vertreten
durch F.______
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betreffend
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Kollokationsklage
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Anträge
der Berufungsklägerin und Nebenintervenientin
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(gemäss
Eingabe vom 13. September 2013, act. 87 S. 2):
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„
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1.
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Das Urteil des
Kantonsgerichts Glarus vom 13. Juni 2013 im Verfahren ZG.2009.00920 sei
aufzuheben.
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2.
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Es sei die von
der Klägerin beim Liquidator der C.______ AG in Nachlassliquidation angemeldete
und von diesem mit Verfügung vom 12. Oktober 2009
abgewiesene Forderung im Teilbetrag von CHF 165‘394‘826.88 als in der
dritten Klasse begründet zu kollozieren. Eventualiter:
Die Sache sei zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
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3.
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Unter Kosten-
und Entschädigungsfolge zulasten der Beklagten.“
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Anträge
der Berufungsbeklagten und Beklagten
(gemäss
Eingabe vom 7. November 2013, act. 92 S. 2):
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„
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1.
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Die Berufung
sei abzuweisen und es sei der erstinstanzliche Entscheid in Abweisung der
Klage zu bestätigen;
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2.
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Eventualiter
sei die Sache an die Vorinstanz zum neuen Entscheid zurückzuweisen;
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3.
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Subeventualiter
(für den Fall der Gutheissung der Berufung ohne Rückweisung an die
Vorinstanz) sei die Klage abzuweisen;
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unter Kosten-
und Entschädigungsfolgen (einschliesslich des erstinstanzlichen Verfahrens)
zu Lasten der klagenden Partei.“
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____________________
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Inhaltsverzeichnis
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I.
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Prozessverlauf
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4
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II.
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Prozessuales
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5
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A.
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Übergangsrecht
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5
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B.
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Parteifähigkeit
der Klägerin
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5
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C.
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Prozessuale
Stellung der Nebenintervenientin
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7
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D.
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Streitwert
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7
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E.
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Novenrecht
|
8
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F.
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Substantiierungs-
und Rügeanforderungen
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10
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|
G.
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Beweislast
und Beweismass
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12
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|
H.
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Übrige
Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen
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13
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III.
|
Streitgegenstand
im Überblick
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13
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IV.
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Aktivlegitimation
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15
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|
A.
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Formvorschriften
betreffend Forderungsabtretung
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15
|
|
B.
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Vollstreckungsrechtliche
Gültigkeit der Forderungsübertragungen
|
20
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|
C.
|
Abtretungsverbot
zufolge Kontokorrentrecht
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29
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V.
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Vertragsrechtliche
Qualifikation
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30
|
|
A.
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Prozessuale
Ausgangslage
|
30
|
|
B.
|
Sachverhaltsdarstellung
der Nebenintervenientin
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31
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|
C.
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Vorbringen
der Beklagten
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34
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|
D.
|
Novenrecht
und Substantiierung
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34
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E.
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Vertragsrechtliche
Grundlagen zu Konzernclearing und Cash Pooling
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36
|
|
F.
|
Subsumtion: Qualifikation des Cash Managements
|
40
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|
G.
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Übermässige
Bindung (Art. 27 Abs. 2 ZGB)
|
53
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|
H.
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Zwischenfazit
|
55
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|
VI.
|
Gesellschaftsrechtliche
Beurteilung
|
55
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A.
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Zweckkonformität;
Vertretungsrecht
|
55
|
|
B.
|
Verdeckte
Gewinnausschüttungen
|
64
|
|
C.
|
Eigenkapitalersatzrecht
|
77
|
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D.
|
Rechtsmissbrauch
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79
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|
VII.
|
Paulianische
Anfechtung
|
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82
|
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|
|
VIII.
|
Fazit
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83
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|
IX.
|
Kosten-
und Entschädigungsfolgen
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84
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|
Dispositiv
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84
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Das Gericht zieht in Betracht:
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I.
(Prozessverlauf)
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1.
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a) Der Präsident des
Kantonsgerichts Glarus bewilligte mit Verfügung vom 5. Dezember 2003
(act. 41/8) der C.______
AG eine provisorische und mit Verfügung vom 2. Februar 2004
(act. 30/341) eine definitive Nachlassstundung für sechs Monate. Mit
Beschluss vom 17. Juni 2004 (act. 41/9) bestätigte das Kantonsgericht
Glarus den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zwischen der C.______ AG und deren Gläubigern.
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b)
|
Im Nachlassverfahren der
C.______ AG wies deren Liquidator mit Verfügung vom 12. Oktober 2009
(act 2/1) drei von der B.______ AG London eingegebene Forderungen,
welche diese gemäss ihrer Darstellung von der Z.______AG
(CHF 40‘893‘138.31), von der A.______ AG (CHF 196‘166‘544.98) und
von der Konkursmasse der Y.______ GmbH (CHF 1‘546‘342.71) erworben
hatte (vgl. act. 2/2 S. 15), ab.
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2.
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a) Die B.______ AG London
verlangte daraufhin mit beim Kantonsgericht Glarus erhobener
Kollokationsklage vom 4. November 2009 (act. 1) die Zulassung der
beiden erstgenannten Forderungen (CHF 40‘893‘138.31 und
CHF 196‘166‘544.98) im Nachlassverfahren der C.______ AG. Mit
Verfügung vom 30. November 2010 (act. 24) schrieb der
Kantonsgerichtspräsident das Verfahren im Umfang von CHF 40‘893‘138.31
als durch Vergleich erledigt ab und merkte vor, dass die Klägerin überdies
ihre Klage im Umfang von CHF 30 Mio. zurückgezogen hat (vgl. auch
act. 16 f.).
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b)
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Zuvor, nämlich mit Schreiben
vom 24. September 2010 (act. 14), erklärte die A.______ AG in
Nachlassliquidation die Nebenintervention auf Seiten der B.______ AG London
im vorliegenden Verfahren, worauf sie der Kantonsgerichtspräsident als
Nebenintervenientin zuliess (act. 24 Dispositiv-Ziff. 5). Die
B.______ AG London reduzierte in der Folge die Klage am 4. Februar
2011 auf noch CHF 165'394'826.88 (act. 27) und überliess die
Prozessführung im Sinne von Art. 106 Abs. 3 ZPO/GL der
Nebenintervenientin (vgl. z.B. act. 28 Rz. 2; zum weiteren
Prozessverlauf vor Vorinstanz vgl. act. 84 E. I.).
|
c)
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Mit Urteil vom 13. Juni 2013
(act 84) wies das Kantonsgericht die Kollokationsklage ab, soweit
diese zuvor nicht zurückgezogen bzw. durch Vergleich erledigt wurde.
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3.
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Gegen diesen Entscheid legte
die A.______ AG in Nachlassliquidation (nachfolgend auch:
„Berufungsklägerin“ oder „Nebenintervenientin“) mit Rechtsschrift vom
13. September 2013 (act. 87) rechtzeitig Berufung beim
Obergericht ein und stellte dabei die eingangs wiedergegebenen Anträge. Mit
Schreiben vom 19. September 2013 (act. 88) forderte das
Obergericht von der Berufungsklägerin für das Berufungsverfahren einen
Kostenvorschuss von CHF 250‘000.– ein, welchen diese innert Frist
leistete (act. 89). Die Berufungsantwort der C.______ AG in Nachlassliquidation
(nachfolgend auch: „Berufungsbeklagte“ oder „Beklagte“) datiert vom
7. November 2013 (act. 92) und weist die ebenfalls eingangs
erwähnten Anträge auf. Je ein Doppel der Berufungsantwort wurden der
Berufungsklägerin und der B.______ AG London (nachfolgend auch: „Klägerin“)
zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 93 f.).
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II.
(Prozessuales)
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|
A. Übergangsrecht
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1.
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Wie bereits erwähnt
(E. I.2a), datiert die hier zu beurteilende Kollokationsklage vom
4. November 2009 (vgl. act. 1) und das angefochtene
vorinstanzliche Urteil erging am 13. Juni 2013 (act. 84).
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2.
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Am 1. Januar 2011 ist die
Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) in Kraft getreten. Gemäss
deren Übergangsbestimmungen war das vor-instanzliche Verfahren nach der
bisherigen glarnerischen Zivilprozessordnung (ZPO/GL) weiterzuführen
(Art. 404 Abs. 1 ZPO/CH), während für die Zulässigkeit und das Verfahren
von Rechtsmitteln das neue Recht zur Anwendung kommt (Art. 405
Abs. 1 ZPO/CH).
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B. Parteifähigkeit
der Klägerin
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1.
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Die Berufungsbeklagte bringt
vor (act. 92 Rz. 112 f.), bei der als klagende Partei auftretenden
B.______ AG London handle es sich um eine Zweigniederlassung der B.______
AG. Nur schon da jener als Zweigniederlassung keine Rechtspersönlichkeit
zukomme, seien Berufung und Klage abzuweisen.
|
2.
|
Es trifft zu, dass eine
Zweigniederlassung weder partei- noch prozessfähig ist. Sie bildet mit der
Hauptniederlassung eine rechtliche Einheit bzw. ist stets Teil des Hauptsitzes
(BGer 4A_129/2014 vom 1. Mai 2014, E. 2.5; Hrubesch-Millauer,
Dike-Komm. ZPO, Art. 66 N 17). Die Parteifähigkeit stellt eine
Prozess-voraussetzung dar, weshalb das Gericht die Parteifähigkeit von
Amtes wegen prüft und Nichteintreten beschliesst, sofern diese
Prozessvoraussetzung nicht erfüllt ist (Art. 59 Abs. 2
lit. c ZPO/CH, Art. 60 ZPO/CH, Art. 59 Abs. 1 ZPO/CH e
contrario). Allerdings ist gemäss langjähriger, auch bereits unter den
kantonalen Zivilprozessordnungen gelebter Praxis bzw. vertretener Lehre
eine bloss unrichtige oder ungenaue Parteibezeichnung von Amtes wegen oder
auf Antrag einer Partei zu berichtigen, sofern sich aus dem Inhalt der Klage
bzw. aus den Akten eindeutig ergibt, wer gemeint ist (Fischer, Baker &
McKenzie-Komm. ZPO/CH, Art. 66 N 2 m.w.H.; BGer 4A_129/2014 vom
1. Mai 2014, E. 2.5 m.w.H.; Killias, BK ZPO, Art. 221
N 7 m.w.H.).
|
3.
|
Bei der „B.______ AG London“
handelt es sich um eine Zweigniederlassung der „B.______
Aktiengesellschaft“ mit Sitz in […] (vgl.
https://beta.companieshouse.gov.uk/, Suchstichwort: „B.______“). Sie ist
nach dem Gesagten demzufolge weder partei- noch prozessfähig. Die Klägerin,
die Nebenintervenientin sowie die Vorinstanz haben also in ihrer Klage bzw.
in ihrem Urteil die Parteibezeichnung der klagenden Partei unrichtig
aufgeführt. Dies stellt jedoch vorliegend einen heilbaren Mangel dar, der
vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung und Lehre (E. II.B.2.)
von Amtes wegen korrigiert werden muss. Denn über die Identität der
klagenden Partei konnten zu keinem Zeitpunkt Zweifel bestehen, da sie eben
als Zweigniederlassung mit dem Hauptsitz eine rechtliche Einheit bildet
(BGer 4A_510/2016 vom 26. Januar 2017, E. 3.2; BGer 4A_129/2014
vom 1. Mai 2014 E. 2.5; kritisch Hirsiger, ArbR 2014, S. 56)
und weil bereits im Kollokationsplan der Beklagten (act. 2/2
S. 15) und in der dazugehörigen Verfügung Nr. 5 (act. 2/1)
stets von der B.______ AG London als Gläubigerin die Rede war. Das Rubrum
ist daher gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren dahingehend zu korrigieren,
dass als Klägerin die B.______ Aktiengesellschaft, […], und als Zustelladresse
jene der Zweigniederlassung B.______ AG London anzugeben sind. Die wenigen
bis heute im Verfahren von der B.______ AG London getätigten prozessualen
Schritte (vgl. act. 1, 16, 20, 27, 49, 82) – überwiegend handelte an
deren Stelle die Nebenintervenientin (vgl. nur act. 28, 46, 54, 72,
87) – sind mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ohne Weiteres als von der
B.______ Aktiengesellschaft stillschweigend genehmigt anzusehen (zu dieser
Thematik: Hirsiger, ArbR 2014, S. 56 m.w.H.).
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C. Prozessuale
Stellung der Nebenintervenientin
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1.
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Dass die A.______ AG in
Nachlassliquidation durch die Vorinstanz als Nebenintervenientin zugelassen
wurde (vgl. vorne, E. I.2b), ist nicht zu beanstanden. Indem die
A.______ AG in Nachlassliquidation glaubhaft machte, dass sie im Falle
einer vollumfänglichen oder teilweisen Nichtkollokation der strittigen
Forderung im Nachlassverfahren der C.______ AG möglicherweise der Klägerin
eine gewisse Rückerstattung des für die an die Klägerin zedierte Forderung
bezahlten Kaufpreises schulden könnte (vgl. act. 1 Rz. 6-8 und
act. 2/5 S. 1 unten), besteht bei ihr ein rechtsgenügendes
Interesse an der Nebenintervention (Art. 105 Abs. 1 ZPO/GL).
Ebenso ist es ohne Weiteres zulässig, dass die Klägerin im vorinstanzlichen
Verfahren die Prozessführung der Nebenintervenientin überliess (vgl. vorne,
E. I.2b; Art. 106 Abs. 3 ZPO/GL).
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2.
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Gemäss Art. 76 Abs. 1
ZPO/CH (vgl. soeben, E. II.A.2.) sind Nebenintervenienten
grundsätzlich befugt, Rechtsmittel zu ergreifen. Ausgeschlossen ist dies
indes dann, wenn die Hauptpartei sich diesem Rechtsmittel widersetzt oder
das in Frage stehende Urteil akzeptiert, mithin ausdrücklich oder konkludent
den Verzicht auf die Einlegung eines Rechtmittels erklärt. Ein derartiger
Verzicht der Hauptpartei liegt aber nicht allein bereits dann vor, wenn sie
gegen ein Urteil kein Rechtsmittel ergreift (zum Ganzen: BGE 142 III 271,
E. 1.3 sowie BGE 142 III 629, E. 2, je m.w.H.). Vorliegend hat
die Klägerin als Hauptpartei zwar selbst nicht Berufung gegen das
vorinstanzliche Urteil erhoben. Es sind jedoch keine Umstände ersichtlich,
die darauf hindeuten würden, dass sie sich der Berufung der
Nebenintervenientin widersetzen würde oder sie konkludent den Verzicht auf
die Einlegung einer Berufung erklärt hätte. Damit ist die Berufung nach Art.
76 Abs. 1 ZPO/CH zulässig und die Nebenintervenientin zur Berufung legitimiert.
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D. Streitwert
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Der Streitwert bemisst sich bei
Kollokationsklagen nach der Dividende, die auf den bestrittenen Betrag
entfallen würde, also nach dem möglichen Prozessgewinn. Abzustellen ist dabei
auf die Dividendenschätzung der Konkursverwaltung bzw. des Liquidators. Eine
allfällige Veränderung der Schätzung der Konkursdividende während des
Kollokationsprozesses allein hat keinen Einfluss auf das Rechtsbegehren,
sodass auch diesfalls weiterhin der im Zeitpunkt der Klageeinleitung
festgelegte Streitwert massgeblich ist (BGE 140 III 65, v.a. E. 3.2.3
m.w.H.). Demgemäss beläuft sich der Streitwert (auch) im Berufungsverfahren
und entgegen anderslautenden Vorbringen der Berufungsbeklagten (act. 92
Rz. 5 f.) unter Zugrundelegung einer mutmasslichen
Nachlassdividende von 3 % gemäss Verfügung des Liquidators der
Berufungsbeklagten vom 12. Oktober 2009 (act. 2/1; act. 2/2
S. 31) auf gerundet CHF 4‘961‘845.– (3 % von
CHF 165‘394‘826.88 [vgl. das eingangs wiedergegebene Rechtsbegehren der
Berufungsklägerin sowie die vorinstanzlichen Erwägungen in act. 84
E. V.1.]).
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E. Novenrecht
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1.
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Die Berufungsbeklagte rügt
(act. 92 Rz. 19 ff.), die Berufungsklägerin habe im vorinstanzlichen
Verfahren den gemäss ZPO/GL geltenden Konzentrationsgrundsatz mehrfach
verletzt und die Vorinstanz habe die entsprechenden unzulässigen Noven
zugelassen, obwohl hierfür weder eine gesetzliche Grundlage noch sonst eine
Veranlassung bestehe.
|
2.
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Die Vorinstanz führte das
Verfahren nach entsprechendem Ersuchen der Klägerin (act. 1
Rz. 14 f.) schriftlich im Sinne der Art. 46 ff. ZPO/GL
durch (vgl. u.a. act. 24 Dispositiv-Ziff. 9). In solchen
schriftlichen Verfahren gemäss ZPO/GL ist nach der Klageeinreichung
(Art. 28 ff. ZPO/GL) zunächst der klagenden Partei Frist zur Klagebegründung
und hernach der beklagten Partei Frist zur Klageantwort anzusetzen
(Art. 49 ZPO/GL; betreffend Inhalt von Klagebegründung und
Klageantwort vgl. Art. 39 f. ZPO/GL i.V.m. Art. 56 ZPO/GL).
Innert den gleichen Fristen haben die Parteien die Urkunden einzulegen, die
Edition von Urkunden zu beantragen und sonstige Beweisanträge zu stellen
(Art. 50 ZPO/GL, sog. Beweisniederlegung). Nach dem ersten
Schriftenwechsel können neue Beweismittel nur noch eingebracht werden, wenn
die Gegenpartei zustimmt, wenn es sich um Beweismittel handelt, von denen
die betreffende Partei glaubhaft macht, dass sie trotz angemessener Tätigkeit
nicht rechtzeitig eingebracht werden konnten oder wenn die Beweismittel von
Amtes wegen zu beachten sind (Art. 52 i.V.m. Art. 87 ZPO/GL).
Neue tatsächliche und rechtliche Ausführungen sind im erstinstanzlichen
Verfahren nach dem ersten Schriftenwechsel nur noch zulässig, insofern die
Klageantwort bzw. die Replik hierzu Anlass gibt (Art. 41 f.
i.V.m. Art. 56 ZPO/GL).
|
3.
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Die Vorinstanz erwog
(act. 84 E. III.4.), sowohl die Nebenintervenientin als auch die
Beklagte hätten nach der Klagebegründung bzw. Klageantwort noch Beilagen
eingereicht, obwohl die Beweismittel grundsätzlich mit diesen
Rechtsschriften beizubringen gewesen wären. Währenddem die Parteien unter
weiterer Geltung der Glarner Zivilprozessordnung in einem allfälligen
Rechtsmittelverfahren die Möglichkeit gehabt hätten, vor Obergericht
sämtliche verspäteten Beweismittel neu einzureichen, seien im vorliegenden
Fall in einem allfälligen, von der Schweizerischen Zivilprozessordnung
beherrschten Berufungsverfahren neue Beweismittel nur noch in Ausnahmefällen
zulässig. Um beim Übergang vom alten zum neuen Recht Härten zu mildern,
lasse sie (die Vorinstanz) die nachträglich erfolgten Beweiseingaben dennoch
zu.
|
4.
|
Im Berufungsverfahren gemäss
der ZPO/CH sind neue Vorbringen nur noch unter den Voraussetzungen von
Art. 317 Abs. 1 ZPO/CH zulässig. Diese Novenrechtsregelung gilt
auch in übergangsrechtlichen Fällen ausschliesslich und ohne Rücksicht darauf,
ob im erstinstanzlichen, noch dem kantonalen Recht unterstehenden Verfahren
neue Vorbringen in einem weitergehenden Umfang zulässig waren (BGer
5A_330/2013 vom 24. September 2013, E. 2.2 m.w.H.). Danach sind –
bis zum Beginn der zweitinstanzlichen Beratungsphase entstandene (BGE 142
III 413, E. 2.2.6) – neue Tatsachen und Beweismittel nur noch zu
berücksichtigen, wenn sie kumulativ ohne Verzug vorgebracht werden (Art.
317 Abs. 1 lit. a ZPO/CH) und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor
erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO/CH).
Jede Partei, welche neue Tatsachen und Beweismittel einreicht, hat zunächst
zu behaupten und zu beweisen, dass diese Noven zulässig, mithin die soeben
genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der anderen Partei steht der Gegenbeweis
offen (zum Ganzen BGer 5A_330/2013 vom 24. September 2013,
E. 3.5.1 m.w.H. sowie OG ZH, LB110046 vom 8. September 2014,
E. III.4.). Demgegenüber konnten in Berufungsverfahren gemäss der
(früheren) Glarner Zivilprozessordnung die Parteien grundsätzlich umfassend
neue Tatsachen und Beweismittel einbringen, unter Vorbehalt gewisser
Einschränkungen für vor erster Instanz säumige Parteien (Art. 299
Abs. 2 ZPO/GL, vgl. auch Art. 301 Abs. 3 und Art. 302
Abs. 2 ZPO/GL).
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5.
|
Analysiert man die wie erwogen
(E. II.A.) auf das vorinstanzliche Verfahren anwendbare ZPO/GL und die
auf das vorliegende Berufungsverfahren anwendbare ZPO/CH je als Ganzes, so
gelangt man zum Schluss, dass beide Prozessordnungen vom Grundsatz geprägt
sind, zweimal unbeschränkt Tatsachenbehauptungen und Beweismittel
zuzulassen (für die ZPO/GL Art. 39 f. i.V.m.
Art. 56 und Art. 87 ZPO/GL sowie Art. 299 Abs. 2 ZPO/GL;
für die ZPO/CH vgl. Art. 229 insbes. Abs. 2 ZPO/CH sowie BGE 140
III 312 E. 6.3.2.3. m.w.H.). Nach dem soeben Gesagten (E. II.E.2.
und E. II.E.4.) und angesichts der in casu spezifischen Konstellation
der Anwendbarkeit der ZPO/GL im vorinstanzlichen Verfahren sowie der ZPO/CH
im Berufungsverfahren ergäbe sich jedoch in Bezug auf den vorliegenden
Prozess bei wortgetreuer Anwendung dieser beiden einschlägigen Prozessordnungen,
dass die Parteien über beide Instanzen betrachtet lediglich einmal unbeschränkt
Noven vorbringen dürften. Dies erscheint als stossend. Vielmehr ist dem
durch beide involvierten Prozessordnungen statuierten grundsätzlichen Recht
der Parteien, zweimal unbeschränkt Tatsachen und Beweise vorzutragen, auch
im vorliegenden Prozess – nicht zuletzt aufgrund des verfassungsrechtlich
garantierten Anspruchs der Parteien auf ein faires Verfahren (Art. 29
BV) und da keine der Parteien die beschriebene besondere übergangsrechtliche
Konstellation zu vertreten hat – zum Durchbruch zu verhelfen. Die
vorinstanzliche Handhabung des Novenrechts ist daher entgegen der
Auffassung der Berufungsbeklagten (act. 92 Rz. 19 ff.;
act. 60 Rz. 15) nicht zu beanstanden. Soweit die
Nebenintervenientin in ihren Replikschriften betreffend Aktivlegitimation
(act. 46 sowie act. 54) und betreffend die übrigen Teile der
Klageantwort (act. 72) neue Tatsachenbehauptungen äussert und
Beweismittel beibringt, sind diese folglich nicht prozessual unzulässig
bzw. unbeachtlich. Im Einzelnen wird die Frage der novenrechtlichen
Zulässigkeit bestimmter Vorbringen, wo erforderlich, hinten im jeweiligen
Sachzusammenhang behandelt.
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F. Substantiierungs-
und Rügeanforderungen
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1.
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Die Berufungsbeklagte bringt
vor (act. 92 Rz. 92 ff.), die Klage sei im vorinstanzlichen
Verfahren unzureichend substantiiert worden. Insbesondere fehle eine Substantiierung
der angeblich über 3000 Verbuchungen bzw. der diesen zugrunde liegenden
Transaktionen, auf welchen die behaupteten Forderungen der klagenden Partei
basieren sollen. Im vorinstanzlichen Verfahren stellte sich die Berufungsbeklagte
zudem auf den Standpunkt (act. 40 Rz. 8 ff.), die
Nebenintervenientin prozessiere unzulässigerweise über weite Strecken in
Tabellen, mittels Verweisen auf umfangreiche Anhänge sowie mittels
Beispielen und unterlasse es auch, an zahlreichen Stellen Beweismittel zu
nennen.
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2.
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Mit der Vorinstanz (act. 84
E. III.3.) ist festzuhalten, dass die von der Nebenintervenientin in
der Klagebegründung (act. 28) und den weiteren Rechtsschriften
(act. 46, 54, 72, 87) gewählte Darstellungsweise als solche in einem
Abrechnungsprozess wie dem Vorliegenden grundsätzlich nicht zu beanstanden
ist. Vielmehr drängt sich diesfalls beispielsweise eine Präsentation des
Prozessstoffes mittels Tabellen und/oder Verweisen auf Anhänge bzw.
Beilagen in Bezug auf gewisse Prozessthemen der Übersichtlichkeit halber
nachgerade auf (vgl. auch BGer 4A_552/2015 vom 25. Mai 2016, v.a.
E. 3.4). Freilich bedeutet indes auch bei Wahl eines derartigen
Aufbaus der Rechtsschriften die Pflicht einer Prozesspartei, ihre
Sachverhaltsdarstellungen zu substantiieren, dass sie die Tatsachen nicht nur
in den Grundzügen, sondern so umfassend und klar darzulegen hat, dass
darüber Beweis abgenommen werden kann. Dabei bestimmt das Bundesrecht, wie
weit ein Sachverhalt zu substantiieren ist, damit er unter die Bestimmungen
des materiellen Rechts subsumiert werden kann. Die inhaltliche Tragweite
der Substantiierungslast hängt zudem vom prozessualen Verhalten der
Gegenpartei ab. Tatsachenbehauptungen müssen so konkret formuliert sein,
dass ein substantiiertes Bestreiten möglich ist oder der Gegenbeweis angetreten
werden kann. Wenn hingegen seitens des Gerichts überhöhte Anforderungen an
die Substantiierungslast gestellt werden, indem es detailliertere
Tatsachenbehauptungen verlangt als für die Beurteilung des
anspruchsbegründenden Sachverhalts nötig, so verletzt es Art. 8 ZGB (zum
Ganzen: BGer 4A_155/2014 vom 5. August 2014, E. 7.3. m.w.H.; vgl.
ferner auch Art. 39 Ziff. 1 ZPO/GL). Vor diesem Hintergrund wird
hinten im jeweiligen Sachzusammenhang im Einzelnen zu prüfen sein, ob die
massgeblichen Tatsachenbehauptungen in hinreichend substantiierter Form
(und rechtzeitig, vgl. E. II.E.) erfolgten.
|
3.
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Was das Berufungsverfahren
anbelangt, so ist die Berufung schriftlich und begründet einzureichen (Art.
311 ZPO/CH). Aus der Rechtsmittelschrift muss hervorgehen, dass und weshalb
die Berufungsklägerin den erstinstanzlichen Entscheid anficht und inwieweit
dieser geändert oder aufgehoben werden soll. Deshalb hat die Berufungseingabe
– obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt – Berufungsanträge zu enthalten
(BGer 4A_659/2011 vom 7. Dezember 2011, E. 4), wobei mit Blick auf die reformatorische
Natur der Berufung (Art. 318 Abs. 1 lit. b ZPO/CH) grundsätzlich ein Antrag
in der Sache selbst zu stellen ist. In der Berufungsbegründung sind die gestellten
Berufungsanträge zu begründen. Es ist darzulegen, weshalb der vorinstanzliche
Entscheid in den angefochtenen Punkten fehlerhaft sein soll bzw. als
unrichtig erachtet wird (BGE 138 III 374, E. 4.3.1; BGer 5A_247/2013
vom 15. Oktober 2013, E. 3.2.).
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4.
|
Die Vorinstanz führte zur
Begründung ihres die Klage abweisenden Urteils (act. 84) drei
Alternativbegründungen auf, nämlich i) offensichtliche Rechtsmissbräuchlichkeit
der Geltendmachung der strittigen Forderungen infolge Vorliegens
unzulässiger verdeckter Gewinnausschüttungen bzw. unrechtmässigem Cash Management
(act. 84 E. IV.3.-5.), ii) Ausgeschlossensein einer Kollokation der
fraglichen Ansprüche in dritter Klasse infolge Qualifikation derselben als
Sanierungsdarlehen (act. 84 E. IV.5.) sowie iii) fehlende
Rückforderbarkeit von Guthaben aus dem Cash Management wegen unzulässiger
Doppelvertretung (act. 84 E. IV.6.). Sämtliche dieser Alternativbegründungen
hat die Berufungsklägerin in ihrer Berufungsschrift angefochten und mittels
detaillierter Ausführungen beanstandet (vgl. bezüglich i) act. 87 v.a.
Rz. 40 ff., 58 ff., 67 ff.; bezüglich ii) act. 87 v.a.
Rz. 61 ff. und bezüglich iii) act. 87 v.a. Rz. 75 ff.).
Es liegt somit eine hinreichend begründete Berufung vor.
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5.
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Anzumerken bleibt, dass das
Berufungsgericht den angefochtenen Entscheid nicht von sich aus auf Mängel
untersuchen muss, es sei denn, der Sachverhalt sei geradezu willkürlich
festgestellt oder das Recht geradezu willkürlich angewandt worden und diese
Fehlerhaftigkeiten träten klar zutage. Der Berufungsinstanz kommt aber eine
umfassende Überprüfungsbefugnis zu, weshalb sie nicht an die mit den Rügen
der Berufungsklägerin vorgebrachten Argumente oder an die Erwägungen der Vorinstanz
gebunden ist; sie kann die erhobenen Rügen auch mit abweichenden Erwägungen
gutheissen oder abweisen. Es besteht somit für die Berufungsinstanz eine
Prüfungspflicht hinsichtlich der in der Berufungsschrift rechtsgenügend
geltend gemachten Mängel und ein Prüfungsrecht bezüglich allfälliger
anderer Mängel des angefochtenen Entscheids (so zutreffend auch die
Berufungsbeklagte in act. 92 Rz. 90; zum Ganzen statt vieler: BGE
142 III 413, E. 2.2.4; OG ZH, LB110046 vom 8. September 2014,
E. III.3a m.w.H.). Infolgedessen rechtfertigt es sich, nachfolgend
nach einem Sachverhaltsüberblick zunächst die Frage der Aktivlegitimation
näher zu prüfen, obwohl dieser Aspekt von der Vorinstanz im angefochtenen
Entscheid (act. 84) und folgerichtig von der Berufungsklägerin in der
Berufungsschrift (act. 87) nicht explizit thematisiert wurde
(demgegenüber hat die Berufungsbeklagte die Thematik in sämtlichen ihrer im
Prozess ergangenen Rechtsschriften aufgeworfen [act. 40 v.a.
Rz. 150 ff.; act. 60 v.a. Rz. 39 ff.; act. 92
Rz. 96 ff.] und auch die Berufungsklägerin äusserte sich im
vorinstanzlichen Verfahren hierzu mehrfach [act. 28
Rz. 303 ff.; act. 46 Rz. 1 ff.; act. 54
Rz. 1 ff.; act. 72 v.a. Rz. 208 ff.]).
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G. Beweislast
und Beweismass
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Beanstandet eine Gläubigerin ihre
eigene Kollokation, so obliegt ihr gemäss der allgemeinen Beweislastregel von
Art. 8 ZGB die Beweislast für Bestand und Höhe ihrer Forderung sowie für die
geltend gemachte Klasse. Sie kann bei der Klagesubstantiierung neue und
andere Tatsachen sowie Beweismittel und Rechtsgründe geltend machen als bei
der Forderungseingabe. Die Nachlassmasse kann gegen die Forderung der
Gläubigerin alle materiellen Einreden und Einwendungen erheben, welche der
Gemeinschuldnerin gegenüber der Gläubigerin zustehen. Daneben kann sie auch
eigene Einreden, wie insbesondere paulianische Anfechtungstatbestände geltend
machen. Es gilt das Beweismass des vollen Beweises (zum Ganzen: Vock/Müller, SchKG-Klagen
nach der Schweizerischen ZPO, Zürich 2012, S. 389 m.w.H. auf
bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Kollokationsklagen im Konkurs; Hierholzer,
BSK SchKG II, Art. 250 N 59, 61 f.).
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H. Übrige
Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen
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|
Da auch die übrigen Prozess- und
Rechtsmittelvoraussetzungen (so z.B. Wahrung Klagefrist gemäss Art. 321
SchKG i.V.m. Art. 250 Abs. 1 SchKG [vgl. act. 2/1-2 i.V.m.
act. 1], örtliche Zuständigkeit [Art. 321 Abs. 2 i.V.m.
Art. 250 SchKG; vgl. act. 2/1], Wahrung Berufungsfrist
[Art. 311 Abs. 1 ZPO/CH; vgl. act. 86 f. i.V.m.
act. 84 S. 21], Leistung Kostenvorschuss [Art. 311 ZPO i.V.m.
Art. 98 und Art. 101 Abs. 3 ZPO/CH; vgl. act. 88 f.)
erfüllt sind (vgl. hierzu auch act. 84 E. III.1.-4.), ist – unter
Vorbehalt einer hinreichenden Substantiierung bzw. Begründung (vgl. soeben
E. II.F.) – auf die Berufung einzutreten.
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|
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III.
(Streitgegenstand im Überblick)
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1.
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Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten
hat (act. 84 E. II.1 f.), handelt es sich bei der Beklagten
und bei der Nebenintervenientin um zwei von vier nebeneinander stehenden
Holdinggesellschaften des „X.______-Konzerns“. Diese hauptsächlich von […]
aus operierende Gruppe von Unternehmen war u.a. in den Bereichen
Autohandel, Holzindustrie, Kaffeehandel, Immobilien, Finanzen sowie
Beteiligungen tätig. QX.______ sel. und seine beiden Söhne PX.______ und
OX.______ hielten alle Aktien der vier Holdinggesellschaften der
X.______-Gruppe (vgl. zum Ganzen die insoweit übereinstimmenden
Darstellungen der Parteien in act. 28 Rz. 9 f. und
act. 40 Rz. 99).
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2.
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QX.______ sel. – damals
Präsident des Verwaltungsrates mit Einzelunterschrift u.a. der Beklagten,
der Nebenintervenientin, der weiteren Holdinggesellschaft T.______ AG sowie
der ebenfalls zur X.______-Gruppe gehörenden U.______ AG, V.______ AG und
W.______ AG (act. 41/5/1-2; act. 41/5/4-7; act. 40
Rz. 104-106, 108-111; unbestritten, vgl. act. 72 Rz. 198)
und Mitglied des Verwaltungsrates u.a. der SX.______ AG (ab August 2002
unter S.______ AG firmierend; act. 41/5/3; act. 40 Rz. 104,
107; unbestritten, vgl. act. 72 Rz. 198) – erliess am
17. Oktober 1996 für die X.______-Gruppe eine mit
„Konzernverrechnungen über C.______-Kontokorrent“ betitelte Konzernweisung
Nr. 18/96 (act. 30/1; act. 28 Rz. 16; act. 40
Rz. 103).
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3.
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a) Bezugnehmend auf diese
Konzernweisung macht die Nebenintervenientin geltend (act. 28
Rz. 15 ff.), die X.______-Gruppe habe über ein zentrales
Forderungs- und Cash Management verfügt, in welchem die Beklagte als
Clearingstelle fungiert habe. Dieses Forderungs- und Cash Management habe
im Wesentlichen zwei Bestandteile aufgewiesen. Zum einen seien alle
Forderungen zwischen Gesellschaften der X.______-Gruppe über bei der
Beklagten geführte Kontokorrentkonten zentral verrechnet und verbucht
worden („Netting“ bzw. „Konzernclearing“). Zum anderen sei die
überschüssige Liquidität der operativen Gruppengesellschaften in der
W.______ AG und in der Beklagten zusammengeführt worden und diese beiden
Gesellschaften hätten die Mittel alsdann für fällige Zahlungen verwendet
(„Cash Pool“).
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b)
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Die im vorliegenden
Kollokationsprozess geltend gemachte, strittig gebliebene Forderung von
CHF 165‘394‘826.88 beinhaltet nach Darstellung der Ne-benintervenientin
(act. 28 Rz. 28 ff.) drei Kontokorrentforderungen, welche
aus dem behaupteten Forderungs- und Cash Management herrühren. Die
Forderung umfasst gemäss der Nebenintervenientin den Saldo ihres eigenen
Kontokorrentsaldos bei der Beklagten von CHF 104‘494‘262.53 per
5. Dezember 2003 (act. 28 Rz. 175; act. 72 Rz. 38)
sowie die Kontokorrentsalden der V.______ AG und der U.______ AG von
CHF 43‘919‘494.29 (inkl. Zins; act. 28 Rz. 290-292;
act. 72 Rz. 89) bzw. CHF 16‘981‘070.06 (inkl. Zins;
act. 28 Rz. 299), je ebenfalls per 5. Dezember 2003.
Letztere beiden Teilforderungen seien, so die Nebenintervenientin, am
20./28. Januar 2004 (Kontokorrentforderung U.______ AG) respektive am
19./ 30. April 2004 (Kontokorrentforderung V.______ AG) an sie
abgetreten worden (act. 28 Rz. 304, 308; act. 46
Rz. 7 ff.; act. 54 Rz. 4 ff.). Schliesslich seien
– neben weiteren – alle drei hier interessierenden Teilforderungen am
8./13. Juli 2004 an die Klägerin abgetreten worden (act. 28
Rz. 310-313, 325 f.; act. 46 Rz. 11 ff.; act. 54
Rz. 20 ff.).
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4.
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Die Beklagte, welche die
vollumfängliche Abweisung der Kollokationsklage beantragt, vertritt
demgegenüber zusammengefasst den folgenden Standpunkt (act. 40
Rz. 57 ff., 308; act. 60 Rz. 38 ff.): Erstens
fehle es der Klägerin aus mehreren Gründen an der Aktivlegitimation (einem
Abtretungsverbot unterstehende Forderungen; unzureichende Spezifizierung
der Abtretungsforderungen; unzulässiges zivilrechtliches Veräusserungsgeschäft
bzw. vollstreckungsrechtliche Nichtigkeit der Abtretung). Zweitens sei das
angeblich in der X.______-Gruppe praktizierte „Clearing“ aus mehreren
Gründen konzeptionell unzulässig (Fehlen eines Beschlusses der Generalversammlung
der Beklagten; fehlende Vertretungswirkung infolge Doppelvertretung;
Handeln der Beklagten ausserhalb ihres Gesellschaftszwecks; die freien
Reserven übersteigende Verpflichtungen der Beklagten bzw. Überschuldung
derselben; Missbrauch der Beklagten durch QX.______ zwecks
Schulden-Poolings u.ä.; Verstoss gegen Art. 27 ZGB). Insbesondere
lägen diesbezüglich weder Kontokorrentverhältnisse noch Saldoziehungen vor,
noch seien Novationen eingetreten (Fehlen hinreichender
Tatsachenbehauptungen; Fehlen vorbestehender wechselseitiger Forderungen;
fehlende Vertretungswirkung bezüglich Ziehen und Anerkennen des Saldos).
Drittens gehe das von der Klägerin bzw. Nebenintervenientin vorgebrachte
Anweisungskonzept „weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht auf“
(Fehlen hinreichender Tatsachenbehauptungen, insbesondere bezüglich
Vorliegens von Doppelermächtigungen und von Zahlungen; von der falschen
Partei ausgehende angebliche Anweisungen; fehlende Vertretungswirkung
bezüglich Annahme der Anweisungen). Viertens stellten die Verbuchungen
zulasten der Beklagten und zu Gunsten der Nebenintervenientin – sofern
diese überhaupt eine Rechtsgrundlage hätten – Schenkungen bzw. Schenkungsversprechen
dar. Diese seien jedoch ex lege mit Bestätigung des Nachlassvertrags mit
Vermögensabtretung über die Beklagte aufgehoben worden. Wenn es somit je
eine causa für die fraglichen Verbuchungen gegeben hätte, so wäre diese
demnach dahingefallen. Fünftens schliesslich sei das Agieren der Beklagten
im Rahmen des „Clearings“, welches ihr von QX.______ aufgezwungen worden
sei, paulianisch anfechtbar (Schenkungs- bzw. Absichtsanfechtung).
|
|
IV.
(Aktivlegitimation)
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|
Die Berufungsbeklagte macht wie
erwähnt geltend, dass es der Klägerin bezüglich der Forderung von insgesamt
CHF 165‘394‘826.88, für welche sie eine Kollokation in der dritten
Klasse verlangt, aus mehreren Gründen an der Aktivlegitimation fehle
(act. 40 Rz. 59 ff., 150 ff.; act. 60
Rz. 39 ff.; act. 92 Rz. 96 ff.).
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A. Formvorschriften
betreffend Forderungsabtretung
|
|
1.
|
Nach Auffassung der
Berufungsbeklagten (act. 40 Rz. 157 ff.; act. 92
Rz. 100 ff.) genügen die drei Forderungsabtretungen, aus welchen
die klagende Partei ihre Aktivlegitimation herleitet, den gesetzlichen
Formvorschriften, insbesondere dem Grundsatz einer hinreichenden
Spezifizierung der abgetretenen Forderung, nicht. Dies, weil keine der drei
massgeblichen Abtretungsurkunden irgendeinen den Forderungen zugrundeliegenden
Lebenssachverhalt angebe bzw. als Rechtsgrund – wie dann im vorliegenden
Kollokationsprozess geltend gemacht – Kontokorrentforderungen nenne. Ausserdem
stimme im Falle der ursprünglich angeblich der U.______ AG zustehenden Forderung
die zedierte Forderung auch betragsmässig nicht mit der eingeklagten
Forderung überein. Daher entfalte keine der drei Abtretungen, auf welche
sich die klagende Partei stütze, Wirkungen und die Klage sowie die Berufung
seien schon aus diesem Grund abzuweisen.
|
2.
|
Die Abtretung einer Schuld
bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 Abs. 1 OR).
Diese Formvorschrift dient der Rechts- und Verkehrssicherheit bzw. der
Klarstellung. Die Gläubiger des Zedenten und des Zessionars sollen ebenso
wie der Schuldner der zedierten Forderung feststellen können, wem die
Forderung in einem bestimmten Zeitpunkt zusteht. Diesem Zweck entsprechend
müssen von der Schriftform sämtliche Merkmale erfasst sein, welche die
abgetretene Forderung für die betroffenen Dritten hinreichend
individualisieren. Es genügt zwar, dass die Forderung bestimmbar ist, es
muss aber immerhin für einen unbeteiligten Dritten ohne Kenntnis der
Umstände der Abtretung aus der Urkunde selbst ersichtlich sein, wem die
Forderung zusteht. Bei einer Forderung, die sich aus verschiedenen
Positionen zusammensetzt, muss der Gegenstand der Teilforderung genügend
klar und bestimmt bzw. bestimmbar sein (zum Ganzen: BGer 4A_125/2010 vom
12. August 2010, E. 2.1. und E. 4.3; BGer 4C.129/2002 vom
3. September 2002, E. 3.1 f., je m.w.H.).
|
3.
|
a) Die Nebenintervenientin
brachte in ihrer Klagebegründung (act. 28 Rz. 304 f.) vor,
die U.______ AG habe ihr gemäss Zessionsurkunde vom 20./28. Januar
2004 (act. 30/342) ihre Forderungen gegenüber der Beklagten
vollumfänglich abgetreten. Diese seien damals mit CHF 17‘827‘417.71
ausgewiesen gewesen, wohingegen der mit Kollokationsklage geltend gemachte
Kontokorrentsaldo per 5. Dezember 2003 CHF 16‘981‘070.06 betrage.
Die Differenz rühre daher, dass in der Buchhaltung der U.______ AG
irrtümlich auch nach dem 5. Dezember 2003 noch einseitig Positionen
auf dem „Kontokorrent C.______ AG“ erfasst worden seien, welche jedoch
später wieder hätten storniert werden müssen.
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b)
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Die von der Nebenintervenientin
angeführte – leicht abweichend von ihrer Darstellung (act. 28
Rz. 304 f.), nämlich vom 28., 29. und 30. Januar 2004 datierende
– Zessionsurkunde (act. 30/342) weist den folgenden Wortlaut auf: „U.______
AG [Adresse] verpflichtet sich hiermit, ihr Darlehen gegenüber der C.______
AG im Betrag von CHF 17‘827‘417.71 (Valuta 5. Dezember 2003;
„Darlehen“) sowie [weitere Ansprüche] unentgeltlich an die A.______ AG
abzutreten, und tritt hiermit das oben genannte Darlehen sowie die oben genannten
Ansprüche unentgeltlich ab an die A.______ AG [Adresse].“
|
c)
|
Insbesondere aufgrund der
Angabe des Valutadatums 5. Dezember 2003 erscheint die Abtretung als
hinreichend spezifiziert respektive bestimmbar. Denn dieser Hinweis erlaubt
der Beklagten, in ihrer Buchhaltung die geltend gemachte Schuld rasch aufzufinden
und so bezüglich Gläubiger, Forderungshöhe und Rechtsgrund zu verifizieren.
Im Recht liegt denn auch ein Kontoauszug aus der Buchhaltung der Beklagten
zu einem Konto-Nr. 225 „U.______ AG, […]“ (act. 30/338
S. 13), in welchem per 30. November 2003, also per wenige Tage
vor dem fraglichen Valutadatum ein Saldo zu Gunsten der U.______ AG von
CHF 16‘975‘765.13 – mithin betragsmässig wenigstens annähernd in Höhe
der geltend gemachten Forderung – ausgewiesen ist (die Beklagte hat nicht
bestritten, dass ihre Buchhaltung und jene der U.______ AG so lauteten, wie
dies von der Nebenintervenientin behauptet bzw. wie Auszüge aus diesen
Buchhaltungen ins Recht gelegt wurden, vgl. act. 40 Rz. 362). War
für die Beklagte auf diese Weise aus Buchhaltungsunterlagen respektive
Kontoauszügen (act. 30/338) ersichtlich, aus welchen
Geschäftsvorgängen die abgetretene Forderung herrührt, so ist es in Bezug
auf die Gültigkeit der Abtretung – entgegen der Berufungsbeklagten
(act. 40 Rz. 161) – ohne Relevanz, dass die Forderung in der Zessionsurkunde
als „Darlehen“, im Kollokationsprozess hingegen als Kontokorrentforderung
bezeichnet wurde. Denn im Falle, dass eine gerichtliche Geltendmachung solcher
Forderungen erforderlich wird, wendet das Gericht das Recht ohnehin von
Amtes wegen an (Art. 78 ZPO/GL; Art. 57 ZPO/CH), womit es
Gläubigern unbenommen ist, sich bei einer späteren gerichtlichen
Geltendmachung solcher Forderungen auf andere Rechtsgründe als die in
Abtretungsurkunden genannten zu stützen. Im Übrigen ist aus der
Zessionsurkunde klar erkennbar, wem die behauptete Forderung nach Auffassung
von Zedent und Zessionar zustand (U.______ AG) und wem die Forderung nach
deren Willen neu zustehen soll (A.______ AG). Die fragliche Abtretung ist
somit im Lichte der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung entgegen
der Auffassung der Berufungsbeklagten formgültig erfolgt. Dass die klagende
Partei hernach im Kollokationsprozess mit CHF 16‘981‘070.06 einen
anderen als den in der Abtretungsurkunde klar und eindeutig auf
CHF 17‘827‘417.71 bezifferten Forderungsbetrag geltend machte, ist
entgegen der Auffassung der Berufungsbeklagten (act. 40 Rz. 161)
unschädlich, zumal der eingeklagte Betrag tiefer ist als der in der
Abtretungsurkunde aufgeführte Betrag.
|
4.
|
a) In Bezug auf die
behauptete, ursprünglich der V.______ AG zustehende Kontokorrentsaldoforderung
gegen die Beklagte führte die Nebenintervenientin in ihrer Klagebegründung
(act. 28 Rz. 307-309) aus, jene habe am 19./30. April 2004
ihre im Nachlassverfahren der Beklagten am 18. Februar 2004
angemeldete (act. 30/344) Forderung von CHF 43‘919‘494.29 an sie
abgetreten. Die Zession sei sodann der Beklagten mit Schreiben vom
30. April 2004 (act. 30/346) notifiziert worden.
|
b)
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Die Zessionsurkunde vom
19./30. April 2004 (act. 30/345) lautet wie folgt: „V.______
AG [Adresse] verpflichtet sich hiermit, ihre Forderung gegenüber der
C.______ AG im Betrag von CHF 43‘919‘494.29 (Valuta 5. Dezember
2003; „Forderung“) sowie [weitere Ansprüche] unentgeltlich an die A.______
AG abzutreten, und tritt hiermit die oben genannte Forderung sowie die oben
genannten Ansprüche unentgeltlich ab an die A.______ AG [Adresse].“
|
c)
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Die Abtretungsurkunde weist
somit abgesehen von der Bezeichnung „Forderung“ anstelle „Darlehen“ mutatis
mutandis (involvierte Gesellschaften, Forderungsbetrag) denselben Wortlaut
auf wie jene betreffend die U.______ AG (act. 30/342; vgl. soeben
E. IV.A.3b). Aufgrund der vorne (E. IV.A.2.) wiedergegebenen
bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend Umfang und Tragweite des
Schriftformerfordernisses im Sinne von Art. 165 Abs. 1 OR bei
Abtretungen und nach dem zur Abtretung der behaupteten
Kontokorrentforderung „U.______ AG“ Ausgeführten (E. IV.A.3c) ist auch
bezüglich der vorliegenden Abtretung zu konstatieren, dass diese formgültig
erfolgt ist. Wiederum wurde in der Abtretungsurkunde ein Forderungsbetrag
exakt beziffert. Dieser entspricht hier überdies exakt dem mit der
Kollokationsklage geltend gemachten Forderungsteilbetrag (vgl. u.a.
act. 28 Rz. 28, 181). Soweit die Berufungsbeklagte geltend macht,
die Bezeichnung „Forderung“ beinhalte keine Spezifizierung nach dem
Rechtsgrund oder nach einem Lebenssachverhalt (act. 40 Rz. 165)
ist anzumerken, dass dies nicht erforderlich ist, weil auch hier (wie bei
der Abtretungsforderung „U.______ AG“) der der Abtretungsforderung
zugrundeliegende Lebenssachverhalt aufgrund der Angabe „Valuta
5. Dezember 2003“ für die Beklagte mittels Rückgriffs auf ihre
Buchhaltungsunterlagen (vgl. insbesondere act. 30/138, v.a.
S. 18) bestimmbar war und ist (vgl. auch vorne, E. IV.A.3c).
|
5.
|
a) Schliesslich gab die
Nebenintervenientin in ihrer Klagebegründung (act. 28
Rz. 310-313) an, sie habe mit Zessionsurkunde vom 8./13. Juli
2004 (act. 2/5 = act. 41/15/1) – abgesehen von einer weiteren
Forderung aus „Schuldübernahme“ – eine „Forderung aus Kontokorrent A.______
/ U.______ AG“ im Betrag von CHF 122‘247‘050.69 und eine „Forderung
aus Kontokorrent V.______ AG“ in der Höhe von CHF 43‘919‘494.29 an die
Klägerin abgetreten.
|
b)
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Die Beklagte beanstandet
(act. 40 Rz. 166-170; act. 92 Rz. 100-105), in diesem Dokument
werde in Bezug auf diese beiden Forderungen weder ein Rechtsgrund genannt
noch der zugrunde liegende Sachverhalt erwähnt. Damit fehle es an einer hinreichenden
Spezifizierung der Abtretung. Diese erforderliche Spezifizierung sei auch
nicht in anderen Dokumenten erfolgt, da in einem Schreiben von Rechtsanwalt
E.______ vom 7. Juli 2004 (act. 2/5 = act. 41/15/2), in
Vermögensstati der Nebenintervenientin (act. 41/20/1-8), in
Gläubigerzirkularen im Nachlassverfahren der Nebenintervenientin
(act. 41/21/1-4) und in Rechenschaftsberichten im Nachlassverfahren
der Nebenintervenientin (act. 41/22/1-4) ebenfalls lediglich Begriffe
wie „Claims“, „Forderung“, „Darlehen“ oder „Darlehensforderung“ vorkämen.
|
c)
|
Vorweg ist wiederum zu
konstatieren, dass die beiden Forderungen in der fraglichen
Abtretungsurkunde (act. 2/5 = act. 41/15/1 „Assignment“) in ihrer
Höhe genau beziffert werden. Sodann ist zwar in der Abtretungsurkunde
selbst kein Lebenssachverhalt oder keine genaue Beschreibung der
abgetretenen Forderungen enthalten (es findet sich einzig der Begriff
„claims“). Indes wird in der Abtretungsurkunde vermerkt, dass im
Nachlassverfahren der Beklagten die Zedentin (Nebenintervenientin) am
27. Februar 2004 eine Forderung in der Höhe von
CHF 152‘247‘059.69 und am 18. Februar 2004 die V.______ AG eine
Forderung in der Höhe von CHF 43‘919‘494.29 eingegeben haben sowie
dass letztere Forderung am 19. April 2004 an die Nebenintervenientin
abgetreten worden sei. Bei diesen erwähnten Forderungen handelt es sich in
ihrer Höhe exakt um die von der Nebenintervenientin an die Klägerin
abgetretenen beiden Forderungen (vgl. act. 41/15/1 S. 1 i.V.m.
S. 2). Aufgrund dieser Verweise in der Abtretungsurkunde
(act. 2/5 = act. 41/15/1) auf die Forderungseingaben im
Nachlassverfahren der Beklagten (act. 30/343 [eingegebene Forderung um
lediglich CHF 9.– gegenüber der Abtretungsurkunde abweichend] und
act. 30/344) und der Beschreibung der Forderungen in diesen
Forderungseingaben sind die beiden abgetretenen Forderungen bzw. die
behaupteten ihnen zugrunde liegenden Lebenssachverhalte und Rechtsgründe ohne
Weiteres bestimmbar (vgl. act. 30/343 S. 2, wo erklärt wird, bei
der Teilforderung von CHF 104‘419‘632.98 handle es sich um eine
Saldoforderung aus jahrelangem Kontokorrentverkehr zwischen der Beklagten
und der Nebenintervenientin; act. 30/343 S. 3 f., wo die
Abtretung der Forderung „U.______ AG“ in der Höhe von
CHF 17‘827‘417.71 erwähnt wird, unter Beilage der diesbezüglichen
Zessionsvereinbarung und Zessionserklärung; act. 30/344, wo die
eingegebene Forderung von CHF 43‘919‘494.29 mit „Forderung gemäss
Kontoauszug der C.______ AG, […] vom 08.12.2003 per 30.11.2003“ umschrieben
wird, unter Beilage der entsprechenden Kontokorrent-Kontoauszüge [vgl. auch
vorne, E. IV.A.2.]). Auch diese Abtretung von der Nebenintervenientin
an die Klägerin ist daher formgültig erfolgt.
|
6.
|
Nach dem Gesagten braucht
demnach auf die von der Nebenintervenientin nachträglich beigebrachten
Abtretungs- bzw. Zustimmungserklärungen der U.______ AG, der V.______ AG
und der Nebenintervenientin resp. von deren Gläubigerausschuss vom Oktober
2011 (act. 55/1-4) nicht eingegangen zu werden. Insbesondere kann
somit die zwischen den Parteien kontroverse Frage (act. 54
Rz. 13; act. 60 Rz. 16 ff.; act. 92 Rz. 21)
offenbleiben, ob im Kollokationsprozess für die Beurteilung der Aktivlegitimation
der Urteilszeitpunkt massgebend ist.
|
|
B. Vollstreckungsrechtliche
Gültigkeit der Forderungsübertragungen
|
|
1.
|
a) Was die Abtretung der
eingeklagten Forderungen von der Nebenintervenientin an die Klägerin
anbelangt, hat Erstere in ihrer Klagebegründung folgenden Sachverhalt
behauptet (act. 28 Rz. 29, 306-311, 325): Mittels Zessionsurkunde
vom 8./13. Juli 2004 (act. 2/5 = act. 41/15/1) habe sie –
neben einer weiteren, im vorliegenden Kollokationsprozess nicht mehr
geltend gemachten Forderung – eine „Forderung aus Kontokorrent A.______AG /
U.______AG“ von CHF 122‘247‘050.69, welche sie am 27. Februar
2004 im Nachlassverfahren der Beklagten angemeldet habe, und eine von der
V.______ AG erworbene „Forderung aus Kontokorrent V.______ AG“ von
CHF 43‘919‘494.29, welche die V.______ AG am 18. Februar 2004 im
Nachlassverfahren der Beklagten angemeldet habe, an die Klägerin abgetreten.
|
b)
|
In ihrer Eingabe vom
6. Juli 2011 (act. 46 Rz. 17 ff.) ergänzte die
Nebenintervenientin diese Darstellung, indem sie zusätzlich vorbrachte, das
der Abtretungserklärung vom 8./13. Juli 2004 zugrunde liegende
Verpflichtungsgeschäft sei bereits am 4. Juni 2004, also noch während
der Dauer der für die Nebenintervenientin bewilligten Nachlassstundung,
welche am 10. Juni 2004 geendet habe, abgeschlossen worden. Die Nebenintervenientin
sei in den Monaten April und Mai 2004 von verschiedenen Finanzinstituten
zwecks Erwerbs der gegenüber der Beklagten offenen Forderungen kontaktiert
worden. So sei bis Ende Mai 2004 ein Angebot der Klägerin eingegangen, die
Forderungen zu einem Preis von 3 Prozent des Nominalwertes zu
erwerben, und ein weiterer Interessent habe ebenfalls ein Angebot in
Aussicht gestellt. Da sie (die Nebenintervenientin) aufgrund der über sie
eröffneten Nachlassstundung nicht mehr befugt gewesen sei, eigenmächtig
über ihr Anlagevermögen zu verfügen, sei ihr damaliger Sachwalter,
Rechtsanwalt D.______, mit Gesuch vom 1. Juni 2004 an den Nachlassrichter
gelangt. Darin habe er um Zustimmung zum Verkauf der fraglichen Forderungen
zu einem Kaufpreis von mindestens drei Prozent des Nominalwerts ersucht.
Der Nachlassrichter des Bezirks Bülach habe daraufhin mit Verfügung vom
2. Juni 2004 einen derartigen Verkauf genehmigt. Auch die von den
Gläubigern an der Gläubigerversammlung bereits gewählten drei Mitglieder
des Gläubigerausschusses hätten dem Verkauf der Forderung zu den genannten
Konditionen am 31. Mai 2004 bzw. 1. Juni 2004 zugestimmt. In der
Folge habe die Klägerin ihr Angebot erhöht und neu einen Kaufpreis von
3.5 % des Nominalwerts der Forderungen angeboten. Da der Mitbieter
nicht bereit gewesen sei, eine höhere Offerte abzugeben, habe sich der
Sachwalter namens der Nebenintervenientin gestützt auf die erfolgte
Ermächtigung zum Verkauf mit dem klägerischen Angebot einverstanden erklärt
und am 4. Juni 2004 einen mündlichen Kaufvertrag über den Verkauf der
Forderungen abgeschlossen sowie diesen gleichentags per E-Mail bestätigt.
Sodann sei dieser Kaufvertrag mit „Trade Confirmation“ vom 9. Juni
2004 und mit korrigierter „Trade Confirmation“ vom 23. Juni 2004
schriftlich bestätigt worden. Der Sachwalter bzw. spätere Liquidator der
Nebenintervenientin sei von deren Organen zur diesbezüglichen Vertretung
schriftlich bevollmächtigt gewesen. Mit der Zustimmung des Nachlassrichters
und dem Abschluss der Transaktion durch den Sachwalter sei die Transaktion
rechtsgültig und verbindlich geworden. Den erfolgten Verkauf der
Forderungen habe der Sachwalter bzw. spätere Liquidator der
Nebenintervenientin dem zuständigen Nachlassrichter mit Schreiben vom
24. Juni 2004 mitgeteilt. Hernach sei mit Abtretungserklärung vom
8. Juli 2004 nur noch der bereits während der Nachlassstundung über
die Nebenintervenientin abgeschlossene Kaufvertrag zwischen dieser und der
Klägerin vollzogen worden. Bei der von der Nebenintervenientin während
ihrer Nachlassstundung mit Zustimmung des Sachwalters, des Nachlassrichters
und der Mitglieder des künftigen Gläubigerausschusses eingegangenen
Verpflichtung zum Verkauf der fraglichen Forderungen handle es sich demnach
im auf die Nachlassstundung folgenden Nachlassliquidationsverfahren um eine
Massaverbindlichkeit. Die Nebenintervenientin habe diese
Massaverbindlichkeit erfüllt, indem sie die veräusserte Forderung gemäss „Assignment“
vom 8. Juni 2004 auf die Klägerin übertragen habe, Zug um Zug gegen Bezahlung
des vereinbarten Kaufpreises. Selbst wenn man in der von der Nebenintervenientin
eingegangenen Verpflichtung zur Übertragung der verkauften Forderung keine
Massaverbindlichkeit erblicken würde, sei – so die Nebenintervenientin –
ihr Nachlassliquidator in analoger Anwendung von Art. 211 Abs. 2
SchKG in jedem Fall berechtigt gewesen, den vor Bestätigung des
Nachlassvertrages mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag zu erfüllen,
d.h. in den Vertrag einzutreten. Auch diesfalls werde die vertragliche
Leistungspflicht der Nachlassschuldnerin zu deren Massaverbindlichkeit, bei
deren Tilgung es sich nicht um eine Verwertungshandlung im Rahmen der
Nachlassliquidation, sondern eben um die Tilgung einer Massaverbindlichkeit
handle. Im Übrigen seien sämtliche Gläubiger der Ne-benintervenientin in
verschiedenen Gläubigerzirkularen, so auch in jenem vom 5. August
2004, über den Verkauf der fraglichen Forderung und über die Konditionen
informiert worden und kein Gläubiger habe hierzu je irgendwelche
Beanstandungen geäussert.
|
2.
|
Hinsichtlich dieser
Sachverhaltsvorbringen der Nebenintervenientin wird von der Beklagten
bestritten (act. 60 Rz. 31, 97), dass zwischen der
Nebenintervenientin und der Klägerin ein mündlicher und hernach schriftlich
bestätigter Forderungskaufvertrag abgeschlossen worden sei, dass der
Sachwalter der Nebenintervenientin hierbei von den Organen der
Nebenintervenientin bevollmächtigt gewesen sei und dass mit dem „Assignment“
vom 8. Juli 2004 lediglich noch dieser bereits während der Stundungsphase
abgeschlossene Kaufvertrag vollzogen worden sei. Unbestritten geblieben
sind hingegen die Daten der provisorischen und definitiven Nachlassstundung
der Nebenintervenientin (8. Dezember 2003 bzw. 5. Februar 2004)
sowie der Genehmigung des Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung
(10. Juni 2004) und dessen Rechtskraftdatum 24. Juni
2004 (act. 40 Rz. 130 f.; act. 60 Rz. 25;
act. 46 Rz. 18; act. 72 Rz. 201). Ebenfalls
unbestritten ist (vgl. act. 60 Rz. 28-30, 34), dass der
Nachlassrichter am 2. Juni 2004 die Nebenintervenientin auf Gesuch von
deren damaligem Sachwalter zum Verkauf der strittigen Forderung
ermächtigte, dass die drei als Mitglieder des Gläubigerausschusses
gewählten Herren […] zuvor am 31. Mai und 1. Juni 2004 Zustimmungserklärungen
für einen Verkauf der strittigen Forderung abgegeben haben und dass der
Sachwalter bzw. Liquidator der Nebenintervenientin am 24. Juni 2004
bezüglich des behaupteten, mit der Klägerin abgeschlossenen
Forderungskaufvertrags eine „Vollzugsmeldung“ an den Nachlassrichter
erstattete. Was das „Assignment“ vom 8./13. Juli 2004 anbelangt, ist sodann
unbestritten (act. 40 Rz. 135 f.; act. 60
Rz. 35-37; act. 72 Rz. 204), dass dieses gestützt auf eine
Vollmacht des Liquidators der Nebenintervenientin vom 2. Juni 2004 am
8. Juli 2004 für die Nebenintervenientin von Rechtsanwalt G.______
unterzeichnet wurde sowie dass die Nebenintervenientin und die Klägerin in
einem separaten Schreiben gleichzeitig vereinbarten, dass der Preis für den
Erwerb der behaupteten Forderung 3.5 % der letztendlich im
Kollokationsplan der Beklagten zugelassenen Summe beträgt. Unstrittig
(act. 60 Rz. 37) ist ein Teil des Kaufpreises bei Unterzeichnung
bezahlt worden und hat sich die Nebenintervenientin verpflichtet, einen
Teil des Preises zurückzubezahlen, wenn die Klägerin bezüglich der
Forderung mit weniger als CHF 166‘166‘544.98 im Nachlassverfahren der
Beklagten kolloziert werden sollte sowie keine Auszahlungen an ihre
Gläubiger vorzunehmen, bevor nicht sicher ist, dass keine Rückzahlungen an
die Klägerin erfolgen müssen.
|
3.
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Vorweg ist festzuhalten, dass
die ergänzenden Sachverhaltsvorbringen betreffend Aktivlegitimation samt
Einreichung weiterer diesbezüglicher Beweismittel (act. 47/1-15) durch
die Nebenintervenientin mittels ihrer vom 6. Juli 2011 datierenden
Rechtsschrift (act. 46) entgegen der Auffassung der Beklagten (u.a.
act. 60 Rz. 7, 24, 28 ff., 93 f.; act. 92
Rz. 106 f.) rechtzeitig erfolgten. Es kann hierzu auf die vorne
(E. II.E.) angestellten Erwägungen verwiesen werden. Ausserdem ergibt
sich die Zulässigkeit und prozessuale Beachtlichkeit dieser Vorbringen und
Beweismittel im vorliegenden Prozess auch daraus, dass sich die
Nebenintervenientin erst aufgrund der in der Klageantwort (act. 40)
erfolgten mannigfaltigen Bestreitung der Aktivlegitimation durch die
Beklagte veranlasst sah, in ihrer Eingabe vom 6. Juli 2011
(act. 46) nähere Ausführungen zum diesbezüglich relevanten Sachverhalt
zu machen. Demgegenüber durfte sie sich in der Klagebegründung
(act. 28) noch zulässigerweise darauf beschränken, die Gründe für das
Vorliegen der Aktivlegitimation wie erfolgt (vgl. soeben E. IV.B.1a) lediglich
in den Grundzügen auf an sich schlüssige Weise darzulegen (vgl.
Leuenberger, ZK ZPO, Art. 221 N 46 m.H. u.a. auf BGE 127 III 365
E. 2b).
|
4.
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a) Aufgrund der bei den Akten
liegenden, von der Nebenintervenientin rechtzeitig eingereichten Urkunden
ist entgegen der Auffassung der Beklagten bewiesen, dass der damalige
Sachwalter der Nebenintervenientin in deren Namen mit der Klägerin am
4. Juni 2004 zunächst mündlich einen Veräusserungsvertrag betreffend
die im vorliegenden Prozess strittige Kollokationsforderung abschloss und
diesen zudem am 9. Juni 2004 schriftlich bekräftigte:
|
b)
|
Dies geht insbesondere aus
einer E-Mail-Korrespondenz zwischen dem damaligen Sachwalter der
Nebenintervenientin und einem Vertreter der Klägerin vom 4. Juni 2004
(act. 47/9) hervor, in welcher beidseits auf zuvor zwischen diesen
Parteien stattgefundene Gespräche Bezug genommen wird. In diesem
E-Mail-Verkehr wird von beiden Parteien übereinstimmend klar als
Kaufgegenstand die behauptete Forderung der Nebenintervenientin gegen die
Beklagte benannt sowie ein Kaufpreis von 3.5 % des Nominalwerts der
Forderung vereinbart, Letzteres ausdrücklich vorbehältlich einer Reduktion,
soweit die Forderung im Nachlassverfahren der Beklagten nicht zugelassen
würde. Demzufolge lagen am 4. Juni 2004 hinsichtlich der für einen
Kaufvertrag objektiv wesentlichen Vertragspunkte Kaufgegenstand und
Kaufpreis übereinstimmende Willenserklärungen der Nebenintervenientin und
der Klägerin vor. Ein solcher Vertrag ist also an diesem Tag zustande
gekommen (Art. 1 f. OR; Art. 165 Abs. 2 OR;
Art. 184 OR; Art. 187 OR; sowie statt vieler Huguenin,
Obligationenrecht – Allgemeiner und Besonderer Teil, N 2400-2402).
|
c)
|
Diese Schlussfolgerung wird
weiter gestützt durch die vom 9. bzw. 23. Juni 2004 datierenden „Trade
Confirmations“ (act. 47/10-11), welche sich ebenfalls auf einen am
4. Juni 2004 zwischen den Parteien telefonisch abgeschlossenen
Forderungskaufvertrag beziehen und in denen hierzu die Vertragskonditionen
näher spezifiziert werden (u.a. genaue Bezeichnung der kaufgegenständlichen
Forderung bzw. Teilforderungen, Kaufpreis, Abwicklungsmodalitäten, Kostentragung,
etc.).
|
d)
|
Die Beklagte hat zwar das
Vorliegen dieses Kaufvertrags durchaus hinreichend substantiiert
bestritten, indem sie im Einzelnen angab, welche diesbezüglichen Tatsachenbehauptungen
der Nebenintervenientin sie anerkennt und welche nicht (vgl. u.a.
act. 60 Rz. 31, 97 f.; Art. 40 Ziff. 1 ZPO/GL;
Leuenberger, ZK ZPO, Art. 222 N 20, 22). Sie hat aber keine
Anhaltspunkte genannt und auch sonst nicht gleichsam im Sinne eines Gegenbeweises
eine eigene Version der relevanten Geschehnisse vorgebracht, welche
bezüglich des von der Nebenintervenientin behaupteten Vertragsschlusses
ernsthafte Zweifel erwecken könnten. Nach Würdigung der genannten Beweismittel
ist daher der Vertragsabschluss zwischen Nebenintervenientin und Klägerin
vom 4. Juni 2004 betreffend die Veräusserung der hier strittigen
Forderung gegen die Beklagte bewiesen (Art. 8 ZGB; Art. 174
ZPO/GL; Art. 157 ZPO/CH; Hasenböhler, ZK ZPO, Art. 157 N 22
m.w.H.).
|
5.
|
a) Zu prüfen ist weiter, ob
der damalige Sachwalter der Nebenintervenientin diese mit dem von ihm am
4. Juni 2004 mit der Klägerin abgeschlossenen Forderungskaufvertrag
rechtsgültig verpflichtet hat.
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b)
|
Soweit das Nachlassgericht
nichts anderes anordnet, bleibt ein Schuldner auch nach Bewilligung der
Nachlassstundung über ihn grundsätzlich über sein Vermögen verfügungsberechtigt
und zur Fortsetzung der Geschäftstätigkeit befugt. Insbesondere kann er
alle Geschäfte abschliessen bzw. Rechtshandlungen vornehmen, soweit sie zum
täglichen Geschäftsbetrieb gehören. Der Sachwalter hingegen kann, sofern er
vom Nachlassgericht nicht ausdrücklich dazu ermächtigt wurde bzw. ihm nicht
die Geschäftsführungsbefugnis übertragen wurde, nicht über das Vermögen des
Schuldners verfügen. Gesetzlich verboten ist es dem Schuldner während der
Dauer der Nachlassstundung jedoch unter anderem, Teile des Anlagevermögens
zu veräussern oder zu belasten, sofern ihn nicht das Nachlassgericht auf
von ihm oder vom Sachwalter ausgehenden Antrag hin ausnahmsweise zur
Vornahme solcher Handlungen ermächtigt (zum Ganzen: Art. 298 SchKG
[bis 31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung]; Vollmar, BSK
SchKG II, Art. 298 N 3; Hunkeler, KUKO-SchKG, Art. 298
N 1 f.; Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und
Konkursrechts, 9. Aufl., Bern 2013, § 54 N 37 ff.).
|
c)
|
Vorliegend kann offen bleiben,
ob die behauptete Kollokationsforderung bzw. die dieser zugrunde liegenden
behaupteten Teilforderungen, welche Gegenstand des vom damaligen Sachwalter
der Nebenintervenientin in deren Namen mit der Klägerin abgeschlossenen
Kaufvertrags vom 4. Juni 2004 bilden, als Anlagevermögen der Nebenintervenientin
im Sinne von Art. 298 Abs. 2 SchKG (bis 31. Dezember 2013 in
Kraft gestandene Fassung) gelten (Lorandi, ZZZ 2004, S. 83 f. und
wohl auch Vollmar, BSK SchKG II, Art. 298 N 11 erachten für die
Umschreibung dieses Anlagevermögens-Begriffs grundsätzlich das Handelsrecht
für massgeblich, wohingegen Hunkeler, KUKO-SchKG, Art. 298 N 14,
eine weitere Auslegung des Begriffs „Anlagevermögen“ postuliert). Denn so
oder anders wurde die Nebenintervenientin durch das Handeln ihres damaligen
Sachwalters am 4. Juni 2004 bezüglich des fraglichen Forderungskaufvertrags
rechtsgültig verpflichtet: Der Beklagten (act. 60
Rz. 108 f.) ist zwar darin beizupflichten, dass der damalige
Sachwalter der Nebenintervenientin am 4. bzw. 9. Juni 2004 für diese
nicht vertretungsbefugt war. Allerdings haben die damals für die Nebenintervenientin
kollektiv zeichnungsberechtigten Herren H.______ und I.______ (vgl.
act.15/5 = act. 41/5/1 S. 2 Ref. 10 und 12) mit
schriftlicher Erklärung vom 11. Juni 2004 (act. 47/12) – welche
von der Beklagten zwar bestritten wurde (act. 60 Rz. 31), an
deren Echtheit jedoch keine Zweifel bestehen – den vom damaligen Sachwalter
am 4. Juni 2004 als Stellvertreter der Nebenintervenientin mit der
Klägerin abgeschlossenen Kaufvertrag genehmigt, sodass die
Nebenintervenientin an den Vertrag gebunden ist (Art. 38 Abs. 1
OR).
|
d)
|
Unzutreffend ist dabei der
beklagtische Einwand (act. 60 Rz. 31), die beiden soeben
genannten Herren seien am 11. Juni 2004 für die Nebenintervenientin
gar nicht mehr zeichnungsberechtigt gewesen, nachdem der Nachlassvertrag
mit Vermögensabtretung der Nebenintervenientin am 10. Juni 2004 (vgl.
act. 15/4) bestätigt worden ist. Die – wie beschrieben grundsätzlich
auch während der Nachlassstundung fortbestehende – Verfügungsbefugnis des
Schuldners und die bisherigen Zeichnungsberechtigungen erlöschen nämlich
gemäss ausdrücklicher gesetzlicher Normierung (Art. 319 Abs. 1
SchKG) erst mit Eintritt der Rechtskraft des Bestätigungsentscheids des Nachlassrichters
betreffend den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Amonn/Walther,
a.a.O., § 55 N 23). Vorliegend ist zwischen den Parteien
unstrittig (vgl. E. IV.B.2.), dass der nachlassrichterliche
Bestätigungsentscheid vom 10. Juni 2004 (act. 15/4) am
24. Juni 2004 in Rechtskraft erwuchs (vgl. auch Art. 307 SchKG in
der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung; Arroyo, BJM 2003,
S. 251). Damit waren die Herren H.______ und I.______ am 11. Juni
2004, dem Datum der in Frage stehenden Vollmacht bzw. Genehmigung im Sinne
von Art. 38 Abs. 1 OR (vgl. act. 47/12), für die Nebenintervenientin
zeichnungsberechtigt. Falls sodann im fraglichen Forderungsverkauf von der
Nebenintervenientin an die Klägerin eine Veräusserung von Anlagevermögen im
Sinne von Art. 298 Abs. 2 SchKG (bis 31. Dezember 2013 in
Kraft gestandene Fassung) zu erblicken wäre, läge mit der auf Antrag des
damaligen Sachwalters der Nebenintervenientin hin ergangenen Verfügung des
Nachlassrichters des Bezirks Bülach vom 2. Juni 2004 (act. 47/5)
auch die erforderliche nachlassrichterliche Ermächtigung zur Vornahme
dieses Rechtsgeschäfts ausdrücklich vor. Im vorliegenden Kollokationsprozess
darf die Frage, ob die Voraussetzungen gemäss Art. 298 Abs. 2
SchKG (bis 31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung) gegeben
waren, nicht nachgeprüft werden (Lorandi, ZZZ 2004, S. 99). Dass der
entsprechende Ermächtigungsantrag zuhanden des Nachlassgerichts in casu
nicht von der Schuldnerin, sondern von deren Sachwalter (in deren Namen,
vgl. act. 47/4 S. 2 oben) ausging, ist unschädlich, darf doch
nach der herrschenden Lehre nicht nur der Schuldner, sondern ohne Weiteres
auch der Sachwalter derartige Anträge ans Nachlassgericht stellen (vgl.
Hunkeler, KUKO-SchKG, Art. 298 N 16; Amonn/Walther, a.a.O.,
§ 54 N 41; Vollmar, BSK SchKG II, Art. 298 N 12;
implizit auch Lorandi, ZZZ 2004, S. 91).
|
6.
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a) Weiter ist zu beleuchten,
wie es sich in Bezug auf den fraglichen Forderungsverkauf mit dem
Verfügungsgeschäft, d.h. der am 8./13. Juli 2004 erfolgten Abtretung der
hier strittigen Forderung gegen die Beklagte von der Nebenintervenientin an
die Klägerin (act. 2/5 = act. 41/15/1), verhält.
|
b)
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Die Bestätigung eines
Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung hat weitgehend dieselben Wirkungen
wie eine Konkurseröffnung, namentlich hinsichtlich der Auswirkungen auf den
Schuldner (Art. 319 SchKG; Lorandi, AJP 2004, S. 1211). Bestehen
zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des nachlassgerichtlichen
Bestätigungsentscheids nicht oder nicht vollständig erfüllte Verträge, in
denen sich der Nachlassschuldner dazu verpflichtet hat, eine Realleistung
zu erbringen, so findet in diesem Moment grundsätzlich eine Umwandlung
dieser Forderung in Geld statt (Art. 211 Abs. 1 SchKG analog). In
analoger Anwendung von Art. 211 Abs. 2 SchKG ist jedoch der
Liquidator berechtigt, in solche Verträge mit allen damit verbundenen
Rechten und Pflichten „einzutreten“, d.h. u.a. diese zu erfüllen. Tritt der
Liquidator in diesem Sinne in einen Vertrag ein, was auch konkludent
geschehen kann, so handelt es sich bei den in diesem Zusammenhang
eingegangenen Schulden – jedenfalls soweit es um Geldleistungen geht – um
Masseschulden (zum Ganzen: BGE 107 III 106 E. 3c; Meier/Exner, BlSchK
2006, S. 91, 110 f., 113; Lorandi, Die Wirkungen des Konkursaufschubs,
in: Festschrift für Karl Spühler, Zürich 2005, S. 216; Lorandi, AJP
2004, S. 1211, 1216; Arroyo, BJM 2003, S. 257 f.). Ohnehin
stellen alle Verbindlichkeiten, welche nach Publikation der
Nachlassstundung entstehen und mit – ausdrücklicher oder stillschweigender
sowie vorgängiger oder nachträglicher – Zustimmung des Sachwalters bis zum
Zeitpunkt der Rechtskraft der Bestätigung des Nachlassvertrags entstanden
sind, ohne Weiteres Masseschulden dar (Art. 310 Abs. 2 SchKG [bis
31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung]; BGE 100 III 30
E. 1; Lorandi, AJP 2004, S. 1218 f.; Arroyo, BJM 2003,
S. 244, 249, 253; eines Nachweises, wer wann den Willen gehabt habe, eine
Massaverbindlichkeit zu begründen, bedarf es somit entgegen der Beklagten
[act. 60 Rz. 100] nicht). Solche Masseverbindlichkeiten – wozu
neben den Masseschulden auch die Massekosten zählen (vgl. z.B. Arroyo, BJM
2003, S. 242 ff.; Lorandi, AJP 2004, S. 1216) – werden vom
Nachlassvertrag nicht erfasst und dürfen sofort erfüllt bzw. bezahlt werden
(BGE 100 III 30, E. 2b; Arroyo, BJM 2003, S. 266 f.). Sodann
entsteht mit der rechtskräftigen Bestätigung des Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung
eine Nachlass- bzw. Liquidationsmasse. Diese umfasst grundsätzlich das
gesamte Aktivvermögen des Schuldners und zwar in demjenigen Zustand, wie es
bei Bestätigung des Nachlassvertrags besteht (Rothenbühler/Wüthrich,
KUKO-SchKG, Art. 319 N 5, 7; Amonn/Walther, a.a.O. § 55
N 22, 24). Der Liquidator erhält mit Rechtskraft der Bestätigung des
Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung das ausschliessliche
Verfügungsrecht über diese Liquidationsmasse (Rothenbühler/Wüthrich,
KUKO-SchKG, Art. 319 N 2).
|
c)
|
Der Entscheid des
Nachlassrichters des Bezirks Bülach vom 10. Juni 2004
(act. 15/4), mit welchem in Bezug auf die Nebenintervenientin der
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung bestätigt wurde, ist unstrittig am
24. Juni 2004 in Rechtskraft erwachsen (E. IV.B.2.). In diesem
Zeitpunkt ist die Gegenstand des vorliegenden Kollokationsprozesses
bildende, behauptete Forderung gegen die Beklagte von
CHF 166‘166‘544.98 (vgl. u.a. act. 47/9-11 und
act. 30/343-344) grundsätzlich Teil der Liquidationsmasse der
Nebenintervenientin geworden.
|
d)
|
Indes ist in der am 8. bzw.
13. Juli 2004 erfolgten Abtretung dieser Forderung an die Klägerin ein
– zumindest konkludenter – Vertragseintritt des Liquidators im Sinne von
Art. 211 Abs. 2 SchKG analog in einen im Zeitpunkt der
Bestätigung des Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung nicht oder nicht
vollständig erfüllten, am 4. Juni 2004 abgeschlossenen
Forderungskaufvertrag (vorne, E. IV.B.4a-d) zu erblicken. Denn –
entgegen der Beklagten (act. 60 Rz. 100) – geht aus dem Wortlaut
der Abtretungsurkunde (act. 2/5 S. 3 f. = act. 41/15/1)
eindeutig die Willensäusserung des Liquidators der Nebenintervenientin
hervor, dass die fragliche Forderung (inklusive hier nicht geltend
gemachter Forderung in der Höhe von weiteren CHF 30 Mio.) an die
Klägerin abgetreten werden soll. Derartige (konkludente oder ausdrückliche)
Erklärungen des Liquidators stellen keinen auf staatlicher Hoheit
beruhenden Vollstreckungs- bzw. Verwertungsakt dar, sondern eine anstelle
des Gemeinschuldners vorgenommene zivilrechtliche Rechtshandlung (Bürgi,
KUKO-SchKG, Art. 211 N 5 m.w.H.; vgl. auch BGE 110 III 84; a.M.
wohl Schwob, BSK SchKG II, Art. 211 N 11). Der beklagtischen
Auffassung (act. 60 Rz. 98), wonach es nach Bestätigung eines
Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung keinerlei (zulässige)
zivilrechtliche Verfügungsgeschäfte gebe, kann somit – jedenfalls in dieser
Absolutheit – nicht gefolgt werden.
|
e)
|
Im vorliegenden Fall ergibt
sich diese Qualifikation der am 8. bzw. 13. Juli 2004 erfolgten
Abtretung als rechtsgültiges zivilrechtliches Verfügungsgeschäft auch
daraus, dass der Nachlassrichter die Nebenintervenientin bereits während
der Dauer der Nachlassstundung ermächtigt hat (act. 47/5 i.V.m.
act. 15/4), den fraglichen Forderungsverkauf einzugehen und zu
vollziehen, dieser also aufgrund der nachlassrichterlichen Ermächtigung
auch schon noch während der Nachlassstundung durch die Organe der Nebenintervenientin
gültig hätte abgewickelt werden dürfen. Mit dieser – ohne Bedingungen
ergangenen – nachlassrichterlichen Zustimmung zum genannten
Forderungsveräusserungsgeschäft wurde dieses auch vollstreckungsrechtlich
voll wirksam. Damit verlieren die Gläubiger der Nebenintervenientin und
erst recht Dritte wie die Beklagte als Schuldnerin der veräusserten Forderung
die Möglichkeit, sich auf diese vollstreckungsrechtliche Unwirksamkeit zu
berufen (Lorandi, ZZZ 2004, S. 104). Entgegen der Beklagten (u.a.
act. 40 Rz. 62 ff., 171 ff., 187 ff.) stellt daher
die fragliche Abtretung vom 8. bzw. 13. Juli 2004 weder eine Verwertungshandlung
(freihändige Verwertung im Sinne von Art. 322 SchKG) der
Nebenintervenientin dar noch ist das zivilrechtliche Veräusserungsgeschäft
unzulässig oder nichtig.
|
f)
|
Der Umstand, dass im ersten
Rechenschaftsbericht des Liquidators der Nebenintervenientin vom
13. Januar 2006 (act. 41/22/5 S. 3 oben) in Bezug auf die
fragliche Abtretung von „Verwertung“ die Rede ist, ist entgegen der
Beklagten (act. 40 Rz. 175) unschädlich. Denn es kommt für die
rechtliche Qualifikation der vom Sachwalter bzw. Liquidator getätigten
Handlungen auf die vorne dargelegten Kriterien (E. IV.B.6b) an und
nicht auf deren Bezeichnung in einem rund ein halbes Jahr nach Vollzug
dieser Handlungen zu Handen der Gläubiger ergangenen Mitteilungszirkular.
|
g)
|
Qualifiziert sich die am 8.
bzw. 13. Juli 2004 erfolgte Abtretung nach dem Gesagten als
zivilrechtliches Verfügungsgeschäft, so ist ferner diesbezüglich eine
Vollmachtserteilung wie die Geschehene (vgl. die Vollmacht des Liquidators
der Nebenintervenientin an Rechtsanwalt G.______ vom 2. Juli 2004,
act. 2/5 S. 5 = act. 41/15/1 S. 3) entgegen der
Beklagten (act. 60 Rz. 109) nicht zu beanstanden
(Art. 32 ff. OR). Dies, zumal der Liquidator darüber hinaus
nachträglich die Abtretung vom 8. Juli 2004 mehrmals konkludent (u.a.
in seinen Rechenschaftsberichten, vgl. bspw. act. 41/22/1-3; vgl. auch
die Vorbringen der Beklagten in act. 40 Rz. 178 ff.) sowie
ausdrücklich (act. 47/14 S. 2) genehmigte (Art. 38
Abs. 1 OR). Infolge der vom Nachlassrichter erteilten Ermächtigung zur
Veräusserung der fraglichen Forderung (act. 47/5) ist im Übrigen entgegen
der Auffassung der Beklagten (act. 60 Rz. 101) eindeutig zu verneinen,
dass mit dem getätigten Vorgehen zwingende gesetzliche Regelungen über die
Verwertung beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung „aus den Angeln gehoben“
wurden.
|
h)
|
Zusammengefasst handelt es sich
beim umstrittenen „Assignment“ vom 8./13. Juli 2004 um den Vollzug
(Verfügungsgeschäft) eines bereits während der Dauer der Nachlassstundung
mit vorgängiger Ermächtigung des Nachlassrichters eingegangenen
(Verpflichtungsgeschäft) zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts und nicht um eine
Verwertungshandlung im Rahmen des Vollzugs des Nachlassvertrags mit
Vermögensabtretung der Nebenintervenientin (so die Beklagte, vgl. u.a.
act. 60 Rz. 109). Auf die weiteren von der Beklagten erhobenen
Rügen, die auf der Annahme des Vorliegens einer solchen Verwertungshandlung
beruhen (u.a. Vertretungsfeindlichkeit; fehlende Zustimmung
Gläubigerausschuss [act. 60 N 112 ff.]; Verletzung numerus
clausus der Verwertungsakte bzw. Stufenfolge nach Art. 260 SchKG;
unzulässige Gewährleistungsvereinbarung bei freihändiger Verwertung;
act. 40 Rz. 187 ff.; act. 60 Rz. 104 ff.;
act. 92 Rz. 108 ff.), braucht daher nicht eingegangen zu
werden. Die im vorliegenden Kollokationsprozess strittige, behauptete
Forderung bzw. deren zugrundeliegende behaupteten Teilforderungen wurden
also – so sie denn überhaupt bestehen (vgl. nachfolgend,
E. V.) – korrekt und rechtsgültig von der Nebenintervenientin
auf die Klägerin übertragen.
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C. Abtretungsverbot
zufolge Kontokorrentrecht
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|
Unter dem Gesichtspunkt der
Aktivlegitimation macht die Berufungsbeklagte schliesslich geltend, die von
der Kollokationsklägerin eingeklagte Forderung bzw. deren zugrundeliegende
Teilforderungen hätten einem Abtretungsverbot (act. 92 Rz. 96-99;
act. 40 Rz. 152-156; act. 60 Rz. 44 ff.) unterlegen.
Auf diesen Einwand wird sogleich (E. V.F.11c) im Rahmen der
vertragsrechtlichen Qualifizierung des in der X.______-Gruppe vollzogenen
Cash Management-Konzepts eingegangen.
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V.
(Vertragsrechtliche Qualifikation)
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A Prozessuale
Ausgangslage
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1.
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Die Vorinstanz hat im
angefochtenen Urteil (act. 84) die Kollokationsklage mittels mehrerer,
allesamt Rechtsfragen beschlagender Alternativbegründungen (unzulässige verdeckte
Gewinnausschüttung; eigenkapitalersetzendes bzw. nachrangiges Darlehen;
Rechtsmissbrauch; Doppelvertretung; Bereicherungsrecht) abgewiesen. Folgerichtig
hat die Vorinstanz nicht im Einzelnen geprüft, ob in Bezug auf das in der
X.______-Gruppe praktizierte Cash Management die von der
Nebenintervenientin behauptete – von der Beklagten weitgehend bestrittene
(vgl. insbesondere act. 40 Rz. 81-85, 153, 363 ff.;
act. 92 Rz. 46 ff.) – Sachverhaltsdarstellung (vgl. zusammengefasst
vorne, E. III.3. m.H. v.a. auf act. 28 Rz. 13 ff.;
act. 72 Rz. 3 ff., 252 ff.) bewiesen ist und wie dieses
Cash Management vertragsrechtlich zu qualifizieren ist.
|
2.
|
Nachfolgend werden die
verschiedenen vorinstanzlichen Alternativbegründungen entsprechend den von
der Nebenintervenientin in ihrer Berufung (act. 87) erhobenen Rügen
der Reihe nach überprüft. Hierzu wird – wie dies implizit auch die
Vorinstanz tat (act. 84) – die Sachverhaltsdarstellung der
Nebenintervenientin zum in der X.______-Gruppe praktizierten Cash
Management einstweilen gleichsam als bewiesen angenommen. Indes wird diese
vorab in vertragsrechtlicher Hinsicht analysiert bzw. qualifiziert, da dies
zur Beurteilung der von der Nebenintervenientin als unzutreffend gerügten
vorinstanzlichen Alternativbegründungen erforderlich ist (vgl.
E. VI.). Im Folgenden wird somit zunächst geprüft, wie das gemäss der
Nebenintervenientin in der X.______-Gruppe praktizierte Liquiditäts- und
Forderungsmanagement (Konzernclearing und Cash Pooling) rechtlich zu
qualifizieren wäre, sollte sich ergeben, dass die entsprechende
Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen gelten kann.
|
|
B. Sachverhaltsdarstellung
der Nebenintervenientin
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|
Die Nebenintervenientin behauptet
zur Funktionsweise des in der X.______-Gruppe praktizierten Konzernclearings
im Einzelnen Folgendes (act. 28 Rz. 15, 18 ff., 31 ff.,
176 ff., 290 ff., 293 ff.; act. 46 Rz. 3;
act. 72 Rz. 3-20, 23, 33 ff., 37 ff., 88 ff., 164,
176, 215, 221 f., 254):
|
1.
|
Die Beklagte habe im Rahmen
dieses Konzernclearings für jede teilnehmende Gruppengesellschaft der
X.______-Gruppe, so u.a. für die Nebenintervenientin, die V.______ AG und
die U.______ AG, ein separates, auf diese lautendes Kontokorrentkonto
geführt. Auf diesen Konten seien alle gruppeninternen Transaktionen
verbucht worden. Wenn eine Gruppengesellschaft an eine andere eine Leistung
erbracht und in Rechnung gestellt habe, so habe die andere
Gruppengesellschaft den geschuldeten Betrag nicht direkt bezahlt, sondern
die Beklagte angewiesen, den Betrag ihrem eigenen Kontokorrentkonto zu
belasten und dem Kontokorrentkonto der rechnungsstellenden
Gruppengesellschaft gutzuschreiben. Ausnahmsweise seien einzelne Verbuchungen
auch auf Anweisung (verstanden in einem weiten Sinn) der jeweiligen Gläubigerin
erfolgt, in jedem Fall aber seien die Verbuchungen mit Zustimmung der jeweiligen
Gegenparteien erfolgt. Die Beklagte habe diese Transaktionen akzeptiert,
intern verbucht und extern auf den entsprechenden Kontoauszügen der
involvierten Kontokorrentkonten ausgewiesen. So seien an die Stelle der
ursprünglichen Forderung der rechnungsstellenden Gruppengesellschaft
gegenüber der anderen Gesellschaft zwei neue Forderungen getreten. Die
rechnungsstellende Gesellschaft habe eine Forderung gegenüber der Beklagten
in Höhe der ursprünglichen Forderung erhalten, während die andere Gesellschaft
diesen Betrag nunmehr der Beklagten geschuldet habe. Die Beklagte habe
somit wie eine Bank Zahlungsanweisungen einzelner X.______-Gesellschaften
zu Gunsten anderer X.______-Gesellschaften entgegengenommen und die Überweisungsbeträge
jeweils den Konten der Auftraggeber belastet sowie den Konten der Begünstigten
gutgeschrieben. Dabei halte die vom 17. Oktober 1996 datierende Konzernweisung
(act. 30/1, vgl. auch vorne, E. III.2.) bloss fest, was bereits
vor Erlass derselben in der X.______-Gruppe seit Jahren praktiziert worden
sei. Über das bei der Beklagten geführte Kontokorrentkonto der Nebenintervenientin
seien vom 1. Juli 1996 bis 5. Dezember 2003 insgesamt 712
Transaktionen und über jenes der V.______ AG vom 1. Juni 1994 bis
30. November 2003 total 2‘576 Transaktionen abgewickelt worden.
|
2.
|
Zu den bei ihr geführten Konten
habe die Buchhaltungsabteilung der Beklagten im Auftrag ihrer damaligen
Organe, welche für den Aufbau und den Betrieb des Konzernclearings
verantwortlich gewesen seien und davon Kenntnis gehabt hätten, monatlich Auszüge
erstellt. In diesen Auszügen habe sie den Zins für den entsprechenden Monat
berechnet und den Kontokorrentkonten belastet oder gutgeschrieben. Nach Gutschrift
oder Belastung der Zinsen habe die Buchhaltungsabteilung der Beklagten auf
den Kontokorrentkonten jeweils den Saldo gezogen. Die entsprechenden
monatlichen Kontoauszüge habe die Beklagte den Buchhaltungsabteilungen der
X.______-Gesellschaften, hier konkret relevant der Nebenintervenientin bzw.
der V.______ AG und der U.______ AG, als Kontoinhaber zur Kontrolle
zugestellt. Deren Buchhalter hätten sie zeitnah anhand ihrer eigenen
Unterlagen geprüft, bearbeitet und in ihren Buchhaltungen abgelegt. Durch
die von der Beklagten monatlich getätigte Saldoziehung auf den
Kontokorrentkonten und die gegenseitige Abstimmung der Salden zwischen der
Beklagten und den angeschlossenen Gesellschaften seien allfällige, in Einzelfällen
aufgetretene Differenzen umgehend festgestellt und bereinigt worden. Die
von der Beklagten ausgewiesenen Salden seien aufgrund dieser monatlichen
Überprüfung und Genehmigung der Kontoauszüge durch die
X.______-Gesellschaften ausdrücklich, mindestens aber stillschweigend,
anerkannt worden, wobei es keiner formellen Genehmigung jedes einzelnen
Kontoauszugs durch den Verwaltungsrat oder gar durch die Generalversammlung
bedurft habe. Somit seien die Kontokorrentforderungen laufend noviert
worden und es seien jeweils monatlich neue Forderungen in Höhe der Kontosalden
entstanden.
|
3.
|
Für ihren Aufwand und ihr
Risiko sei die Beklagte angemessen entschädigt worden. Dies, indem sie
einen substantiellen Ertrag aus der Zinsdifferenz zwischen der Verzinsung
ihrer Aktivguthaben und der Verzinsung der Verbindlichkeiten aus dem Konzernclearing
erzielt habe. Beispielsweise habe die Beklagte im Jahre 1996 auf dem Kontokorrentkonto
der Nebenintervenientin einen Sollzins von 5.75 % p.a. und einen Habenzins
von 3.75 % p.a. und im Jahre 1993 auf dem Kontokorrentkonto der
U.______ AG einen Sollzins von 7.5 % p.a. sowie einen Habenzins von
5.5 % p.a. berechnet. Bis ins Jahr 2003 hätten entsprechende
Zinsdifferenzen bestanden. Somit habe die Beklagte erhebliche Zinserträge
erzielt. Deren genaue Höhe könne sie (die Nebenintervenientin) ohne Zugang
zu den Buchhaltungsunterlagen der Beklagten für die Jahre 1993 bis 2003
(Kontoauszüge aller von der Beklagten geführter Kontokorrentkonten für die
einzelnen Gesellschaften der X.______-Gruppe) nicht eruieren, weshalb sie
deren Edition durch die Beklagte beantrage. Darüber hinaus habe die Beklagte
als Holdinggesellschaft mit ihren Beteiligungen von den Vorteilen des
zentralen Cash- und Liquiditätsmanagements, das im Interesse aller
Gesellschaften der X.______-Gruppe gelegen habe, profitiert.
|
4.
|
Mit Eröffnung der Nachlass- und
Konkursverfahren über die verschiedenen Gesellschaften der X.______-Gruppe
sei – so die Nebenintervenientin weiter – das von der Beklagten bis zur
Nachlassstundung für die X.______-Gruppe ausgeübte Cash Pooling (gemeint:
Konzernclearing) beendet worden. Per 30. November 2003 habe bei der Nebenintervenientin
der Saldo des betreffenden Kontokorrentkontos zu ihren Gunsten gegenüber
der Beklagten CHF 105‘094‘262.53 betragen. Dieses per
30. November 2003 bestehende Guthaben zugunsten der
Nebenintervenientin habe sich bis am 5. Dezember 2003, dem Datum der
Gewährung der provisorischen Nachlassstundung an die Beklagte, aufgrund von
fünf von anderen Gruppengesellschaften erhaltenen, über das
Kontokorrentkonto bei der Beklagten verbuchten Zahlungen um
CHF 600‘000.– auf CHF 104‘494‘262.53 reduziert. Bei der V.______
AG habe deren entsprechendes Kontokorrentguthaben bei der Beklagten per
30. November 2003, dem Datum, an welchem letztmals der Saldo gezogen
worden sei und eine Novation stattgefunden habe, CHF 43‘905‘773.74
betragen. Auf diesen Saldo sei vom 1. Dezember 2003 bis zur Gewährung
der provisorischen Nachlassstundung an die Beklagte am 5. Dezember
2003 ein Zins von CHF 13‘720.55 aufgelaufen. Damit ergebe sich für die
V.______ AG per 5. Dezember 2003 eine Forderung aus Kontokorrent in
der Höhe von CHF 43‘919‘494.29. In Bezug auf die U.______ AG habe
deren Kontokorrentguthaben der bei der Beklagten per 30. November
2003, dem Datum, an welchem letztmals der Saldo gezogen worden sei und eine
Novation stattgefunden habe, CHF 16‘975‘765.13 betragen. Auf diesen
Saldo sei vom 1. Dezember 2003 bis zur Gewährung der provisorischen
Nachlassstundung an die Beklagte am 5. Dezember 2003 bei einem
Zinssatz von 2.25 % ein Zins von CHF 5‘304.93 aufgelaufen.
Folglich belaufe sich die Forderung der U.______ AG aus Kontokorrent gegen
die Beklagte per 5. Dezember 2003 auf CHF 16‘981‘070.06. In der
Zeit nach dem 30. November 2003 seien von der Beklagten keine
Kontoauszüge zu den Kontokorrentkonten mehr erstellt worden bzw. seien
zumindest keine solchen mehr an die Buchhaltungsstellen der Nebenintervenientin,
der V.______ AG und der U.______ AG übergeben worden.
|
5.
|
Die zweite Komponente des bei
der X.______-Gruppe betriebenen Forderungs- und Cash Managements, das Cash
Pooling, beschreibt die Nebenintervenientin wie folgt (act. 28
Rz. 23 ff.; act. 72 Rz. 257): Die einzelnen
Gruppengesellschaften seien von QX.______ laufend angewiesen worden,
überschüssige Liquidität an die W.______ AG oder teilweise an die Beklagte
zu überweisen. Die sich so ergebenden Forderungen seien sodann ebenfalls
auf den bei der Beklagten geführten Kontokorrentkonten verbucht worden
(vgl. soeben, E. V.B.1.). So habe die für das Cash Management verantwortliche
W.______ AG im Falle, dass eine Gruppengesellschaft Geld an den bei ihr
geführten Cash Pool überwiesen habe, die Beklagte angewiesen, diesen Betrag
dem Kontokorrent der betreffenden Gruppengesellschaft gutzuschreiben und
ihrem Kontokorrent zu belasten. Bei umgekehrtem Geldfluss sei die
Verbuchung in entgegengesetzter Richtung erfolgt.
|
|
C. Vorbringen
der Beklagten
|
|
Die Berufungsbeklagte bestreitet,
dass zwischen ihr und der Nebenintervenientin, der V.______ AG sowie der
U.______ AG je ein Kontokorrentverhältnis bestanden habe, Saldoziehungen
vorlägen und Novationen eingetreten seien (act. 40 Rz. 81-85, 153,
356 ff.; act. 92 Rz. 46 ff.):
|
1.
|
In tatsächlicher Hinsicht
stellt die Berufungsbeklagte in Abrede, dass andere Gesellschaften der
X.______-Gruppe, insbesondere die Nebenintervenientin, die V.______ AG und
die U.______ AG, sie angewiesen hätten, Verbuchungen auf Kontokorrentkonten
vorzunehmen. Dies, zumal die von der Nebenintervenientin behaupteten Anweisungen
gemäss dem sogenannten „C.______-Borderau“ widersprüchlich und somit
unbeachtlich seien. Weiter treffe es nicht zu, dass sie in Bezug auf die
soeben genannten drei Gesellschaften monatlich Auszüge aus den
Kontokorrentkonten erstellt und monatlich solche Auszüge diesen
Gesellschaften zugestellt habe. Die Berufungsbeklagte bestreitet auch, dass
diese Gesellschaften die jeweiligen Salden geprüft, abgestimmt, gezogen und
anerkannt sowie die angeblich anerkannten Kontoauszüge in ihren jeweiligen
Buchhaltungen abgelegt haben. Es liege keine einzige unterzeichnete Saldobestätigung
im Recht, obwohl es in Konzernverbunden üblich sei, schriftliche
Saldobestätigungen einzuholen.
|
2.
|
Diese den Sachverhalt
beschlagenden beklagtischen Bestreitungen werden – wie bereits erwähnt
(E. V.A.2.) – nachfolgend einstweilen ausgeblendet und stattdessen
wird die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin einstweilen als
bewiesen vorausgesetzt. Daneben brachte die Berufungsbeklagte in ihren
Rechtsschriften (act. 40, 60, 92) aber auch einige Einwendungen
vertragsrechtlicher Art gegen das Klagefundament der Nebenintervenientin
vor. Auf diese wird im Folgenden eingegangen.
|
|
D. Novenrecht
und Substantiierung
|
|
1.
|
Vorweg ist in Bezug auf den
Sachverhaltsvortrag der Nebenintervenientin zur Entstehung, zum Ablauf und
zu den Modalitäten des in der X.______-Gruppe praktizierten, den
eingeklagten Forderungen zugrundeliegenden Cash Management-Mechanismus
(Konzernclearing und Cash Pooling) festzuhalten, dass die
Nebenintervenientin ihre diesbezüglichen Tatsachenbehauptungen – entgegen
der Auffassung der Beklagten (act. 40 Rz. 82, 362 ff.;
act. 92 Rz. 19 ff., 46) – rechtzeitig sowie in hinreichend
substantiierter Form vorgebracht hat:
|
2.
|
Betreffend das Novenrecht kann
auf die vorne (E. II.E.) angestellten Erwägungen verwiesen werden.
Sämtliche der soeben (E. V.B.) wiedergegebenen Tatsachenbehauptungen
sowie die dazugehörigen Beweisofferten der Nebenintervenientin sind zu berücksichtigen,
da diese entweder in deren Klagebegründung (act. 28) oder in deren
Replik (act. 72), mithin nicht verspätet, erfolgten. Ohnehin enthält
die Replik (act. 72) nur wenige neue, in der Klagebegründung
(act. 28) noch nicht – zumindest implizit – vorgebrachte Behauptungen
und Beweisofferten (vgl. auch sogleich, E. V.D.3b).
|
3.
|
a) In ihrer Klageantwort sowie
in ihrer Duplik zur Frage der Aktivlegitimation machte die Beklagte
geltend, die Vorbringen der Nebenintervenientin zur Entstehung, zum Ablauf
und zu den Modalitäten des vollzogenen Cash Managements seien in Bezug auf
die folgenden Aspekte in zeitlicher, persönlicher und vertretungsmässiger
Hinsicht mangelhaft substantiiert (act. 40 Rz. 226, 229, 364,
366, 368; act. 60 Rz. 43): Anweisungen an die Beklagte zur
Vornahme der behaupteten Verbuchungen; Erstellung von Monatsauszügen aus
den Kontokorrentkonten durch die Beklagte sowie Zustellung derselben an die
Nebenintervenientin, die V.______ AG und die U.______ AG; Prüfung,
Abstimmung und Anerkennung der Salden durch die soeben genannten Gesellschaften;
Beendigung des Cash Managements.
|
b)
|
Daraufhin brachte die
Nebenintervenientin in ihrer Replik (act. 72) hinsichtlich dieser
Sachverhaltspunkte verschiedene Präzisierungen an (vgl. u.a. act. 72
Rz. 15, die Kontrolle und Bearbeitung der Kontoauszüge sei durch die
Buchhalter der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG
erfolgt; act. 72 Rz. 7, wonach es die Buchhaltungsabteilung der
Beklagten gewesen sei, welche die monatlichen Kontoauszüge erstellt habe;
dies ergibt sich indes implizit bereits aus act. 28 Rz. 18, wonach
die Beklagte in ihrer Buchhaltung für jede Konzerngesellschaft ein
separates Kontokorrentkonto geführt habe).
|
c)
|
Auf diese Weise hat sich
betreffend Funktionsweise des Cash Managements in der X.______-Gruppe
insgesamt der oben wiedergegebene Tatsachenvortrag der Nebenintervenientin
ergeben. Dieser ist hinreichend klar und umfassend, sodass darüber Beweis
abgenommen werden kann. Die Nebenintervenientin genügt damit den Anforderungen
an die Substantiierung (vgl. vorne, E. II.F. sowie BGer 4A_552/2015
vom 25. Mai 2016, E. 3.4, wonach es ausreicht, die Tatsachen in
einer den Gewohnheiten des Lebens entsprechenden Weise in ihren
wesentlichen Zügen und Umrissen zu behaupten). Insbesondere darf von der
Nebenintervenientin entgegen der Auffassung der Beklagten (u.a.
act. 40 Rz. 362 ff.) nicht verlangt werden, im Einzelnen zu
behaupten, wer genau bei der Beklagten die einzelnen behaupteten
Verbuchungsanweisungen gab bzw. Kontokorrent-Monatsauszüge erstellte sowie
zustellte und dass bzw. weshalb die agierenden Personen für die Beklagte
vertretungsbefugt waren. Denn dies beschlägt Tatsachen, welche ausserhalb
der Sphäre der Nebenintervenientin liegen und hinsichtlich welcher daher
die Anforderungen an die Substantiierung niedriger anzusetzen sind
(Killias, BK ZPO, Art. 221 N 22 f. m.w.H.; zur Frage der
hinreichenden Substantiierung der Beendigung des Cash Managements siehe
hinten, E. V.F.11a).
|
|
E. Vertragsrechtliche
Grundlagen zu Konzernclearing und Cash Pooling
|
|
1.
|
a) Werden durch
Stimmenmehrheit oder auf andere Weise eine oder mehrere Gesellschaften unter
einheitlicher Leitung zusammengefasst, sodass ein Konzern entsteht (vgl.
Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 11. Aufl.,
Bern 2012, § 24 N 35 ff.), so können im Rahmen dieser
Leitung u.a. Verrechnungsverträge eingesetzt werden. Geschieht dies im
Innenverhältnis zu anderen Gesellschaften des Konzerns, liegt eine sog.
interne Konzernverrechnung im Rahmen eines zentralisierten
Konzernfinanzmanagements vor (Berger, Der Aufrechnungsvertrag, Tübingen
1996, S. 42 ff.). Dabei wird die Anzahl effektiver Zahlungsströme
im Konzern durch bi- oder multilaterale Verrechnung der Forderungen und
Verbindlichkeiten aus dem konzerninternen Waren- und Dienstleistungsverkehr
minimiert (Zellweger-Gutknecht, BK OR, Art. 120 N 325 f.;
Jagmetti, Cash Pooling im Konzern, Diss. Zürich 2007, S. 57; Berger,
a.a.O., S. 43 ff.).
|
b)
|
In diesem Zusammenhang ist auch
der Begriff „Netting“ gebräuchlich. Er wird für verschiedene Vorgänge
verwendet, welche grob gesagt alle darauf abzielen, mehrere Bruttobeträge
in einen einzigen Nettobetrag zu überführen, insbesondere um Transaktionskosten
zu senken (Zellweger-Gutknecht, BK OR, Art. 120 N 319 m.w.H.,
auch betreffend Begriffsabgrenzung Netting - Clearing sowie zu den drei typischen
Formen des Nettings [Zahlungsnetting, Novationsnetting, Liquidationsnetting]).
Wird ein Nettingvertrag zwischen mehr als zwei Parteien abgeschlossen (multilaterales
Netting), also auf das verrechnungsrechtliche Gegenseitigkeitserfordernis
(vgl. Art. 120 Abs. 1 OR) verzichtet, was zulässig ist (Peter,
BSK OR I, Art. 120 N 6, 9), erlöschen die davon erfassten
Obligationen durch sog. Skontration (vgl. Becker, BK Art. 1-183 OR,
Bern 1945, Vorbem. zu Art. 120-126 N 11, wonach bei der Skontration
durch Delegation und Zession eine Substitution von Schuldnern und Gläubigern
hergestellt wird, die die Verrechnung ermöglichen soll; möglich ist dabei
auch der Abschluss von Skontrationsverträgen, womit ein besonderer
Skontrationsverband mit Skontrationszwang und ein besonderes
Skontrationsverhältnis begründet wird). Es liegt dabei eine Multilateralabrede
vor, wonach erstens alle Teilnehmer darauf verzichten, über die erfassten
Forderungen inskünftig anderweitig zu verfügen, zweitens ihre bilateralen
Forderungen verrechnen und Leistungen anrechnen und drittens jede Partei
ihr gesamtes Nettoguthaben gegen die Summe ihrer Nettoverbindlichkeiten
(trotz fehlender Gegenseitigkeit) verrechnet, soweit sich die Beträge
decken. Auf diese Weise ergibt sich der sog. Netto-Netto-Saldo (vgl.
Vollrath, Die Endgültigkeit bargeldloser Zahlungen: zivilrechtliche
Gestaltungsvorgaben für grenzüberschreitende Zahlungsverkehrs- und
Abrechnungssysteme, Berlin 1997, S. 172 ff.).
|
c)
|
Beim multilateralen Netting
kann eine zentrale Gegenpartei bzw. Abrechnungsstelle (Netting Center,
Clearingstelle) eingeschaltet werden, welche per bestimmten Stichtagen die
Nettogläubiger- oder Nettoschuldnerposition jeder Gesellschaft gegenüber
allen anderen Konzerngesellschaften berechnet. In Höhe des
Netto-Netto-Saldos wird für die Teilnehmer mit positivem Saldo eine
abstrakte Saldoforderung gebildet. Schuldnerin dieser Saldoforderungen ist
dabei die zentrale Abrechnungsstelle. Was die rechtsdogmatische Einordnung
anbelangt, werden in der Lehre teils Parallelen zum Kontokorrent gezogen
und teils gesellschaftsrechtliche Modelle bemüht (zum Ganzen
[E. V.E.1a-c]: Zellweger-Gutknecht, BK OR, Art. 120
N 323 f.; Jagmetti, a.a.O., S. 57; Berger, a.a.O.,
S. 45 f.; Vollrath, a.a.O., S. 172 ff.).
|
2.
|
a) Der Kontokorrentvertrag
besteht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung „in der Abrede zweier
in einem gegenseitigen Abrechnungsverhältnis stehender Personen, alle von
diesem Verhältnis erfassten Forderungen bis zum Abrechnungstermin zu
stunden und weder abzutreten noch separat geltend zu machen, sondern nur
als Rechnungsposten für die Ermittlung des Saldos zu behandeln. Er enthält
einen Verrechnungsvertrag, gemäss welchem ohne Verrechnungserklärung alle
vom Kontokorrentverhältnis erfassten beidseitigen Forderungen entweder
laufend oder am Ende der Rechnungsperiode automatisch verrechnet werden“
(BGer 4C.50/2004 vom 23. April 2004, E. 4.3 m.w.H.; BGE 100 III
79, E. 3; vgl. auch die Hinweise bei Jagmetti, a.a.O., S. 76; zum
sog. faktischen Kontokorrentverhältnis vgl. Gabriel, BSK OR I,
Art. 117 N 2; Killias/Wiget, CHK, Art. 117 N 4). Durch
die Verrechnung gehen die sich gegenüberstehenden Forderungen bis zur Höhe
des Saldos unter.
|
b)
|
Eine der Parteien oder ein
Dritter (z.B. ein Treuhänder) führt das Konto, d.h. die nach Haben und Soll
geführte Rechnung über die gegenseitigen Forderungen. Die Pflicht zur
Kontoführung besteht dabei aufgrund eines Auftragsverhältnisses (Aepli, ZK
Art. 114-126 OR, Art. 117 N 17).
|
c)
|
Anders als im Allgemeinen (vgl.
Art. 116 Abs. 1 OR) ist im Kontokorrentverhältnis eine Novation
anzunehmen, wenn der Saldo gezogen und von beiden Parteien anerkannt wird
(Art 117 Abs. 2 OR). Wenn die rechnungsführende Partei dem Kontoinhaber
vorbehaltlos Saldomeldungen zukommen lässt, ist nach Treu und Glauben – unabhängig
davon, ob sie aufgrund der vorgenommenen Verrechnung Gläubigerin oder
Schuldnerin der Saldoforderung ist – von einer Anerkennung des Saldos durch
sie und einer Offerte zur Anerkennung desselben auszugehen (Gabriel, BSK OR
I, Art. 117 N 11; Killias/Wiget, CHK, Art. 117 N 7;
Aepli, ZK Art. 114-126 OR, Art. 117 N 26; BGE 104 II 190,
E. 2a, je m.w.H.). Die Art und Weise sowie der Zeitpunkt der
Saldomitteilung ergeben sich aus den entsprechenden Verabredungen der
Parteien bzw. mangels solcher aus der Verkehrsübung (Aepli, ZK
Art. 114-126 OR, Art. 117 N 28). Seitens des Kontoinhabers
kann die Richtiganerkennung des mitgeteilten Saldos gegenüber der
rechnungsführenden Partei (ebenfalls) auch durch einen Vertreter sowie
ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Eine stillschweigende Saldoanerkennung
liegt bei Unterlassen eines Einspruchs gegen den mitgeteilten Saldo während
der Frist vor, innert der ein Widerspruch zu erwarten ist, auch wenn stillschweigende
Anerkennung nicht vereinbart wurde (Gabriel, BSK OR I, Art. 117
N 12; Killias/Wiget, CHK, Art. 117 N 7, je m.w.H.).
Kriterien für die Bemessung dieser Frist sind insbesondere die Person des
Adressaten sowie die Komplexität der in der betreffenden
Kontokorrentperiode abgewickelten Geschäfte (Aepli, ZK Art. 114-126
OR, Art. 117 N 32).
|
d)
|
Mit der Novation werden die
nach den Verrechnungen verbleibende Restforderung oder die mehreren
Restforderungen, aus denen sich der Kontokorrentsaldo zusammensetzt, durch
eine einzige, neue Forderung mit eigenem Rechtsgrund und eigener Identität
ersetzt. Die Parteien können für sie einen spezifischen Rechtsgrund vereinbaren,
also beispielsweise festlegen, die novierte Saldoforderung sei aus Darlehen
geschuldet. Ist kein Parteiwille erkennbar, ist sie als „Schuld aus
Kontokorrent" zu qualifizieren. Die neue Saldoforderung stellt einen
selbständigen Klagegrund dar und hat eigene Modalitäten sowie Nebenrechte,
sodass bspw. die Verjährungsfristen der bisherigen Forderungen nicht mehr
massgebend sind. Ausgelöst wird die Neuerungswirkung mit der beidseitigen
Anerkennung der Saldoforderung, der Eintritt der Neuerungswirkung geschieht
aber rückwirkend auf das Ende der betreffenden Kontokorrentperiode. Die
Saldoforderung entsteht also rückwirkend auf diesen Zeitpunkt als neue
Obligation. In einem fortgesetzten Kontokorrentverhältnis wird nun die novierte
Saldoforderung als erster Posten der neuen Rechnungsperiode in das Kontokorrent
eingesetzt und erfährt das beschriebene Schicksal einer ins Kontokorrent eingesetzten
Forderung (Jagmetti, a.a.O., S. 78 f.; Gabriel, BSK OR I,
Art. 117 N 14; Killias/Wiget, CHK, Art. 117 N 9; Aepli,
ZK Art. 114-126 OR, Art. 117 N 57 ff., je m.w.H.).
|
e)
|
Indes kann mittels Novation
keine neue Schuld geschaffen werden, falls die novierten Forderungen in
Wirklichkeit gar nicht bestanden haben. Die Anerkennung des Kontokorrentsaldos
beinhaltet jedoch eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 17 OR und
führt somit zu einer Beweislastumkehr: Wer den zuvor anerkannten Saldo bestreiten
will, hat dessen Unrichtigkeit zu beweisen. Zudem verzichten die Parteien
mit der Anerkennung des Kontokorrentsaldos auf die Geltendmachung bereits bekannter
Willensmängel sowie streitiger oder ungewisser, aber nicht ausdrücklich
vorbehaltener Einreden (Jagmetti, a.a.O., S. 78 f.; Gabriel, BSK
OR I, Art. 117 N 13; Killias/Wiget, CHK, Art. 117 N 8;
BGer 4C.191/2001 vom 15. Januar 2002, E. 4b; BGE 104 II 190,
E. 3a, je m.w.H.).
|
f)
|
Insgesamt ist der
Kontokorrentvertrag somit als Innominatkontrakt zu qualifizieren, welcher
Elemente des Auftrags (Art. 394 ff. OR; Pflicht zur Kontoführung),
der Verrechnung (Art. 120 ff. OR), der Schuldanerkennung
(Art. 17 OR), der Novation (Art. 116 f. OR) und unter
Umständen der Stundung (bei laufender Rechnung nach h.L. keine Stundung des
Saldos, sondern dieser ist jederzeit fällig und klagbar) enthält.
Allenfalls – speziell beim Bankkontokorrentverhältnis – umfasst der
Innominatvertrag als solcher auch darlehens- (Art. 312 ff. OR)
oder hinterlegungsrechtliche (Art. 481 OR) Elemente (zum Ganzen:
Jagmetti, a.a.O., S. 80 f. m.w.H.).
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3.
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Im Verkehr zwischen einer
Geschäftsbank und deren Kunden wird bei Eröffnung eines Bankkontos in der
Regel zusammen mit dem Kontokorrentvertrag stillschweigend ein Girovertrag
abgeschlossen. In einem Girovertrag verpflichtet sich die Bank gegenüber
ihrem Kunden, gegen Entgelt den bargeldlosen Zahlungsverkehr für ihn
abzuwickeln, d.h. Zahlungsaufträge des Kunden auszuführen und eingehende
Überweisungen entgegenzunehmen sowie seinem Konto gutzuschreiben. Der Girovertrag
untersteht den Bestimmungen des Auftragsrechts, wobei die einzelnen Überweisungsaufträge
Weisungen im Sinne von Art. 397 OR darstellen, mit denen der Girovertrag
konkretisiert wird (zum Ganzen: Jagmetti, a.a.O., S. 81 f.
m.w.H.).
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4.
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Zusätzlich zum Kontokorrent-
und zum Girovertrag sowie auf diesen aufbauend wird im Bankenverkehr
oftmals ein Kontokorrentkreditvertrag abgeschlossen. Mit diesem
Vertrag erlaubt die Bank ihrem Kunden, sein Kontokorrent im Rahmen der
gewährten Kreditlimite nach Bedarf zu überziehen. Den beanspruchten Kredit
darf er jederzeit zurückzahlen und wieder neu beanspruchen. Für den
Zeitraum und Betrag der effektiven Kreditbeanspruchung hat der Kunde der
Bank Schuldzinsen zu bezahlen. Diese sowie die Bezüge und Rückzahlungen
werden im Kontokorrent verbucht. Unter Umständen wird sodann der Wert der
Kreditmöglichkeit als solcher durch eine – unabhängig von der effektiven
Beanspruchung des Kredits geschuldeten – Bereitstellungsgebühr abgegolten.
Beim Kontokorrentkreditvertrag handelt es sich um einen Innominatvertrag
sui generis, auf den vorab Darlehensrecht zur Anwendung gelangt (zum
Ganzen: Jagmetti, a.a.O., S. 82 ff. m.w.H.).
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5.
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Unter dem Begriff „Cash
Pooling“ versteht man den konzerninternen Liquiditätsausgleich zwischen
allen am Pool beteiligten Konzerngesellschaften und die Konzentration der Nettoliquidität
des Konzerns an einem Ort. In der Praxis erfolgt dieser Liquiditätsausgleich
nicht direkt zwischen den einzelnen Teilnehmergesellschaften, sondern via
Muttergesellschaft oder via eine spezielle Konzernfinanzgesellschaft, die
als Poolführerin amtet. Jede Teilnehmergesellschaft, welche einen
Liquiditätsüberschuss auf ihrem Konto aufweist, überweist diesen auf das
Konto der Poolführerin. Umgekehrt erhalten die Teilnehmergesellschaften mit
einem Mangel an Liquidität vom Konto der Poolführerin die notwendigen
Mittel. Durch das so vollzogene Cash Pooling entstehen konzerninterne
Forderungen auf Rückzahlung der überwiesenen Beträge zwischen den einzelnen
Teilnehmergesellschaften einerseits und der Poolführerin andererseits (zum
Ganzen: Jagmetti, a.a.O., S. 58 f. m.w.H.). Forderungen einer am
Cash Pool teilnehmenden Konzerngesellschaft aus diesem Cash Pooling gegen
die Poolführerin werden von Rechtsprechung und Lehre einhellig als Darlehen
qualifiziert (Glanzmann/Wolf, GesKR 2014, S. 265 m.w.H.; Brand,
Konzernorganisationsrechtliche Grenzen von Upstream-Darlehen, Diss. Bern
2014, SSHW 326, Zürich/St. Gallen 2015, N 472 m.w.H.; BGer
4A_248/2012 vom 7. Januar 2013, E. 2).
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F. Subsumtion: Qualifikation des Cash Managements
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Nimmt
man die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen an (vgl.
vorne, E. V.A.2.), so ist das von ihr beschriebene Cash Management im
Lichte der vorstehenden Erwägungen (E. V.E.1.-5.) vertragsrechtlich wie
folgt zu qualifizieren:
|
1.
|
Es liegt ein Mehrparteienverhältnis
vor, da eine Vielzahl von Gesellschaften der X.______-Gruppe – welche
unstrittig (act. 28 Rz. 9 ff.; act. 40
Rz. 102 ff.) einen Konzern darstellt (vgl. vorne, E. V.E.1a
und hinten, E. VI.A.4b) – involviert sind. Dieses baut auf einem
gruppenweiten, antizipierten Verrechnungs(ermächtigungs-) vertrag auf (vgl.
auch Hess/Wyss, AJP 10/1997, S. 1222; Zellweger-Gutknecht, BK OR, Art.
120 N 304 ff. m.w.H.), wonach alle Gruppengesellschaften erstens
verpflichtet und berechtigt sind, untereinander alle gegenseitigen,
gruppeninternen Forderungen zu verrechnen und Leistungen anzurechnen und
zweitens sich verpflichten, ihre so entstehenden Nettoguthaben gegen die
Summe ihrer Nettoverbindlichkeiten zu verrechnen, womit Netto-Netto-Salden
entstehen (multilaterales Netting, vgl. soeben, E. V.E.1b-c; insofern
zutreffend die Nebenintervenientin in act. 28 Rz. 14 f.).
Die Beklagte wird dabei – abgesehen davon, dass sie wie andere
Gruppengesellschaften bezüglich ihrer konzerninternen Forderungen ebenfalls
am Konzernclearing teilnimmt – als zentrale Abrechnungsstelle eingeschaltet
(vgl. nur die Bezeichnung „C.______-Kontokorrent“, act. 30/1). Sie hat
sich verpflichtet (vgl. v.a. act. 30/1), Konten für die beteiligten
Gruppengesellschaften zu führen, die konzerninternen Transaktionen respektive
die dabei entstehenden Forderungen bzw. Schulden in diesen Konten einzusetzen,
darüber im Sinne einer laufenden Rechnung (vgl. Jagmetti, a.a.O.,
S. 77 f.) abzurechnen sowie die einzelnen Netto-Netto-Salden zu
ziehen und auf den entsprechenden Nettoguthaben bzw. -schulden
gruppeninterne Soll- bzw. Habenszinsen zu berechnen. Damit liegt auch ein
auftragsrechtliches Element vor (vgl. auch Gabriel, BSK OR I,
Art. 117 N 3; Jagmetti, a.a.O., S. 94). Nachdem die Beklagte
diese Rolle als zentrale Abrechnungsstelle – nach Darstellung der
Nebenintervenientin – über viele Jahre hinweg ausgeübt und somit zumindest
konkludent akzeptiert hat, lässt sich dabei entgegen der Beklagten
(act. 40 Rz. 344, 373) nicht sagen, sie hätte hierfür gleichsam
willenlos bzw. zwangsweise „herhalten“ müssen (vgl. auch hinten,
E. V.G.).
|
2.
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a) Aufgrund der bei der
Beklagten geführten Verrechnungskonten weist das unter den beteiligten
Gesellschaften der X.______-Gruppe bestehende Vertragsverhältnis ferner
Ähnlichkeiten zu einem Kontokorrentkreditverhältnis auf, wobei ein beidseitiges
Kreditverhältnis besteht, da Schuldner- und Gläubigerposition von einer
Abrechnungsperiode zur nächsten wechseln können (vgl. auch – in Bezug auf
das Cash Pooling, nicht aber das Konzernclearing – Jagmetti, a.a.O.,
S. 90). Die nach Darstellung der Nebenintervenientin von den
Gruppengesellschaften an die Beklagte erteilten Aufträge zur Vornahme
konzerninterner Verrechnungen und Verbuchungen auf ihrem Kontokorrent
beinhalten zudem auch ein girovertragsähnliches Element.
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b)
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Die Beklagte wendet ein
(act. 40 Rz. 373-375), es liege in casu konzeptionell keine
Ausgangskonstellation vor, welche überhaupt eine Kontokorrentabrede
erlauben würde. Denn ein Kontokorrent setze vorbestehende wechselseitige
Ansprüche voraus, was im hier interessierenden Verhältnis zwischen der
Beklagten und der Nebenintervenientin, der V.______ AG bzw. der U.______ AG
nicht der Fall sei. Sie (die Beklagte) sei an den behaupteten, unter den
Gesellschaften der X.______-Gruppe abgeschlossenen Rechtsgeschäften nicht
beteiligt gewesen, mithin mit diesen in keinem Rechtsverhältnis gestanden.
|
c)
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Dem kann nicht gefolgt werden.
Entscheidend für das Vorliegen eines Kontokorrentverhältnisses ist das
Vorhandensein eines Vertragswillens der Parteien, eine Vielzahl
gegenseitiger Ansprüche durch eine einzige Forderung, den Saldo, ersetzen
zu wollen (Gabriel, BSK OR I, Art. 117 N 4). Ein solcher
Vertragswille ist in casu – bei bewiesener Sachverhaltsdarstellung der
Nebenintervenientin – zu bejahen, denn er ergibt sich aus der
Konzernweisung 18/96 vom 17. Oktober 1996 (act. 30/1, vgl. dort
insbesondere Ziff. 4 sowie den letzten Abschnitt) in Verbindung mit
der Tatsache, dass die fragliche Verrechnung konzerninterner Forderungen
über Jahre hinweg von den beteiligten Gruppengesellschaften betrieben
wurde. Ferner finden zur Ermöglichung der beschriebenen konzernweiten
Verrechnung bzw. zentralen Verbuchung konzerninterner Forderungen im
zwischen den Gruppengesellschaften vorliegenden Mehrparteienverhältnis
jeweils zunächst Novationen der betreffenden, zunächst bilateralen konzerninternen
Verträge (im Falle eines Kaufvertrags: Verkäufer-Käufer) statt, wodurch
diese durch zwei neue Verträge (Verkäufer-zentrale Abrechnungsstelle,
zentrale Abrechnungsstelle-Käufer) ersetzt werden, in deren aller Mitte die
Beklagte als zentrale Abrechnungsstelle steht (Essebier/Kühn, AJP 2011,
S. 653). Indem die mit diesen so entstandenen Verträgen verbundenen
Forderungen und Schulden in die fraglichen Kontokorrentkonten eingesetzt
werden, liegen entgegen der Beklagten somit sehr wohl vorbestehende
Ansprüche, in welche auch die Beklagte involviert ist, bzw. eine
zivilrechtliche causa für die Verbuchungen (vgl. die diesbezüglichen
gegenteiligen Ausführungen der Beklagten in act. 40
Rz. 383 ff.) vor (beachte zudem die erwähnte [E. V.F.1.]
auftragsrechtliche Verpflichtung der Beklagten zum Tätigsein als zentrale
Abrechnungsstelle). Aus denselben Gründen (Ersetzen eines konzerninternen
Vertragsverhältnisses durch zwei neue Verträge bzw. Forderungen/Schulden;
auftragsrechtliche Elemente) liegen im Zusammenhang mit den von der
Beklagten vorgenommenen Verbuchungen auch keine Schenkungen bzw.
Schenkungsversprechen vor (so die Beklagte, vgl. act. 40 N 80,
351 ff.; act. 92 Rz. 120 f. sowie Rz. 91). Dies, zumal
– die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen vorausgesetzt
– die Beklagte aus der Differenz der Zinsen auf den Kontokorrentguthaben
bzw. -schulden Erträge erzielte (vgl. u.a. act. 72 Rz. 34). Dass
die behaupteten Forderungen der drei Gruppengesellschaften V.______ AG,
U.______ AG und Nebenintervenientin gegen die Beklagte in deren Bilanzen
teilweise nicht als Kontokorrentforderungen, sondern unter anderen Bezeichnungen
(„Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber nahestehenden Gesellschaften“,
„Darlehen C.______“, „Forderungen C.______“) ausgewiesen wurden (vgl. z.B.
act. 30/18, 30/139, 30/339), ist im Übrigen entgegen der Beklagten
(act. 40 Rz. 376) unschädlich (Art. 18 Abs. 1 OR
analog).
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3.
|
Nach – hier einstweilen als
bewiesen unterstellter – Darstellung der Nebenintervenientin (act. 28
Rz. 15; vgl. zur diesbezüglichen Bestreitung der Beklagten
act. 40 Rz. 262) wird mit dem in der X.______-Gruppe
praktizierten Netting insbesondere bezweckt, „ein Durcheinander von
gegenseitigen Forderungsverhältnissen zwischen den Konzerngesellschaften“
zu vermeiden (vgl. auch act 30/1 am Ende). Im Allgemeinen ist primäres
Ziel eines solchen Nettings sodann, dank verringerter Anzahl effektiver
Zahlungsströme die Zahlungsverkehrskosten des Konzerns zu senken (Giegerich,
ST 10/02, S. 872; Jagmetti, a.a.O., S. 57; vgl. auch
act. 30/1 Ziff. 4, wonach unter den beteiligten
Konzerngesellschaften der Kassen-, Postcheck- und Bankverkehr nicht
gestattet ist). Insofern weist das zwischen den beteiligten Gruppengesellschaften
betreffend Konzernclearing bestehende Vertragsverhältnis als solches
höchstens in untergeordnetem Masse darlehens- und/oder
hinterlegungsrechtliche Elemente auf (anders die novierten Saldoforderungen,
vgl. sogleich sowie – indes für das Cash Pooling, nicht für das Netting –
Jagmetti, a.a.O., S. 81, 91).
|
4.
|
a) Die nach Darstellung der
Nebenintervenientin jeden Monat gezogenen Salden der konzerninternen
Kontokorrentkonten wurden jeweils noviert, sobald die Beklagte als zentrale
Abrechnungsstelle einerseits und die am Cash Management teilnehmenden
Gruppengesellschaften andererseits diese anerkannt haben (vorne,
E. V.E.2c). Jedenfalls behauptete die Beklagte bislang nicht in
substantiierter Weise eine anderslautende Parteivereinbarung, wonach durch
die Saldoziehungen keine Novation bewirkt worden sei (Art. 117
Abs. 2 OR; Gauch/Schluep/ Schmid/Emmenegger, OR AT, Band II, 10.
Aufl., Zürich 2014, N 3162). Ohnehin dürfte es vorliegend aufgrund der
erwähnten Konzernweisung (act. 30/1) nicht dem Parteiwillen
entsprechen, im Streitfall sämtliche Transaktionen seit Implementierung des
Cash Managements im Einzelnen aufrollen zu müssen (vgl. auch – für das Cash
Pooling – Jagmetti, a.a.O., S. 92).
|
b)
|
Im Einzelnen ergeben sich – so
denn die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin bewiesen sein wird
– diese Novationen daraus, dass – gemäss der Nebenintervenientin (act. 72
Rz. 164) – die Beklagte selbst die fraglichen Transaktionen verbucht,
allmonatlich die Kontokorrentkonto-Auszüge erstellt und die Salden gezogen
sowie die Kontoauszüge den involvierten Gruppengesellschaften zugestellt
hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten (act. 40 Rz. 364)
bedeuten diese Tatsachen (Erstellen der Kontoauszüge, Ziehung der Salden
und Zustellung der Kontoauszüge durch die Beklagte), dass diese die
fraglichen Salden anerkannt hat (vgl. vorne, E. V.E.2c). Sofern die
Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen angesehen
werden kann (und die Beklagte im Rahmen der Duplik nicht noch substantiiert
geltend machen wird sowie hernach zu beweisen vermag, dass innert nach den
Umständen angemessener Frist Widerspruch erhoben wurde), ist die Anerkennung
der Salden durch die Teilnehmergesellschaften – hier relevant: durch die Nebenintervenientin,
die U.______ AG und die V.______ AG – jeweils stillschweigend erfolgt, was
zulässig ist. Zwar mag es – wie die Beklagte geltend macht (act. 40
Rz. 381) – in Konzernverbunden üblich sein, schriftliche
Saldobestätigungen einzuholen, rechtlich zwingend erforderlich für die
Annahme einer Saldoanerkennung ist dies jedoch nicht (vgl. zum Ganzen
vorne, E. V.E.2c). Demnach liegt – die Sachverhaltsdarstellung der
Nebenintervenientin als bewiesen vorausgesetzt – sowohl bei der Beklagten
als auch bei der Nebenintervenientin respektive der V.______ AG und der
U.______ AG in Bezug auf die Kontokorrentsalden entgegen der Beklagten
(act. 40 Rz. 382) jeweils monatlich ein Novierungswille vor bzw.
ist ein solcher zu vermuten (Art. 117 Abs. 2 OR).
|
c)
|
Sofern sich ergeben wird, dass
die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen zu
betrachten ist, ist es im Übrigen unschädlich, dass die Nebenintervenientin
bezüglich der Höhe der gruppeninternen Soll- und Habenzinsen sowie der Modalitäten
für deren Vereinbarung unter den Gesellschaften keine detaillierten Tatsachenbehauptungen
vorbrachte. Denn – wie die Nebenintervenientin geltend gemacht hat
(act. 28 Rz. 171, 287) und sich auch in den bei den Akten
liegenden Kontoauszügen zeigt (act. 30/10-17, 30/129-138; vgl.
insbesondere die hier interessierenden Kontoauszüge für den Monat November
2003, act. 30/17, 30/138) – erfolgte die Zinsberechnung und
-verbuchung jeweils vor der Saldoziehung. Sie ist also in den von der
Beklagten gezogenen und den Gruppengesellschaften mitgeteilten sowie von
diesen stillschweigend anerkannten monatlichen Salden, mithin in den novierten
Forderungen, miterfasst. Somit gelten die Zinsenhöhe und -berechnung als
konkludent anerkannt.
|
5.
|
Die infolge dieser Novationen
neu entstehenden Forderungen bzw. Schulden haben – wie vorne dargelegt
(E. V.E.2d) – eine eigene Identität und rechtliche Qualifikation.
Immerhin aber sind die vorliegend behaupteten Saldoforderungen (Guthaben
aus Kontokorrent der Nebenintervenientin, der U.______ AG und der V.______
AG) zumindest als darlehensähnlich zu klassifizieren (vgl. auch hinten,
E. VI.B.3a), wuchsen sie doch nach Darstellung der Nebenintervenientin
(act. 28 Rz. 33, 179, 297) über mehrere Jahre hinweg zumeist
kontinuierlich an, womit ein Element der Kreditierung vorliegt. Eine
weitere Konsequenz der – sofern sich die Sachverhaltsdarstellung der
Nebenintervenientin wird beweisen lassen – erfolgten Saldoziehungen und
Novationen besteht darin, dass sich entgegen der Auffassung der Beklagten
(u.a. act. 40 Rz. 22; act. 92 Rz. 93 f.) eine
detaillierte Substantiierung der Transaktionen bzw. Rechtsgeschäfte, welche
die eingeklagten Kontokorrentsalden ergeben, erübrigt (vgl. auch BGer
4A_155/2014 vom 5. August 2014, E. 7.3 e contrario). Aufgrund der
Novationswirkung ist es diesfalls auch nicht erforderlich, dass die
Nebenintervenientin für die einzelnen, auf den Kontokorrentkonten
vorgenommenen Verbuchungen Behauptungen zur Frage aufstellt, welche
Gruppengesellschaft die Beklagte konkret jeweils angewiesen haben soll,
welche einzelne Verbuchung zu tätigen sowie dass das Gericht die Frage des
Vorliegens solcher Verbuchungsanweisungen in einem Beweisverfahren klärt
(so aber die Beklagte, act. 40 Rz. 224 f.; vgl. auch
act. 40 Rz. 231, wo die Beklagte das Vorliegen solcher
Anweisungen bestreitet und act. 40 Rz. 233, wonach diese von der
Nebenintervenientin behaupteten Anweisungen gemäss dem sogenannten
„C.______-Borderau“ in vielen Fällen widersprüchlich und somit unbeachtlich
seien). Im Übrigen ist anzumerken, dass es sich bei diesen Verbuchungsanweisungen
nach dem Gesagten nicht um Anweisungen im Sinne von Art. 466 ff.
OR handelt und die Nebenintervenientin entgegen der Beklagten (act. 40
Rz. 74 ff., 224 ff.; vgl. auch act. 92 Rz. 115 und
Rz. 91, wonach auch die Beklagte diese Frage als spruchreif erachtet)
in ihren Darlegungen bei Verwendung des Begriffs „Anweisungen“ klarerweise
auch nicht (durchwegs) solche meinte (vgl. act. 72 Rz. 225). Auf
die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten braucht daher nicht weiter eingegangen
zu werden. Schliesslich ist festzuhalten, dass die Nebenintervenientin zwar
im Zusammenhang mit dem Einsetzen der einzelnen, über das Konzernclearing
abgewickelten Forderungen in die Kontokorrrentkonten Gegenansprüche der
Beklagten anerkannt hat, aber mit der Kollokationsklage klarerweise
novierte Saldoforderungen geltend macht, bei welchen diese anerkannten
Gegenforderungen zuvor bereits laufend verrechnet wurden. Der Beklagten
kann somit nicht gefolgt werden, wenn sie ausführt (act. 40
Rz. 46 ff.), die Klage könnte erst im Umfang eines
CHF 3‘393‘110‘224.12 (Total der angeblich von der Nebenintervenientin
anerkannten Ansprüche) übersteigenden Mehrbetrages gutgeheissen werden.
|
6.
|
Soweit die Beklagte im Übrigen
der Ansicht ist, gewisse Positionen seien in den fraglichen
Kontokorrentkonten zu Unrecht verbucht worden (vgl. act. 40 Rz. 93, wo sie
vorbringt, die von der Nebenintervenientin geltend gemachten Forderungen
gründeten nicht auf geschäftlichen Transaktionen mit ihr sowie act. 40
Rz. 383 ff.: behauptete Rechtsgrundlosigkeit der den geltend
gemachten Forderungen zugrundeliegenden Buchungen auf den
Kontokorrentkonten), so trifft infolge der Novationen sie hierfür die
Behauptungs- und Beweislast (vgl. vorne, E. V.E.2e). Aus den gleichen
Gründen kann im Falle, dass die Sachverhaltsdarstellung der
Nebenintervenientin bewiesen und somit das Vorliegen von Novationen zu
bejahen ist, eine Klageabweisung entgegen der Vorinstanz (act.
E. IV.6.) und dem Liquidator der Beklagten (act. 2/1 S. 1)
nicht damit begründet werden, die eingeklagte Forderung der Klägerin beruhe
auf „gruppeninternen, im Einzelnen nicht durchwegs nachvollziehbaren
Kontokorrent-Buchungen ohne ersichtlichen Rechtsgrund“ (zutreffend insofern
die Nebenintervenientin in act. 87 Rz. 57).
|
7.
|
Für den Fall jedoch, dass sich
die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin bezüglich
Saldoziehungen und -anerkennungen nicht wird beweisen lassen und als Folge
daraus keine Novationen vorliegen, ist der Beklagten darin beizupflichten,
dass seitens der Nebenintervenientin eine ungenügende Substantiierung der
eingeklagten Forderungen besteht und die Klage bereits aus diesem Grund
abzuweisen wäre. Denn diesfalls müsste die klagende Partei je für die
Nebenintervenientin, die V.______ AG und die U.______ AG die ursprünglichen
Einzelforderungen im zum Zeitpunkt der Beendigung des Konzernclearings noch
bestehenden Betrag benennen und den Bestand jedes einzelnen Postens bzw.
dessen Untergang durch Verrechnung nachweisen (Jagmetti, a.a.O., S. 78
m.w.H.). Insbesondere bezüglich den Bestand und somit u.a. auch bezüglich
den Rechtsgründen der in Frage stehenden, über das Konzernclearing
verbuchten Transaktionen blieb aber die Nebenintervenientin für den Fall
fehlender Novationen in allen ihrer Rechtsschriften (act. 28, 46, 54,
72, 87) trotz entsprechender Substantiierungsaufforderung seitens der
Beklagten (u.a. act. 40 Rz. 22) genügend spezifische Angaben
sowie Beweisofferten schuldig (vgl. vorne, E. II.F.).
|
8.
|
a) Insgesamt ist nach dem
Gesagten das in der X.______-Gruppe praktizierte Konzernclearing – die
Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen unterstellt –
als ein dem Kontokorrentkreditvertrag ähnliches, mehrparteiliches Innominatvertragsverhältnis
zu qualifizieren. Als Bestandteile weist es einen antizipierten
Verrechnungsvertrag, eine Kontokorrentabrede sowie darlehens- und
auftragsrechtliche Elemente und solche der Schuldanerkennung (Art. 17
OR) sowie der Novation (Art. 116 f. OR) auf. Die beklagtische
Aussage (act. 40 Rz. 256), beim von der Nebenintervenientin
vorgebrachten Klagefundament handle es sich um ein auf den historischen
undurchsichtigen Geschäftspraktiken von QX.______ fussendes Konstrukt, das
„an allen Ecken und Enden“ nicht aufgehe, trifft somit nicht zu. Vielmehr
liegt ein multilaterales Netting vor, wie es in Konzernen durchaus üblich
ist (vgl. vorne, E. V.E.1.). Ausserdem hat die Beklagte selber
anerkannt (act. 40 Rz. 362), dass die von der Nebenintervenientin
ins Recht gelegten Auszüge aus in ihrer Buchhaltung geführten
Kontokorrentkonten tatsächlich so lauteten wie eingereicht.
|
b)
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Zu verneinen ist das Vorliegen
einer einfachen Gesellschaft (Art. 530 OR). Denn die Durchführung des
Cash Managements in der X.______-Gruppe beruht gemäss den Vorbringen den
Parteien (u.a. act. 28 Rz. 16; act. 40 Rz. 103, 212)
nicht auf einem gemeinsam durch die teilnehmenden Gruppengesellschaften als
gleichberechtigte Partner getroffenen Entscheid, sondern vielmehr auf
einseitiger Weisung durch die Konzernleitung (vgl. die von QX.______ erlassene
Konzernweisung 18/96, act. 30/1). Die mit dem Konzernclearing und dem
Cash Pooling verfolgten Zwecke der Reduktion der Zahlungsverkehrskosten des
Konzerns bzw. der Optimierung der Liquiditätsbewirtschaftung liegen primär
im Interesse der Konzernleitung. Es kann somit nicht gesagt werden, die
Durchführung des Konzernclearings und Cash Poolings beruhe auf dem
gemeinsamen Willen der teilnehmenden Gruppengesellschaften, ein gemeinsames
Ziel durch partnerschaftliches Zusammenwirken zu erreichen (affectatio societatis).
Vielmehr hat die Teilnahme am Cash Management der X.______-Gruppe für die
teilnehmenden Gruppengesellschaften austauschvertraglichen Charakter. Denn
diese Gesellschaften müssen infolge des Konzernclearings einerseits gewärtigen,
dass sie ihre Forderungen nicht direkt gegen andere Konzerngesellschaften
selber geltend machen dürfen bzw. sie konzerninterne Schulden in jedem Fall
an die Beklagte zu leisten haben. Andererseits erhalten sie auf ihren aus
dem Konzernclearing allenfalls resultierenden Netto-Netto-Guthaben Zins
bzw. erhalten sie bei Netto-Netto-Schulden eine Kreditmöglichkeit und zudem
profitieren sie von insgesamt günstigeren Zahlungsverkehrskosten. Diese
Vorteile geniesst auch die Beklagte, soweit sie selber konzerninterne
Forderungen oder Schulden hat. Bei ihr kommt aber zusätzlich hinzu, dass
sie – so die hier als bewiesen angenommene Sachverhaltsdarstellung der
Nebenintervenientin (act. 72 Rz. 34) – von Einnahmen aus den
Zinsdifferenzen profitiert. Im Gegenzug hat sie die Verbuchungen,
Kontoführungen und Saldoziehungen vorzunehmen (zum Ganzen vgl. auch Jagmetti,
a.a.O., S. 94 f.). Es liegen somit je parteispezifische
Interessen vor, weshalb ein auftragsrechtliche Elemente aufweisendes
Innominatvertragsverhältnis und nicht eine einfache Gesellschaft besteht
(Weber, BSK OR I, Art. 394 N 34). Ausserdem ist zu beachten,
dass gemäss der Nebenintervenientin (act. 28 Rz. 18-21) den
teilnehmenden Gruppengesellschaften gegenüber der als zentrale
Verrechnungspartei handelnden Beklagten in Bezug auf jede einzelne
konzerninterne Transaktion ein Weisungsrecht bezüglich deren Verbuchung in
den Kontokorrentkonten zusteht (anders nur bezüglich Zinsverbuchungen, vgl.
E. V.F.12b), was ebenfalls für Auftragsrecht und gegen eine einfache
Gesellschaft spricht (Weber, BSK OR I, Art. 394 N 34).
|
c)
|
Bezüglich des Cash Poolings
(zweite Komponente des in der X.______-Gruppe praktizierten Cash
Managements, vgl. vorne, E. III.3a) braucht – so denn die Sachverhaltsdarstellung
der Nebenintervenientin bewiesen ist – keine abschliessende rechtliche
Einordnung vorgenommen zu werden. Dies, weil die aus dem Cash Pooling entstandenen,
als Darlehen zu qualifizierenden Forderungen (vgl. vorne, E. V.E.5.)
via das Konzernclearing verbucht wurden, also in den sich ergebenden, novierten
Saldoforderungen enthalten sind.
|
9.
|
Was den Vertragsschluss
anbelangt, so ist zwischen den Parteien unstrittig (act. 28
Rz. 16; act. 40 Rz. 103), dass QX.______ am 17. Oktober
1996 die mit „Konzernverrechnungen über C.______-Kontokorrent“ betitelte
Konzernweisung Nr. 18/96 (act. 30/1) erliess. Auf den ersten
Blick mangelt es infolge dieser einseitigen Weisung an übereinstimmenden
gegenseitigen Willensäusserungen der involvierten Gruppengesellschaften,
die unabdingbare Voraussetzung jedes Vertragsschlusses ist (Art. 1
OR). Indes liegt ein zumindest konkludenter Vertragsschluss vor, entspräche
es doch gewiss nicht der Meinung der einzelnen beteiligten
Gruppengesellschaften, dass die beträchtliche Beträge betreffenden Verrechnungen
bzw. Bildungen von gruppenweiten Nettoguthaben bzw. -schulden über eine
derart lange Zeit (zumindest seit Oktober 1996 bis Ende 2003) ohne jede
vertragliche Grundlage erfolgten. Vielmehr besteht bzw. bestand aufgrund
dieser Umstände unter den Beteiligten stillschweigend Einigkeit, dass
entsprechend diesen Verrechnungen und Nettoguthabens-Bildungen bzw.
Nettoschulden-Anhäufungen vertragliche Forderungen auf Rückzahlung, Zins
etc. bzw. Verpflichtungen entstehen sollen (vgl. auch Jagmetti, a.a.O.,
S. 87 f.). Der Vertragsschluss unter den beteiligten
Gruppengesellschaften betreffend Cash Management der X.______-Gruppe ist
angesichts der genannten Konzernweisung spätestens gegen Ende des Jahres
1996 erfolgt. Gemäss dem Tatsachenvortrag der Nebenintervenientin bestehen
aber Anzeichen, dass dieses Cash Management (Konzernclearing und Cash
Pooling) in der X.______-Gruppe bereits zuvor praktiziert wurde. Die
Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen vorausgesetzt,
ist es aber letztlich für die Beurteilung der vorliegenden Kollokationsklage
irrelevant, wann genau dieser Vertragsschluss erfolgte. Denn für die von
der Nebenintervenientin angestrebte Anwendung von Art. 117 OR ist es
ohne Bedeutung, wann das Kontokorrentverhältnis zustande gekommen ist,
knüpft diese Bestimmung doch nur an die Saldoanerkennung eine (positive)
Rechtsfolge (Aepli, ZK Art. 114-126 OR, Art. 117 N 7; HGer
ZH, HG 110233 vom 15. Juli 2014, E. 2.3.2.1. m.w.H.).
|
10.
|
Für die Beurteilung der
vorliegenden Kollokationsklage braucht sodann nicht ermittelt zu werden,
welche Gesellschaften der X.______-Gruppe genau ins Cash Management
involviert waren. Unstrittig nahmen nämlich jedenfalls die Beklagte, die
Nebenintervenientin, die U.______ AG und die V.______ AG an diesem teil
(act. 28 Rz. 15 ff.; act. 40 Rz. 313 f. sowie
362: indem die Beklagte die Richtigkeit der eingereichten
Kontokorrentkontoauszüge aus ihrer Buchhaltung anerkennt, anerkennt sie
auch eine Teilnahme der in diesen Kontoauszügen genannten Gesellschaften am
unstrittig [act. 40 Rz. 212, 103] in der X.______-Gruppe
implementierten Cash Management) und es sind in casu – wenn die
Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin bewiesen ist – ohnehin
einzig die Saldoforderungen der letzteren Gesellschaften gegen die Beklagte
zu beurteilen und nicht das Cash Management System der X.______-Gruppe insgesamt.
|
11.
|
a) Hinsichtlich der Beendigung
des Konzernclearings hat die Nebenintervenientin wie erwähnt
(E. V.B.4.; act. 46 Rz. 3) vorgebracht, mit Eröffnung der
Nachlass- und Konkursverfahren über die verschiedenen Gesellschaften der
X.______-Gruppe sei das von der Beklagten bis zur Nachlassstundung für die
X.______-Gruppe ausgeübte Cash Pooling beendet worden. Aus dem Kontext
dieser Tatsachenbehauptung ist ersichtlich, dass die Nebenintervenientin
dabei zwar von Cash Pool spricht, jedoch offensichtlich das Konzernclearing
bzw. das Cash Management als Ganzes meint. Denn gleich anschliessend an
dieses Vorbringen findet sich der Satz, nach Beendigung des „Cashpools“ hätten
die verschiedenen Gesellschaften der X.______-Gruppe die gegenseitigen
Salden aus den „Cashpool Transaktionen“ geltend gemacht (vgl. act. 46
Rz. 3). Und dort, wo die Nebenintervenientin das Zustandekommen dieser
Salden näher darlegt (vgl. z.B. act. 28 Rz. 38 ff.,
184 ff.; act. 72 Rz. 41 ff., 92 ff.), wird
deutlich, dass diese novierten Forderungen die Saldoforderungen aus dem gesamten
Konzernclearing und nicht nur Forderungen aus Cash-Pooling-Transaktionen
betreffen. Weiter hat die Nebenintervenientin mit ihrer Angabe des
Beendigungszeitpunkts des Cash Managements („mit Eröffnung der Nachlass-
und Konkursverfahren über die verschiedenen Gesellschaften der
X.______-Gruppe“) zwar kein exaktes Beendigungsdatum ausdrücklich
behauptet. Aus der Gesamtheit ihrer Vorbringen geht aber klar hervor, dass
sie das Konzernclearing als per 5. Dezember 2003 beendet erachtet: Sie
hat nämlich keine Verbuchungen und Saldoziehungen behauptet, welche auf
einen Zeitpunkt nach diesem Datum fallen. Vielmehr macht sie geltend (vgl.
vorne, E. V.B.4.), dass die Beklagte auf den fraglichen
Kontokorrentkonten letztmals per 30. November 2003 die Salden gezogen
habe. In der Zeit danach seien von der Beklagten keine Kontoauszüge zu den
Kontokorrentkonten mehr erstellt worden bzw. seien zumindest keine solchen
mehr an die Buchhaltungsstellen der Nebenintervenientin, der V.______ AG
und der U.______ AG übergeben worden. Für die Zeit nach dem
30. November 2003 hätten sich die Salden bis am 5. Dezember 2003
nur noch wegen von anderen Gruppengesellschaften erhaltenen, wie üblich über
das Kontokorrentkonto verbuchten Zahlungen reduziert (so betreffend die
Nebenintervenientin) respektive wegen – vom 1. bis am 5. Dezember 2003
– berechneten Zinsgutschriften erhöht (V.______ AG und U.______ AG). Die
Klage ist demzufolge entgegen der Beklagten (act. 60
Rz. 42 f.; act. 92 Rz. 97) auch bezüglich der Beendigung
des Cash Managements hinreichend substantiiert.
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b)
|
In materiellrechtlicher
Hinsicht ist zu den Darlegungen der Nebenintervenientin betreffend die
Beendigung des Cash Managements in der X.______-Gruppe (Cash Pooling und
Konzernclearing) zunächst zu bemerken, dass die Bewilligung der Nachlassstundung
entgegen dem, was die Nebenintervenientin mit ihrem entsprechenden Vorbringen
suggeriert, nicht dazu führt, dass laufende Verträge von Gesetzes wegen
aufgelöst würden (vgl. Art. 297 SchKG; Hunkeler, KUKO SchKG,
Art 297 N 11). Ihre Sachverhaltsdarstellung hier einstweilen als
bewiesen vorausgesetzt, trifft es aber dennoch zu, dass das fragliche Konzernclearing
und Cash Pooling jedenfalls in Bezug auf die hier interessierenden
Gruppengesellschaften (Beklagte, Nebenintervenientin, V.______ AG und
U.______ AG) per 5. Dezember 2003 beendet wurde. Hat nämlich die
Beklagte nach diesem Datum auf den fraglichen Kontokorrentkonten keine Verbuchungen
gruppeninterner Forderungen und keine Saldoziehungen mehr vorgenommen – die
Beklagte äusserte bisher keine konkreten Behauptungen weiterer Verbuchungen
und/oder Saldoziehungen in der Zeit nach diesem Datum –, so liegt darin in
Verbindung mit dem Verhalten der Nebenintervenientin, der V.______ AG und
der U.______ AG, nach dem 30. November 2003 keine konzerninternen
Forderungen und Schulden mehr über das Konzernclearing abgewickelt zu haben
sowie noch bis am 5. Dezember 2003 erhaltene Zahlungen in Abzug zu bringen
bzw. Zinsen auf Guthaben geltend zu machen, eine konkludente einvernehmliche
bzw. gemeinsame Beendigung des dem Konzernclearing und Cash Pooling zugrunde
liegenden Vertragsverhältnisses per 5. Dezember 2003
(Aufhebungsfreiheit als Teil der in Art. 19 Abs. 1 OR normierten
Vertragsfreiheit; vgl. Huguenin, BSK OR I, Art. 19 N 10). Sofern
also die Beklagte in der Duplik nicht noch gegenteilige substantiierte
Tatsachenbehauptungen vorbringt, wird der Beweis für die Beendigung der
Innominatvertragsverhältnisse zwischen der Beklagten und der Nebenintervenientin,
der V.______ AG bzw. der U.______ AG am 5. Dezember 2003 als erbracht
zu betrachten sein.
|
c)
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Ist aber einmal bewiesen, dass
das Cash Management-Verhältnis per dann beendet worden ist, so ist es ohne
weiteres zulässig, die behaupteten, aus diesem Innominatvertragsverhältnis
bei dessen Beendigung bestehenden Saldoforderungen – wie geschehen (vgl.
vorne, E. IV.) – später an Dritte abzutreten (dies ist zwischen den Parteien
unstrittig, vgl. act. 60 Rz. 48 act. 46 Rz. 3 f.).
Denn das einem Kontokorrentverhältnis immanente Abtretungsverbot besteht
zwar während dessen Dauer, nicht aber nach Beendigung desselben (Gabriel,
BSK OR I, Art. 117 N 3, 14). Die in der vorliegenden
Angelegenheit erfolgten Abtretungen sind somit – bei bewiesener Beendigung
der Cash Management-Innominatvertragsverhältnisse per 5. Dezember 2003
– auch insofern zulässig.
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12.
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a) Die Beklagte macht sodann
geltend (act. 92 Rz. 96-99; act. 40 Rz. 152-156,
362 ff.; act. 60 Rz. 44 ff.), die klagende Partei habe
selbst nach eigener Darstellung gar keine Saldoforderung per Monatsende
eingeklagt, sondern angebliche Kontokorrentforderungen per 5. Dezember
2003 geltend gemacht. Sie habe zwar (unsubstantiiert) behauptet, der Saldo
sei monatlich (gemeint wohl per Monatsende) gezogen worden, letztmals per
November 2003. Gleichzeitig behaupte die klagende Partei aber jedenfalls in
Bezug auf die Verbuchungen mit der Nebenintervenientin, die Kontokorrente
seien bis am 5. Dezember 2003 fortgeführt worden. Werde der gezogene
Saldo in einem Kontokorrentverhältnis nicht bezahlt, sondern dieses –
entsprechend der Behauptung der klagenden Partei – fortgesetzt, so verliere
der Saldo seine selbständige Natur und werde zu einem blossen Posten im
laufenden, fortgesetzten Kontokorrent. Daher bestehe vorliegend nach
eigener Darstellung der klagenden Partei per 5. Dezember 2003 keine
Novation (mehr).
|
b)
|
Diese beklagtische
Argumentation trifft nicht zu: Entgegen der Beklagten (act. 60
Rz. 43) ist – jedenfalls aus der Gesamtheit der Vorbringen der
Nebenintervenientin (vgl. vorne, E. V.B.) – klar, dass die eingeklagte
Forderung nach Auffassung der Nebenintervenientin auf per 30. November
2003 entstandenen, novierten Saldoforderungen beruht. Hierzu kommen gemäss
der Nebenintervenientin bezüglich der V.______ AG und der U.______ AG
einzig noch Zinsforderungen auf diese behaupteten Saldoguthaben für die
Zeit vom 1. bis 5. Dezember 2003 bzw. werden bezüglich der
Nebenintervenientin vom behaupteten Saldoguthaben gewisse zwischen dem 1.
und 5. Dezember 2003 erhaltene Gutschriften in Abzug gebracht (vgl.
vorne, E. V.B.4.). Wie bereits ausgeführt (E. V.F.11b), machte
sodann die Beklagte bislang nicht in substantiierter Form geltend, dass
nach dem 30. November 2003 auf den in Frage stehenden
Kontokorrentkonten noch weitere Saldoziehungen und/oder weitere über die
Kontokorrentkonten verbuchte konzerninterne Transaktionen im eigentlichen
Sinne (u.a. nicht Zinsgutschriften) stattfanden. In Bezug auf die V.______
AG und die U.______ AG wurde ferner von keiner der Parteien behauptet, dass
die per 30. November 2003 letztmals gezogenen
Kontokorrentkonten-Salden auf neue Rechnung vorgetragen worden wären.
Hinsichtlich dieser beiden Gesellschaften kann somit zum Vornherein nicht
gesagt werden, das Kontokorrentverhältnis sei über den 30. November
2003 hinaus effektiv fortgesetzt worden. Was die Nebenintervenientin
anbelangt, so brachte diese hingegen sinngemäss selber vor, dass der per
30. November 2003 gezogene Saldo auf neue Rechnung vorgetragen wurde
(vgl. act. 28 Rz. 35 am Schluss; act. 72 Rz. 37).
Alleine dieser Umstand der Verbuchung des – wovon hier einstweilen
ausgegangen wird (vgl. vorne, E. V.A.2.) – novierten
Kontokorrentsaldos per 30. November 2003 in einer neuen Rechnung (Dezember
2003) bewirkt aber keine Rechtsänderung hinsichtlich dieser nunmehr verbuchten
Saldoforderung (Gabriel, BSK OR I, Art. 117 N 9; Aepli, ZK
Art. 114-126 OR, Art. 117 N 18) bzw. dass auf die von der
Beklagten und der Nebenintervenientin gemeinsam festgestellte Richtigkeit
dieses Saldos per 30. November 2003 wieder zurückgekommen werden
könnte (vgl. auch BGE 104 II 190, E. 2c). Anders wäre die Rechtslage
erst, wenn ein neuer Saldo gezogen und anerkannt wird (vgl. Art. 117
Abs. 1 und 2 OR). Eine Schuldanerkennung verliert nicht deswegen ihre
Wirkung, weil die Gläubigerin zusätzliche Forderungen geltend macht (so in
casu in Bezug auf die V.______ AG und die U.______ AG: Zinsen für 1. bis 5.
Dezember 2003) oder – wie im Falle der Nebenintervenientin –
zwischenzeitlich ein Teil der Forderungen getilgt wurde (D. Staehelin, ZZZ
37/2016, S. 26). Nichts anderes lässt sich für den vorliegenden Fall
aus BGE 138 III 797 ableiten. Denn erstens betraf jener Entscheid einzig
die betreibungsrechtliche Frage der Eignung einer unterschriftlichen Anerkennung
eines Kontokorrentsaldos als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82
Abs. 1 SchKG bei Vortrag desselben auf neue Rechnung und nicht das
vorliegend interessierende Vertragsrecht. Zweitens soll auch gemäss diesem
Bundesgerichtsentscheid die Fortführung des Kontokorrents nur dann eine
Schuldanerkennung aufheben, wenn die Buchungen „einverständlich“ in einem
fortgesetzten Kontokorrentverhältnis erfolgen (BGE 138 III 797,
E. 4.2). Das einseitige Einsetzen von Positionen lässt somit die November-Richtigbefundsanzeige
nicht wirkungslos werden (D. Staehelin, ZZZ 37/2016, S. 26).
Vorliegend kann – die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als
bewiesen vorausgesetzt – nicht gesagt werden, die in Bezug auf die
Nebenintervenientin nach dem 30. November 2003 bis zum
5. Dezember 2003 von der Beklagten getätigten Verbuchungen seien
einverständlich geschehen. Denn die Beklagte nahm diese laufenden
Zinsverbuchungen laut Nebenintervenientin selbständig, mithin einseitig,
vor (act. 28 Rz. 171, 287). Die Nebenintervenientin hatte also im
Moment ihrer Vornahme keine Möglichkeit zu prüfen, ob diese Verbuchungen
auf gehörige Weise erfolgten. Dies hätte vielmehr erst anfangs Januar 2004
nach Erhalt des von der Beklagten erstellten, monatlichen Kontokorrentkonto-Auszugs
geschehen können. Indes behauptete bislang keine der Parteien, dass für
Monate nach dem November 2003 von der Beklagten noch derartige Kontoauszüge
erstellt und den X.______-Gruppengesellschaften zugestellt worden sind
(vgl. vorne, E. V.F.11b). Die per 30. November 2003 in Bezug auf
die Nebenintervenientin, die V.______ AG und die U.______ AG von der
Beklagten gezogenen und von den genannten Gesellschaften anerkannten und
somit novierten Kontokorrentsalden (vgl. vorne, E. V.F.4.) behalten
demzufolge weiterhin ihre selbständige Natur. Die Novationen wirken
entgegen der Beklagten ungeachtet des bei der Nebenintervenientin erfolgten
Einsetzens dieser Saldoforderung in eine neue Rechnung (Dezember 2003)
fort.
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|
G. Übermässige
Bindung (Art. 27 Abs. 2 ZGB)
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|
1.
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Die Beklagte macht geltend
(act. 40 Rz. 315 ff.; act. 92 Rz. 116 ff.,
vgl. auch act. 92 Rz. 91 betreffend Spruchreife), ihr sei gegen
ihren Willen ein rein fremdnütziges Handeln als gruppeninterne Cash Pool
Leaderin und Clearingstelle aufgezwungen worden und sie habe ungefragt
sowie ohne Gegenleistung das Bonitätsrisiko gegenüber insolventen
Gruppengesellschaften und Aktionären übernehmen, also ausschliesslich im Interesse
von Drittparteien handeln müssen. Sie sei aufgrund dieser ihr aufgedrängten
Rolle in ihrer wirtschaftlichen Freiheit derart eingeschränkt worden, dass
die Grundlagen ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet gewesen seien.
Schliesslich sei sie deswegen in die Insolvenz getrieben worden. Damit
liege ein Verstoss gegen Art. 27 ZGB vor. Rechtsfolge
sei gemäss Art. 20 OR die Nichtigkeit der Rechtsgeschäfte, welche den
klägerischen Forderungen zugrunde liegen.
|
2.
|
Gemäss
Art. 27 Abs. 2 ZGB kann sich niemand seiner Freiheit entäussern
oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit
verletzenden Grade beschränken. Nach dieser Bestimmung sind somit
sowohl übermässige Verpflichtungen als auch solche, die den
höchstpersönlichen Kernbereich der Persönlichkeit betreffen, unzulässig
(BGE 136 III 401, E. 5.4). Geht es um die Freiheit der
wirtschaftlichen Betätigung, ist nach der Rechtsprechung in der Annahme
eines Verstosses gegen Art. 27 ZGB Zurückhaltung geboten: Eine
vertragliche Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit wird nur
dann als übermässig angesehen, wenn sie den Verpflichteten der Willkür
eines anderen ausliefert, seine wirtschaftliche Freiheit aufhebt oder in
einem Masse einschränkt, dass die Grundlagen seiner wirtschaftlichen Existenz
gefährdet sind. Dies gilt grundsätzlich auch für juristische Personen (BGE
138 III 322, E. 4.3.2.; BGE 114 II 159, E. 2a). Indes ist nicht
jede Verpflichtung, welche die finanziellen Möglichkeiten eines Schuldners
übersteigt und ihn damit der Gefahr einer Insolvenz aussetzt, übermässig im
Sinne von Art. 27 Abs. 2 ZGB. Diese Bestimmung verbietet
niemandem, sich über seine finanziellen Kräfte hinaus zu verpflichten (BGE
95 II 55). Bei juristischen Personen wird somit ein Verstoss gegen
Art. 27 Abs. 2 ZGB nur sehr zurückhaltend bejaht (Jagmetti,
a.a.O., S. 107 f. m.w.H.).
|
3.
|
Indem die Beklagte in der
X.______-Gruppe gemäss deren Cash Management-Konzept über Jahre hinweg als
zentrale Abrechnungsstelle fungierte und infolge der vorne (E. V.F.4.)
beschriebenen Novationen Debitorenrisiken auf sie abgewälzt wurden, liegt gewiss eine intensive vertragliche Bindung vor. Andererseits ist –
stets die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als bewiesen
vorausgesetzt – insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte
zumindest buchmässig Erträge aus Zinsdifferenzen (Soll- und Habenzinsen auf
Kontokorrentkonten) erzielte, ihr aus der in Frage stehenden vertraglichen
Bindung also auch Vorteile erwuchsen (vgl. auch vorne, u.a.
E. V.F.3.). Vor allem aber stand der Beklagten stets die
Handlungsoption offen, das Konzern-Cash Management innert kurzer Frist zu
beenden. Denn wie vorne (E. V.E.4. und V.F.2a) erwogen, weist das dem
Cash Management der X.______-Gruppe zugrundeliegende Rechtsverhältnis
zumindest Elemente des Kontokorrentkreditvertrags auf. Es kann daher
mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung mit einer Frist von sechs
Wochen gekündigt werden (Art. 318 OR analog; vgl. Jagmetti, a.a.O.,
S. 115 f.). Ausserdem war es die Beklagte selbst, welche – gemäss
der Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin – als zentrale
Abrechnungsstelle Dreh- und Angelpunkt des Konzernclearings war. Sie musste
dieses nicht passiv bzw. willenlos über sich ergehen lassen, sondern hätte
die Möglichkeit gehabt, sich mittels Weigerung, die Verbuchungsanweisungen
der Gruppengesellschaften auszuführen, aktiv zu wehren. Dass sie dies getan
hätte, machte die Beklagte bislang nicht geltend. Vielmehr übte sie gemäss
der Nebenintervenientin die Rolle als zentrale Abrechnungsstelle über Jahre
hinweg ohne Widerrede aus. Insgesamt erscheint daher – die Sachverhaltsdarstellung
der Nebenintervenientin als bewiesen vorausgesetzt – die vertragliche
Bindung der Beklagten in casu nicht als übermässig. Die Beklagte hat trotz
intensiver vertraglicher Bindung weder sich der Willkür eines anderen
ausgeliefert noch ihre wirtschaftliche Freiheit aufgehoben oder in einem
existenzgefährdenden Masse eingeschränkt. Eine Verletzung von Art. 27
Abs. 2 ZGB ist somit zu verneinen (vgl. zum Ganzen auch Jagmetti,
a.a.O., S. 109; ferner in Bezug auf antizipierte Verrechnungsverträge,
welche in casu ebenfalls ein Element des Rechtsverhältnisses bilden [vgl.
vorne, E. V.F.1. und E. V.F.8a]: Hess/Wyss, AJP 10/1997,
S. 1222 m.w.H.).
|
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H. Zwischenfazit
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Zusammenfassend lässt sich
aufgrund der vorstehenden Erwägungen entgegen der Beklagten (act. 40
Rz. 315 ff., 356 ff.) nicht sagen, das in der X.______-Gruppe
praktizierte Forderungs- und Cash-Management gemäss Darstellung der
Nebenintervenientin und damit die hier strittigen Verbuchungen auf
Kontokorrentkonten von Gruppengesellschaften seien aus vertragsrechtlichen
Gründen ungültig.
|
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|
VI.
(Gesellschaftsrechtliche Beurteilung)
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|
A. Zweckkonformität;
Vertretungsrecht
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1.
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a) Die Vorinstanz erwog ohne
nähere Begründung (act. 84 E. IV.6.), es sei „davon auszugehen,
dass eine unzulässige Doppelvertretung vorlag, womit sämtlichen hier relevanten
Vorgängen die Grundlage entzogen ist.“ Mit Blick auf Art. 66 OR könne
die klagende Partei nichts zurückfordern.
|
b)
|
Die Nebenintervenientin bringt
hiergegen vor (act. 87 Rz. 75 ff.), zwar sei die Konzeption
des Konzernclearings auf der Basis einer Konzernweisung erfolgt, für welche
QX.______ verantwortlich gezeichnet habe. Die Abwicklung und Verbuchung der
einzelnen, den Kontokorrentsalden zugrundeliegenden konzerninternen
Transaktionen sei deswegen aber nicht ungültig. Dies, zumal diese durch die
bei den einzelnen Gruppengesellschaften für die Buchhaltung
verantwortlichen Personen ausgeführt worden seien. Soweit einzelne
Transaktionen auf direkte Anweisung der Familie X.______ erfolgt seien,
habe die Zustimmung der Aktionäre zur entsprechenden Transaktion vorgelegen.
Sodann hätten die hier relevanten Transaktionen zu keiner Schädigung der Beklagten
geführt, womit ebenfalls keine Nichtigkeit der Rechtsgeschäfte vorliege.
|
c)
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Die Beklagte macht in
vertretungsrechtlicher Hinsicht geltend (act. 40
Rz. 209 ff., 364, 379 f.; act. 92 Rz. 75 f.,
114 sowie zur Spruchreife dieses Aspekts: act. 92 Rz. 91), die
Implementierung der gesamten Struktur, in welcher die Beklagte als
Clearingstelle agiert haben soll, und die darauf beruhende Abwicklung
(Transaktion für Transaktion) gehe auf Anweisungen von QX.______ zurück.
Dieser habe als patriarchisch agierender und dominierender Konzernchef bis
zu seinem Ableben im Juli 2003 alleinverantwortlich die gesamte
X.______-Gruppe beherrscht. Insbesondere habe er über Jahre hinweg bei
sämtlichen hier im Fokus stehenden Gesellschaften der X.______-Gruppe als
einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsratspräsident geamtet und sei das
zentrale Organ gewesen. Die Natur der Rechtsgeschäfte habe eine Benachteiligung
der Beklagten nicht ausgeschlossen, sondern im Gegenteil sei deren Handeln
ausschliesslich fremdnützig gewesen. Eine besondere Ermächtigung von
QX.______ durch ein neben- oder übergeordnetes Organ (Generalversammlung )
sei von der klagenden Partei nicht behauptet worden. Damit liege ein
verbotenes Handeln in Doppelstellung vor, weshalb sämtliche Verbuchungen zu
Lasten der Beklagten ungültig bzw. ohne Rechtsgrundlage seien. Zuweilen
habe für die Beklagte offenbar eine Person namens „J.______“ agiert. Diese
Person habe jedoch mitunter auch für die Nebenintervenientin gehandelt.
Gemäss Handelsregister sei dieser Person von den insgesamt 20 Gesellschaften
der X.______-Gruppe, welche in den Klagebeilagen erscheinen, lediglich in
drei Gesellschaften (W.______ AG, ZX.______ AG, ZY.______ AG) eine
Vertretungsbefugnis zugekommen, und zwar jeweils Kollektivprokura bzw. Kollektivunterschrift
zu zweien. Dieser Person (J.______) fehle es somit für sämtliche
Gruppengesellschaften, namentlich für die Beklagte, an einer (Allein-)
Vertretungsberechtigung. Selbst wenn eine solche Vertretungsberechtigung
gegeben wäre, würde ebenfalls ein Fall von Doppelvertretung vorliegen. Die
klagende Partei habe die Problematik der Doppelvertretung zu kaschieren
versucht, indem sie zu behaupten unterlassen habe, welche natürliche Person
für ihre Rechtsvorgängerinnen jeweils gehandelt haben sollen. Insgesamt
erweise sich somit das gesamte Forderungs- und Cash-Management und die
daraus resultierenden Verbuchungen aus vertretungsrechtlicher Sicht als
ungültig bzw. seien diese behaupteten Rechtshandlungen ohne rechtliche
Bindungswirkung erfolgt.
|
d)
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Sodann vertritt die Beklagte
den Standpunkt (act. 40 Rz. 271 ff., 325 ff., 344;
act. 92 Rz. 116 ff., betreffend Spruchreife dieses Aspekts
vgl. auch act. 92 Rz. 91), sie habe ausschliesslich im Interesse
von Drittparteien gehandelt. Denn nach Darstellung der klagenden Partei
habe sie sich ohne Notwendigkeit in Bezug auf zugrundeliegende Rechtsgeschäfte,
an welchen sie in keiner Weise beteiligt gewesen sei und aus welchen sie
keinerlei Vorteile erlangt habe, wechselseitig zur Schuldnerin und Gläubigerin
anderer Gruppengesellschaften gemacht, ohne hierfür eine Gegenleistung erhalten
zu haben. Dies verstosse krass gegen ihre Interessen und somit liege ein
Handeln ausserhalb des Gesellschaftszwecks vor. Das Agieren als
konzerninterne Clearingstelle der X.______-Gruppe liege weit ausserhalb
dessen, was eine Holdinggesellschaft tue und habe zu einer faktischen Änderung
ihres Gesellschaftszwecks geführt, ohne dass die Generalversammlung den
statutarischen Zweck geändert hätte. Am ausserhalb ihres
Gesellschaftszwecks gelegenen und somit nicht rechtswirksamen Handeln der
Beklagten ändere nichts, dass ihre Statuten seit November 2000 vorsehen,
dass sie Sicherheiten aller Art für Verpflichtungen Dritter bestellen
könne.
|
2.
|
a) Die zur Vertretung einer
Aktiengesellschaft befugten Personen können gemäss Art. 718a
Abs. 1 OR in deren Namen alle Rechtshandlungen vornehmen, die ihr
Zweck mit sich bringen kann (Vertretungsmacht). Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind vom Gesellschaftszweck nicht nur
Handlungen gedeckt, die der Gesellschaft nützlich sind oder in ihrem
Betrieb gewöhnlich vorkommen. Erfasst sind davon vielmehr auch
ungewöhnliche Geschäfte, sofern sie auch nur möglicherweise im
Gesellschaftszweck begründet sind, d.h. durch diesen zumindest nicht gerade
ausgeschlossen werden bzw. diesem nicht geradezu widersprechen (BGer
4A_46/2016 vom 20. Juni 2016, E. 5.2.; BGer 4C.77/2000 vom
3. Juli 2000, E. 2a; Watter, BSK OR II,
Art. 718a N 2 ff., je m.w.H.). Ist ein im Namen der
Aktiengesellschaft abgeschlossenes Rechtsgeschäft von der Vertretungsmacht
nicht gedeckt, wird die Gesellschaft nicht verpflichtet (zum Ganzen statt
vieler auch Jagmetti, a.a.O., S. 97 f. m.w.H.).
|
b)
|
Grundsätzlich vertritt der
Verwaltungsrat die Gesellschaft nach aussen (Art. 718 Abs. 1
Satz 1 OR). Er kann jedoch die Vertretung einem oder mehreren
Mitgliedern (Delegierte) oder Dritten (Direktoren) übertragen
(Art. 718 Abs. 2 OR). Ferner kann der Verwaltungsrat Prokuristen
(Art. 458 ff. OR) und andere Bevollmächtigte (u.a. Handlungsbevollmächtigte
im Sinne von Art. 462 OR) ernennen (Art. 721 OR). Prokura und Handlungsvollmacht
stellen Ermächtigungen zur Vornahme eines grösseren oder kleineren
Komplexes von Geschäften dar (vgl. Art. 459 f. und Art. 462
OR). Daneben kann eine Aktiengesellschaft auch nach den Regeln des
allgemeinen Stellvertretungsrechts (Art. 32 ff. OR) Personen zum
Abschluss von einzelnen, konkret bestimmten Geschäften bevollmächtigen
(Meier-Hayoz/Forstmoser, a.a.O., § 9 N 34, § 2 N 35).
|
c)
|
(Handlungs-) Vollmachten können
(wie die Prokura) nicht nur ausdrücklich begründet werden, sondern auch
durch konkludentes Verhalten entstehen. Wird einer Person ein bestimmter
Aufgabenkreis überlassen, der sie zwangsläufig mit Dritten in Berührung
bringt, so wird damit meist zum Ausdruck gebracht, dass sie die in diesem
Rahmen üblichen Rechtsgeschäfte für die Gesellschaft abschliessen darf. Ob
eine Ermächtigung im Sinne einer Handlungsvollmacht vorliegt, beurteilt
sich nicht nach dem Willensprinzip (was wollte der Vollmachtgeber?),
sondern nach dem Vertrauensprinzip (was durfte und musste die Gegenseite
unter den konkreten Umständen verstehen?). Darf die Gegenseite in guten
Treuen annehmen, dass dem oder den Geschäftsherren „das rechtsgeschäftliche
Handeln seines Vertreters bei Beachtung der im Verkehr gebotenen Sorgfalt
nicht entgangen sein konnte und daher von ihm gedeckt werde, so muss er sich
bei diesem auf eine stillschweigende Vollmachterteilung hinweisenden Verhalten
behaften und seines Vertreters Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen“
(BGE 74 II 149, E. 2). Beispielsweise liegt eine derartige
stillschweigende bzw. konkludente Ermächtigung vor, wenn eine Gesellschaft
einen Angestellten dauernd bei einer Inkassotätigkeit gewähren lässt oder
ihm wiederholt grosse Geschäftsführungskompetenzen überlässt (zum Ganzen:
Meier-Hayoz/Forstmoser, a.a.O., § 9 N 50 ff. m.w.H.).
|
d)
|
Hat ein Prokurist oder ein
Handlungsbevollmächtigter ausserhalb seiner Vertretungsmacht gehandelt oder
fehlt es sonstwie an einer gültigen Vollmacht, so wird der Vertretene nur
dann dennoch Partei des vom Vertreter abgeschlossenen Rechtsgeschäfts, wenn
er die Handlungen des Vertreters nachträglich genehmigt (Art. 38
Abs. 1 OR; BGer 9C_495/2015 vom 17. Juni 2016, E. 5.2.2.).
Eine solche Genehmigung bedarf keiner besonderen Form und kann insbesondere
auch konkludent erfolgen. Nach der Rechtsprechung liegt eine konkludente
Genehmigung zum Beispiel vor, wenn beide Parteien ein Dauerschuldverhältnis
während längerer Zeit als gültig behandeln (zum Ganzen: Kut, CHK OR,
Art. 38 N 11 f. m.w.H.; BGE K 19/01 vom 3. Juni
2002, E. 5a; Meier-Hayoz/Forstmoser, a.a.O., § 9 N 19a).
Demgegenüber bedeutet Stillschweigen grundsätzlich Nicht-Genehmigung,
sofern nicht ein Widerspruch möglich und zumutbar war und der Dritte in
guten Treuen davon ausgehen konnte, der Vertretene werde bei fehlendem
Einverständnis widersprechen (Watter, BSK OR II, Art. 38 N 6
m.w.H.; BGer 4A_485/2008 vom 4. Dezember 2008, E. 3.3 m.w.H.).
|
e)
|
Schliesst ein und dieselbe
Person als Organ oder Vertreter zwischen zwei Gesellschaften bzw.
Vertragspartnern ein Rechtsgeschäft ab, so spricht man von Doppelvertretung.
Eine solche Doppelvertretung ist wegen möglicher Interessenkonflikte grundsätzlich
unzulässig und hat die Ungültigkeit des betreffenden Rechtsgeschäftes zur
Folge. Das so abgeschlossene Rechtsgeschäft ist jedoch dann gültig, wenn
die Gefahr einer Benachteiligung des Vertretenen nach der Natur des
Geschäftes ausgeschlossen ist oder der Vertretene – bei Gesellschaften: ein
über- oder nebengeordnetes Organ – den Vertreter zum Vertragsschluss
besonders ermächtigt hat oder das Geschäft nachträglich genehmigt (BGer
4A_134/2007 vom 31. Juli 2007 E. 2.2; BGer 4C.18/2001 vom
25. Oktober 2001 E. 3a; BGE 127 III 332 E. 2a m.w.H.;
Grünenfelder, Absicherung von Bankkrediten durch Upstream-Sicherheiten,
SSHW 287, Zürich/St. Gallen 2010, S. 41). Eine solche Ermächtigung
kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Eine stillschweigende
Ermächtigung ist insbesondere bei wirtschaftlich eng verbundenen
Gesellschaften bzw. konzernmässiger Verflechtung zu vermuten.
Vertragsschlüsse in Doppelstellung gehören hier zu den Rechtshandlungen,
welche ihr Zweck gemäss Art. 718 Abs. 1 OR mit sich bringen kann.
Eine Genehmigung durch die Generalversammlung ist ferner immer dann zu
vermuten, wenn die Vertretungshandlung im Interesse des Alleinaktionärs
ausgeführt wird bzw. wenn der vertretende Verwaltungsrat zugleich
Alleinaktionär ist. Unerheblich bei der Beurteilung der Zulässigkeit der
Doppelvertretung sind die Interessen der Gesellschaftsgläubiger, da diesen
andere Rechtsbehelfe (Art. 285 ff. SchKG; Art. 754 OR) zur
Durchsetzung ihrer Ansprüche zur Verfügung stehen. Ist der handelnde
Vertreter zugleich Alleinaktionär, so folgt daraus zwingend, dass der
Abschluss des betreffenden Geschäfts auch dem Willen der Generalversammlung
entspricht und deshalb von der Vertretungsmacht des Organs gedeckt wird.
Anders verhält es sich, wenn das Organ bloss Mehrheitsaktionär ist. Zum
Schutz der Minderheitsaktionäre ist diesfalls eine Ermächtigung bzw.
Genehmigung mittels eines Generalversammlungsbeschlusses erforderlich.
Keine schutzbedürftigen Minderheitsaktionäre liegen dann vor, wenn
wirtschaftlich gesehen sämtliche Aktionäre dem Hauptaktionär zuzurechnen
sind (zum Ganzen: Grünenfelder, a.a.O., S. 41 f.; BGE 126 III 361
E. 5a; ZR 77/1978 Nr. 44; Watter, BSK OR II, Art. 718a N 12 ff.;
ZR 104/2005 Nr. 71, je m.w.H.; a.M. z.T. Brand, a.a.O.,
N 820 f.).
|
3.
|
a) Die Beklagte wies seit
ihrer Gründung bis im Juni 1999 folgenden Zweck auf (act. 41/5/2): „Finanzielle Beteiligung an Unternehmen und
Gesellschaften aller Art, insbesondere an Unternehmen des Autohandels und
des Garagenbetriebes und an Finanzierungsgesellschaften.“ Im Juni 1999 wurden dieser Zweckumschreibung folgende
Sätze hinzugefügt (act. 41/5/2): „Die Gesellschaft kann sich insbesondere an der Finanzierung
von Autohandels- und Garagenbetrieben aller Art, sowie an damit in Zusammenhang
stehenden Bauvorhaben beteiligen. Sie kann Zweigniederlassungen und
Tochtergesellschaften im In- und Ausland errichten und sich an anderen Unternehmen
im In- und Ausland beteiligen. Die Gesellschaft kann Grundstücke erwerben,
halten und veräussern sowie alle kommerziellen, finanziellen und anderen
Tätigkeiten ausüben, welche mit dem Zweck der Gesellschaft im Zusammenhang
stehen.“ Schliesslich wurde der Gesellschaftszweck im November
2000 wie folgt ergänzt (act. 41/5/2): „Die Gesellschaft kann auch Sicherheiten
aller Art für Verpflichtungen Dritter, die in keinem Zusammenhang mit der
Tätigkeit der Gesellschaft stehen, leisten.“
|
b)
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Der Zweck der
Nebenintervenientin lautete bis November 2000 folgendermassen
(act. 41/5/1): „Beteiligung
an Unternehmungen jeglicher Rechtsform, vorwiegend der Holzbranche im In-
und Ausland; kann insbesondere auch Liegenschaften erwerben, belasten und
veräussern.“ Ab November 2000
wies die Nebenintervenientin folgenden Zweck auf (act. 41/5/1): „Erwerb
und Verwaltung von Beteiligungen an anderen Unternehmungen jeglicher
Rechtsform, vorwiegend der Holz- und Kunststoffbranche, im In- und Ausland;
kann sich an anderen Unternehmen beteiligen, Grundstücke erwerben, halten
und veräussern sowie Sicherheiten für Verpflichtungen Dritter leisten.“
|
c)
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Der Gesellschaftszweck der
V.______ AG hatte im hier relevanten Zeitraum bzw. bis Dezember 2004
folgenden Wortlaut (act. 41/5/6): „Herstellung und Verkauf von Bauelementen
aller Art in Holz, Metall und Kunststoffen. Sie betreibt zu diesem Zweck eine
Normfensterfabrik, ein Kunststoffwerk, ein Werk für Spezialanfertigungen.
Sie kann sich an gleichen oder ähnlichen Unternehmungen beteiligen. Sie
bezweckt ferner den An- und Verkauf von Liegenschaften sowie die Ueberbauung
von Grundstücken.“
|
d)
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Der Zweck der U.______ AG
lautete jedenfalls seit Juni 1991 bis November 2008 folgendermassen
(act. 41/5/7): „Fabrikation von und Handel mit Bauelementen, insbesondere
Fenster, Küchen und Industrieverglasungen; kann alle Geschäfte tätigen,
welche mit diesem Zweck direkt oder indirekt in Zusammenhang stehen und
sich an anderen Unternehmungen der gleichen oder ähnlichen Branchen
beteiligen; Gesellschaft kann insbesondere auch Liegenschaften erwerben,
belasten und veräussern.“
|
e)
|
Aufgrund der soeben
(E. VI.A.3a-d) wiedergegebenen Zweckumschreibungen der genannten
Gesellschaften wurde deutlich, dass weder die Teilnahme an einem konzerninternen
Cash Management mit Cash Pooling und Konzernclearing (alle genannten
Gesellschaften) noch ein Agieren als zentrale konzerninterne
Abrechnungsstelle (Beklagte) durch die Gesellschaftszwecke geradezu
ausgeschlossen werden bzw. diesen widersprechen (so für die Beklagte
bereits die Vorinstanz, act. 84 E. IV.4.5.). Gleiches gilt im
Übrigen auch in Bezug auf die weiteren beiden Holdinggesellschaften der
X.______-Gruppe (S.______ AG [vormals ……] und T.______ AG) sowie die
W.______ AG und sämtliche weiteren Gesellschaften der X.______-Gruppe,
welche die Nebenintervenientin im Zusammenhang mit den vorgenommenen
konzerninternen Kontokorrent-Verbuchungen anführt (vgl. act. 40
Rz. 99, 104; act. 41/2/1-5; act. 41/5/3-5, 8-21). Sodann
lässt sich – die Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin als
bewiesen vorausgesetzt (vgl. vorne, E. V.A.2.) – entgegen der Beklagten
nicht sagen, sie habe ausschliesslich im Interesse anderer gehandelt, hat
sie doch selber vom praktizierten Cash Management in Form tieferer
Zahlungsverkehrskosten sowie Erträgen aus Zinsdifferenzen auch profitiert
(vgl. vorne, u.a. E. V.B.3.). Das entsprechende rechtsgeschäftliche
Handeln der Beklagten, wie auch jenes der Nebenintervenientin, der V.______
AG und der U.______ AG ist daher nach dem Gesagten (vgl. vorne,
E. VI.A.2a) zweckkonform, mithin in dieser Hinsicht entgegen der Auffassung
der Beklagten nicht zu beanstanden (vgl. auch Reutter/Bazzi, Konzern-innenfinanzierung,
in: Kunz/Arter/Jörg [Hrsg.], Entwicklungen im Gesellschaftsrecht VIII, Bern
2013, S. 217 m.w.H.).
|
4.
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a) Zwischen den Parteien ist
unstrittig, dass bei allen vier Holdinggesellschaften der X.______-Gruppe –
bei der Beklagten seit Februar 1982 – sämtliche Aktien von QX.______ (bis
zu seinem Ableben im Juli 2003) sowie seinen Söhnen OX.______ und PX.______
gehalten wurden (act. 40 Rz. 99, 101; act. 72 Rz. 187-196).
Weiter ist aus den im Recht liegenden Handelsregisterauszügen
(act. 41/5/1-4) ersichtlich, dass QX.______ und seine Söhne OX.______
und PX.______ in den vier Holdinggesellschaften der X.______-Gruppe
weitgehend die einzigen Mitglieder der Verwaltungsräte waren. Bei der
T.______ AG gilt dies uneingeschränkt (vgl. act. 5/4), bei der Nebenintervenientin
für die Zeit ab Ende August 1997 (vgl. act. 41/5/1). Bei der Beklagten
amtete zusätzlich zu diesen Personen noch K.______ als Mitglied des Verwaltungsrates
mit Einzelunterschrift (sowie bis Ende 1996 auch L.______, vgl.
act. 41/5/2). Bei der S.______ AG (vormals ……) waren QX.______,
OX.______ und PX.______ jedenfalls ab Juli 1997 die einzigen Mitglieder des
Verwaltungsrats (act. 41/5/3). QX.______ fungierte über lange Zeit bei
dreien der vier Holdinggesellschaften der X.______-Gruppe als Präsident des
Verwaltungsrats mit Einzelunterschrift (Nebenintervenientin und T.______
AG: Januar/Februar 1992 bis zu seinem Ableben im Juli 2003 bzw. gemäss
Handelsregister bis November 2003; Beklagte: Januar 1995 bis Juli/November
2003; act. 41/5/1-2, 4). Auch OX.______ und PX.______ waren in diesen
Gesellschaften einzelzeichnungsberechtigt (bis Ende November 2003, danach
noch kurze Zeit kollektivzeichnungsberechtigt; act. 41/5/1-2, 4). Bei
der vierten Holdinggesellschaft (S.______ AG) war QX.______ – wie PX.______
– Mitglied des Verwaltungsrates und OX.______ Präsident desselben, dies je
zunächst mit Kollektivunterschrift zu zweien und ab Juli 1999 mit
Einzelunterschrift (bis Ende November 2003, danach waren OX.______ und
PX.______ noch kurze Zeit kollektivzeichnungsberechtigt; act. 41/5/3).
|
b)
|
Aus diesen unstrittigen bzw.
notorischen Tatsachen folgt, dass die ins Cash Management der
X.______-Gruppe respektive in die vorliegende Kollokationsklage involvierten
Gesellschaften wirtschaftlich äusserst eng miteinander verbunden sind
(Vorliegen eines Konzerns zufolge Kontrollmöglichkeit von QX.______,
OX.______ und PX.______ [Art. 963 OR] und einheitlicher
wirtschaftlicher Leitung [aArt. 663e OR]). Im Lichte der vorne
(E. VI.A.2e) zitierten Rechtsprechung und Lehre liegt somit eine
stillschweigende Ermächtigung zur allfälligen Doppelvertretung durch
QX.______ hinsichtlich des in der X.______-Gruppe praktizierten Cash
Managements (Cash Pooling und Konzernclearing) vor. Wie erwähnt waren
sodann QX.______, OX.______ und PX.______ unstrittig die einzigen Aktionäre
der vier Holding-Gesellschaften der X.______-Gruppe (die bei der Beklagten
als Mitglied des Verwaltungsrates amtende K.______ [vgl. act. 41/5/2]
hielt ihre Aktie[n] [vgl. aArt. 707 Abs. 1 OR] somit offenkundig
lediglich rein treuhänderisch). Nach eigener Darstellung der Beklagten
(act. 40 Rz. 103 ff.) beherrschte QX.______ bis zu seinem
Ableben im Juli 2003 die X.______-Gruppe und amtete er als
patriarchalischer Konzernchef und entschied alleine sowie abschliessend.
Die Nebenintervenientin stimmt dem zumindest insofern zu, als dass sie
ausführte (act. 72 Rz. 197), QX.______ habe in der
X.______-Gruppe eine führende Rolle eingenommen. Demgemäss liegt
wirtschaftlich betrachtet eine Einmanngesellschaft vor bzw. sind QX.______,
OX.______ und PX.______ im Rahmen der vorliegenden vertretungsrechtlichen
Beurteilung als Alleinaktionär zu betrachten. Damit liegt auch eine
stillschweigende Genehmigung eines allfälligen Handelns in Doppelstellung
vor (vgl. vorne, E. VI.A.2e) respektive sind in Bezug auf die
X.______-Gruppe bzw. deren einzelne Gesellschaften keine schutzbedürftigen
Minderheitsaktionäre vorhanden. Der Nebenintervenientin (act. 72
Rz. 217) ist somit darin beizupflichten, dass es in Bezug auf die
Implementierung und den Vollzug des Cash Managements in der X.______-Gruppe
in vertretungsrechtlicher Hinsicht keiner besonderer Generalversammlungsbeschlüsse
bedurfte (vgl. auch Reutter/Bazzi, a.a.O., S. 220 f. m.w.H.). Am
Rande sei noch bemerkt, dass das heute in Art. 718b OR normierte
Schriftlichkeitserfordernis bei Insichgeschäften erst per 1. Januar 2008 in
Kraft getreten ist (AS 2007 4839) und daher für die hier interessierenden
Rechtsgeschäfte, welche sich lediglich bis Ende 2003 hinzogen, keine
Wirkung entfaltet.
|
c)
|
Nicht gefolgt werden kann der
Beklagten auch insoweit sie vorbringt, J.______ habe es für sämtliche
Gesellschaften der X.______-Gruppe an einer hinreichenden Vertretungsberechtigung
gefehlt (die Beklagte spricht in act. 40 Rz. 214 ff. stets
nur von „J.______“, aufgrund ihres dortigen Verweises auf die
Handelsregisterauszüge dreier X.______-Gesellschaften [act. 41/5/5,
41/5/8, 41/5/20, je S. 2] ist jedoch klar, dass sie J.______ meint;
vgl. auch act. 72 Rz. 219). Denn nachdem QX.______ als dominierende
Person in der X.______-Gruppe (vgl. soeben, E. VI.A.4a) die
Konzernweisung vom 17. Oktober 1996 betreffend „Konzernverrechnungen
über C.______-Kontokorrent“ (act. 30/1) erliess, konnte ihm – wie auch
seinen beiden Söhnen – nach Treu und Glauben das in Umsetzung dieser
Konzernweisung erfolgte Handeln der Mitarbeitenden der Buchhaltungsabteilungen
der verschiedenen X.______-Gruppengesellschaften bei Beachtung der
gebotenen Sorgfalt nicht entgangen sein (ähnlich die Nebenintervenientin in
act. 72 Rz. 219). Liessen die Herren X.______ diese Personen über
längere Zeit bei der Verrechnung und Verbuchung konzerninterner Forderungen
sowie bei der Saldoziehung, -anerkennung und -mitteilung hinsichtlich der
Kontokorrentkonten der Gruppengesellschaften gewähren, haben sie ihnen also
wiederholt erhebliche Geschäftsführungskompetenzen überlassen (wie gesehen
[E. V.] grosse rechtliche Tragweite der aufgrund der beidseitigen
Saldoanerkennungen eingetretenen Novationswirkungen), so liegt im Lichte
der vorne (E. VI.A.2c-d) zitierten Rechtsprechung und Lehre in Bezug
auf die mit der Buchhaltung befassten Personen eine konkludente Erteilung
einer (Handlungs-) Vollmacht vor. Selbst wenn man das Vorliegen einer
solchen konkludenten Bevollmächtigung verneinen würde, so wäre eine
zumindest konkludente nachträgliche Genehmigung des Handelns der vollmachtlosen
Stellvertreter (Art. 38 OR) gegeben. Dies, da die Organe der in das
Cash Management der X.______-Gruppe involvierten Gruppengesellschaften das
Cash Pooling und Konzernclearing bzw. die damit verbundenen Verrechnungen,
Verbuchungen und Saldoziehungen während längerer Zeit widerspruchslos
praktizieren liessen (vgl. die im Recht liegenden Kontoauszüge der betreffenden
Kontokorrentkonten [act. 30/10-17, 30/129-138, 30/328-338], bezüglich
welcher die Beklagte anerkannt hat [act. 40 Rz. 362], dass diese
so lauteten, wie sie von der Nebenintervenientin eingereicht wurden). Diese
Organe der involvierten Gruppengesellschaften haben somit das Cash Pooling
und Konzernclearing als rechtsgültig behandelt und dadurch ein in diesem Zusammenhang
allenfalls aufgetretenes vollmachtloses Handeln ihrer Vertreter jedenfalls
nachträglich genehmigt. Damit ist dieses in vertretungsrechtlicher Hinsicht
nicht zu beanstanden (vgl. vorne, E. VI.A.2d).
|
d)
|
Was das von der Beklagten
beanstandete allfällige Handeln in Doppelstellung von J.______ anbelangt,
gilt das soeben (E. VI.A.4a-c) zur allfälligen Doppelvertretung durch
QX.______ Gesagte ebenso. Infolge der engen konzernmässigen Verflechtung
der X.______-Gesellschaften liegt wiederum zumindest eine stillschweigende
Ermächtigung zum Handeln in Doppelstellung durch übergeordnete Organe vor,
wenn nicht in der unstrittig (act. 28 Rz. 16; act. 40
Rz. 103) von QX.______ erlassenen Konzernweisung vom 17. Oktober
1996 betreffend „Konzernverrechnungen über C.______-Kontokorrent“
(act. 30/1) gar eine ausdrückliche Ermächtigung der mit der Buchhaltung
befassten Personen zur Durchführung der aufgrund des Cash Managements erforderlichen
Rechtsgeschäfte und Verbuchungen zu erblicken ist.
|
5.
|
Zusammenfassend ist das in der
X.______-Gruppe praktizierte Cash Management wie dargelegt mit den
Gesellschaftszwecken der teilnehmenden Gruppengesellschaften konform.
Ferner ist es entgegen der Auffassung der Vorinstanz (act. 84
E. IV.6.) in vertretungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden und
ist somit in diesem Zusammenhang Art. 66 OR zum Vornherein nicht
einschlägig (entgegen der Beklagten [act. 92 Rz. 80 f.] auch
nicht ein allfälliger in dieser Rechtsnorm „niedergelegter allgemeiner
Rechtsgrundsatz“). Aber auch sonst lässt sich eine Klageabweisung in casu
nicht auf Art. 66 OR stützen. Denn gemäss der neueren bundesgerichtlichen
Rechtsprechung und der herrschenden Lehre ist die Anwendung von Art. 66 OR
auf die Fälle eigentlichen Gaunerlohnes (zur Anstiftung oder Belohnung
eines rechts- oder sittenwidrigen Verhaltens erfolgte Leistungen)
beschränkt (BGer 4A_666/2015 vom 26. April 2016, E. 3.3.; BGE 134
III 438 E. 3.2; Schulin, BSK OR I, Art. 66 N 4 f., je
m.w.H.). Eine solche Fallkonstellation liegt in casu aber offenkundig nicht
vor.
|
|
B. Verdeckte
Gewinnausschüttungen
|
|
1.
|
a) Die Vorinstanz erwog (act.
84 E. IV.4.4., 4.7.), zumindest seit dem Jahr 1998 hätten die
Gesellschaften des X.______-Konzerns und damit auch die V.______ AG, die
U.______ AG und die Nebenintervenientin durch das Konzernclearing und das
Cash Pooling der überschuldeten Beklagten Leistungen erbracht mit sehr
geringer Aussicht, das Geld je zurückzuerhalten. Die genannten
Gesellschaften hätten dieselben Leistungen einer unabhängigen
Drittgesellschaft in derselben schwierigen finanziellen Situation wie die
Beklagte mit Sicherheit nicht getätigt, da diese Leistungen in einem offensichtlichen
Missverhältnis zu möglichen Gegenleistungen der Beklagten, nämlich der
Begleichung der aus dem Konzernclearing resultierenden Forderungen, gestanden
seien. QX.______ habe das Konzernclearing mit der Beklagten als
Clearingstelle für alle Konzerngesellschaften angeordnet. Sodann habe er
aufgrund seiner Stellung als langjähriger Verwaltungsratspräsident unter
anderem der Beklagten, der V.______ AG, der U.______ AG und der
Nebenintervenientin über die tatsächliche finanzielle Situation der
Beklagten und der einzelnen Konzerngesellschaften Bescheid gewusst haben
müssen. Dennoch habe er die beteiligten Konzerngesellschaften das Konzernclearing
und das Cash Pooling im Wissen um die massiven finanziellen Probleme der
Beklagten bewusst fortführen lassen. Im Ergebnis seien somit zumindest seit
dem Jahre 1998 über das Konzernclearing und Cash Pooling unzulässige
verdeckte Gewinnausschüttungen der V.______ AG, der U.______ AG und der
Nebenintervenientin an die Beklagte erfolgt. Dass die Beklagte den
Konzerngesellschaften für ihre Guthaben offenbar Zinsen gutgeschrieben
habe, ändere daran nichts, da sich auch die Zinsgutschriften als wertlos
erwiesen hätten. Somit sei mindestens seit dem Jahr 1998 die Teilnahme der
genannten Konzerngesellschaften am Konzernclearing und Cash Pooling unzulässig
gewesen.
|
b)
|
Die Nebenintervenientin
beanstandet in ihrer Berufungsschrift (act. 87 Rz. 41 f.,
44) diese vorinstanzliche Auffassung als unzutreffend. Bei Gewährung von
Kontokorrentdarlehen sei der Schuldner (in casu die Beklagte) zur Tilgung
der Forderung verpflichtet. Soweit die Beklagte die von den
Gruppengesellschaften (Rechtsvorgängerinnen der Klägerin) gewährten
Kontokorrentdarlehen zurückzahlen müsse, fehle es an der für verdeckte
Gewinnausschüttungen erforderlichen unentgeltlichen Zuwendung. Eine
verdeckte Gewinnausschüttung läge nur vor, wenn die äussere Form des
Darlehens bloss simuliert gewesen wäre, so z.B. wenn eine
Darlehensrückzahlung überhaupt nie beabsichtigt gewesen wäre. Vorliegend
seien die Guthaben der Rechtsvorgängerinnen der Klägerin gegen die Beklagte
nicht fiktiv oder simuliert gewesen. Vielmehr habe es sich um
Kontokorrentdarlehen gehandelt, welche laufend verzinst worden seien. Die
Zinserträge seien sodann von den Rechtsvorgängerinnen der Klägerin
ordentlich besteuert worden. Es habe zivilrechtlich immer eine – damals von
allen Parteien anerkannte (seitens der Beklagten infolge der von ihr
getätigten Saldoziehungen und erstellten Kontoauszüge) und in den Büchern
ausgewiesene – Verpflichtung der Beklagten bestanden, die im Rahmen des
Konzernclearings entstandenen Verbindlichkeiten wieder zu tilgen. Zwar
hätten die Forderungen der Rechtsvorgängerinnen der Klägerin über die Jahre
zugenommen, doch seien im Rahmen des Kontokorrentverkehrs auch verschiedene
Rückzahlungen bzw. Belastungen durch die Beklagte erfolgt. Dies zeige
ebenfalls, dass die geführten Kontokorrentverhältnisse nicht bloss
simuliert gewesen seien. Selbst wenn aber mit der Vorinstanz davon
ausgegangen würde, dass zivilrechtlich verdeckte Gewinnausschüttungen
vorlagen, so hätte dies – so die Nebenintervenientin weiter (act. 87
Rz. 43 f.) – nicht zur Folge, dass die aus der Gewinnausschüttung
begünstigte Person (hier die Beklagte) die erhaltene Leistung behalten dürfe
und nichts mehr geschuldet wäre. Die Beklagte schulde als Empfängerin der
Leistung nach wie vor die Auszahlung der Kontokorrentguthaben, zudem
bestehe subsidiär eine Rückerstattungspflicht gemäss Art. 678
Abs. 2 OR. Die im Rahmen der Kontokorrentverhältnisse gewährten
Darlehen würden durch die Qualifizierung als verdeckte Gewinnausschüttung
also nicht nichtig mit der Rechtsfolge, dass nichts mehr zurückzuzahlen wäre,
sondern die Tilgung der Kontokorrentguthaben wäre erst recht geschuldet.
Die Berufung der Beklagten auf den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung
mit dem Ziel, sich als Empfängerin der Leistungen der vereinbarten
Rückzahlung zu entziehen, erfolge rechtsmissbräuchlich. Hinzu komme, dass
QX.______, Verwaltungsrat und Aktionär der Beklagten, über die finanziellen
Verhältnisse der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG
bestens Bescheid gewusst habe. Die Beklagte, welche sich dessen Wissen
anrechnen müsse, sei daher als Empfängerin der Leistungen bösgläubig
gewesen.
|
2.
|
a) Gemäss Art. 678 OR ist der
Empfänger von ungerechtfertigten Gewinnausschüttungen (Abs. 1) und von
ungerechtfertigten anderen Leistungen der Gesellschaft (Abs. 2) unter
gewissen Voraussetzungen rückerstattungspflichtig. Eine verdeckte Gewinnausschüttung
im Sinne von Art. 678 Abs. 2 OR liegt vor, wenn Leistungen der Gesellschaft
an Aktionäre, Mitglieder des Verwaltungsrates, Angehörige der Geschäftsleitung
oder diesen nahestehende Personen zur Gegenleistung und zur wirtschaftlichen
Lage der Gesellschaft in einem offensichtlichen Missverhältnis stehen sowie
verschleiert in Form eines Austauschgeschäfts daherkommen (Vogt, BSK OR II,
Art. 678 N 13; Brand, a.a.O., N 897, 928 f. m.w.H.).
Als nahestehende Personen gelten natürliche oder juristische Personen, die
dem Aktionär, dem Verwaltungsratsmitglied oder dem
Geschäftsleitungsmitglied aufgrund persönlicher, wirtschaftlicher,
rechtlicher oder tatsächlicher Begebenheiten eng verbunden sind (Brand,
a.a.O., N 932 m.w.H.). Konzerndimensional betrachtet fallen unter
diesen Begriff der nahestehenden Personen jedwelche dem Konzern zugehörige
Unternehmensträger (Brand, a.a.O., N 934 f. m.w.H.;
Meier/Siegwart, Anfechtungsklage nach revidiertem Recht – Unter besonderer
Berücksichtigung von Konzernverhältnissen, in: Sprecher, Thomas et al., Sanierung
und Insolvenz von Unternehmen V: Das neue Schweizer Sanierungsrecht, Zürich
2014, S. 64 insbesondere betreffend Transaktionen zwischen
Schwestergesellschaften [„cross-stream“]; zum Ganzen auch HGer ZH, Urteil
HG 130071 vom 8. Juni 2015, E. 5.2.1. m.w.H.).
|
b)
|
Gegenstand der verdeckten
Gewinnausschüttung sind „Leistungen“ (vgl. Art. 678 Abs. 2 OR und
Marginalie zu Art. 678 OR). In der Literatur wird der Begriff der Leistung
im Sinne von Art. 678 Abs. 2 OR als Vorgang zwischen zwei
Personen definiert, bei dem sich eine Person unter Aufwendung von Kräften
und Mitteln (Tun, Dulden, Unterlassen) so verhält, dass der zweiten Person
ein Vorteil zukommt. Der durch die Leistung bewirkte Erfolg besteht in
einer Vermögensverschiebung bzw. Veränderung in den betroffenen
Vermögensmassen. Zwischen dem Vorteil des Empfängers und dem Aufwand des
Leistenden muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Ein solcher liegt dann
vor, wenn der Aufwand des Leistenden (Tun, Dulden, Unterlassen) nicht weggedacht
werden kann, ohne dass der Vorteil beim Empfänger entfiele (zum Ganzen:
Brand, a.a.O., N 906 ff. m.w.H.; vgl. auch Vischer/ Wiesner, EF
4/16, S. 234 zum Begriff der Ausschüttung).
|
c)
|
Die Voraussetzung der fehlenden
Rechtfertigung der Leistung ist immer dann erfüllt, wenn entweder formelle
oder materielle Vorschriften betreffend Gewinnausschüttung missachtet
werden. Bei verdeckten Gewinnausschüttungen fehlt es stets an einem
Ausschüttungsbeschluss der Generalversammlung, womit bereits ein derartiger
formeller Fehler vorliegt (Brand, a.a.O., N 901; Heuberger, Die
verdeckte Gewinnausschüttung aus Sicht des Aktienrechts und des
Gewinnsteuerrechts, Diss. Bern 2001, S. 107).
|
d)
|
Das Tatbestandselement des
Missverhältnisses zwischen der Leistung der Gesellschaft und der
Gegenleistung ist erfüllt, wenn ein lediglich scheinbares Austauschgeschäft
zwischen der Gesellschaft und dem Leistungsempfänger stattfindet. D.h. die
Bedingungen dieses Geschäfts sind einseitig ausgestaltet in dem Sinne, dass
der von der Gesellschaft erbrachten Leistung keine angemessene
Gegenleistung des Empfangenden gegenübersteht. Die Gesellschaft leistet
mehr, als sie eigentlich müsste oder erhält weniger, als ihr zustehen
würde. Resultat dieser unangemessenen Ausgestaltung des Austauschgeschäfts
ist eine Nettovermögensverschiebung zuungunsten der leistenden
Gesellschaft. Bei einem Darlehen ist zwecks Feststellung des Vorliegens
eines Missverhältnisses vor allem anhand von objektiv feststellbaren
Grössen aus einer ex ante-Perspektive zu prüfen, ob dieses in dieser Form
und zu den gleichen Bedingungen auch von einem unabhängigen Dritten gewährt
worden wäre. Wichtigster Massstab sind dabei die herrschenden
Marktkonditionen. Zu untersuchen ist insbesondere, ob der
Rückforderungsanspruch als werthaltig qualifiziert werden kann (Rückzahlungsfähigkeit/Bonität
des Borgers). Als weitere relevante Kriterien zur Beurteilung des Vorliegens
von Drittbedingungen bei Darlehen werden in der Lehre genannt: Zinszahlungspflicht
und -höhe (strittig), Besicherung, Laufzeit, Kündigungsgründe und -fristen.
Im Konzernverbund stellt sich bei Vorliegen eines Missverhältnisses
zwischen Leistung und Gegenleistung ferner die Frage, ob dieses durch
indirekte, sich aus der Konzernzugehörigkeit ergebende Vorteile (z.B.
günstigere Finanzierungskonditionen, geringere Zahlungsverkehrskosten)
aufgewogen werden kann. Die herrschende Lehre bejaht dies. Massgebender
Zeitpunkt für die Bestimmung des Missverhältnisses ist der Zeitpunkt des
Vertragsschlusses bzw. bei Fehlen eines solchen des Gesellschaftsbeschlusses
(vgl. zum Ganzen: Glanzmann/Wolf, GesKR 2014, S. 267 ff.; Vogt, BSK OR II, Art. 678 N 14; Brand,
a.a.O., N 905, 914 ff.; Meier/Siegwart, a.a.O.,
S. 66 f.; Reutter/Bazzi, a.a.O., S. 212 f.;
Maurer/Handle, GesKR 2013, S. 292 f., 297; Glanzmann/Wolf,
ST 3/15, S. 133 f., je m.w.H., wobei die Auffassungen der
zitierten Autoren in Einzelfragen teilweise differieren).
|
e)
|
Offensichtlich im Sinne von
Art. 678 Abs. 2 OR ist dieses Missverhältnis zwischen Leistung
und Gegenleistung nur dann, wenn ohne tiefgehende Prüfung augenfällig ist,
dass die erbrachte Leistung der Gesellschaft nicht adäquat abgegolten wird
bzw. wenn sich für das fragliche Geschäft keine vernünftige wirtschaftliche
Begründung finden lässt (Vogt, BSK OR II, Art. 678 N 17
m.w.H.; Brand, a.a.O., N 920, 922). Eine Darlehensgewährung kann somit
erst dann als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert werden, wenn zum
Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses davon ausgegangen werden musste, dass
der Rückforderungsanspruch sehr wahrscheinlich nicht mehr erhältlich sein
wird (Meier/Siegwart, a.a.O., S. 67 m.w.H.).
|
f)
|
Nach dem Wortlaut von
Art. 678 Abs. 2 OR wird weiter vorausgesetzt, dass die Leistung
der Gesellschaft in einem offensichtlichen Missverhältnis zu ihrer wirtschaftlichen
Lage steht. Dies stellt jedoch keine eigenständige
Tatbestands-voraussetzung von Art. 678 Abs. 2 OR dar. Dem Kriterium der
wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft kommt nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung vielmehr Bedeutung für das Ermessen zu,
das den Gesellschaften zugebilligt wird. Es fällt in die wirtschaftliche
Entscheidungsfreiheit der Gesellschaften, ob sie günstigere oder weniger
günstige Varianten bevorzugen oder sich gegenüber ihren Geschäftspartnern
grosszügig oder kleinlich zeigen. Sanktioniert wird sowohl bei
finanzstarken als auch bei finanzschwachen Gesellschaften nur die
Überschreitung des Ermessens, wobei der Ermessensspielraum bei
wirtschaftlich guten Verhältnissen grösser ist (BGE 140 III 602, E. 9.3.1;
Maurer/Handle, GesKR 2013, S. 297 f.; Böckli, Schweizerisches
Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich 2009, N 557; zum Ganzen auch HGer
ZH, HG 130071 vom 8. Juni 2015, E. 5.2.3. m.w.H.).
|
g)
|
Schliesslich setzt Art. 678
Abs. 2 OR Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers voraus. Am guten Glauben
fehlt es aber regelmässig, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind
(BGE 140 III 602, E. 10.1; HGer ZH, Urteil HG 130071 vom 8. Juni 2015,
E. 5.2.4. m.w.H.).
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3.
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a) Nach der – hier als
bewiesen angenommenen (E. V.A.2.) – Sachverhaltsdarstellung der
Nebenintervenientin zog die Beklagte per 30. November 2003
hinsichtlich der von ihr im Rahmen des Konzernclearings u.a. für die
Nebenintervenientin, die V.______ AG und die U.______ AG geführten
Kontokorrentkonten letztmals die Salden und die genannten
Gruppengesellschaften anerkannten diese, je Guthaben zu ihren Gunsten
aufweisenden Salden von CHF 105‘094‘262.53 (Nebenintervenientin, u.a.
act. 28 Rz. 32 f., zur im Dezember 2003 erfolgten Reduktion
des Guthabens um CHF 600‘000.– vgl. act. 28 Rz. 35),
CHF 43‘905‘773.74 (V.______ AG, u.a. act. 28 Rz. 290,
zusätzlich wird Zins vom 1. Dezember 2003 bis 5. Dezember 2003
von CHF 13‘720.55 geltend gemacht, act. 28 Rz. 291) und
CHF 16‘975‘765.13 (U.______ AG, u.a. act. 28 Rz. 297, zzgl.
Zins vom 1. Dezember 2003 bis 5. Dezember 2003 von
CHF 5‘304.93, act. 28 Rz. 299). Unter Annahme der genannten
Saldoziehungen und -anerkennungen fanden somit Novationen früherer
Kontokorrentforderungen statt (vgl. im Einzelnen vorne, E. V.E.-F.).
Die auf diese Weise neu entstandenen Guthaben der Nebenintervenientin, der
V.______ AG und der U.______ AG gegen die Beklagte aus Kontokorrent sind
rechtlich als Darlehensgewährungen der Ersteren an Letztere zu
qualifizieren (vorne, E. V.F.5.). Aufgrund der unstrittigen
(act. 28 Rz. 10; act. 40 Rz. 99; act. 72
Rz. 187) konzernmässigen Verbundenheit der vier Gesellschaften stellt
die Beklagte zweifellos eine den Aktionären und Verwaltungsratsmitgliedern
der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG nahestehende
Person im Sinne von Art. 678 Abs. 1 OR dar. Die
Darlehensgewährungen fallen sodann unter den Leistungsbegriff von
Art. 678 Abs. 2 OR: Indem die drei soeben genannten Teilnehmergesellschaften
auf eine sofortige Geltendmachung bzw. Tilgung der zu ihren Gunsten
entstandenen Kontokorrentforderungen gegen die Beklagte als zentrale Abrechnungsstelle
im Konzernclearing der X.______-Gruppe verzichten, tätigen sie Aufwand
(durch Unterlassen) zum Vorteil der Beklagten (bei ihr ausbleibender Geldabfluss;
vgl. vorne, E. VI.B.2b). Vermögen, das eigentlich den drei genannten
Teilnehmergesellschaften gehört, wird in Form von Darlehen bei der
Beklagten belassen. Mit anderen Worten erfolgt mit den Darlehensgewährungen
eine Vermögensverschiebung von der Nebenintervenientin, der V.______ AG und
der U.______ AG hin zur Beklagten (so auch die Vorinstanz in act. 84
E. IV.4.4.; vgl. auch – indes allein bezogen auf das Cash Pooling,
nicht auf das Konzernclearing: Jagmetti, a.a.O., S. 197). Unter den
eingangs dieses Abschnitts getroffenen Sachverhaltsannahmen unzutreffend
ist daher der Standpunkt der Beklagten (vgl. v.a. act. 40
Rz. 274-314 act. 92 Rz. 40), es lägen verdeckte Gewinnausschüttungen
in entgegengesetzter Richtung, d.h. zu ihren Lasten vor (vgl. auch Brauchli
Rohrer/Hünerwadel, GesKR 2010, S. 155, wonach die Darlehensaufnahme
rechtlich unproblematisch ist, wohingegen sich die Frage des Vorliegens
einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Darlehensvergabe
stellt). Anzufügen bleibt, dass in Bezug auf das Verbot der
Einlagenrückgewähr (Art. 680 Abs. 2 OR) ebenfalls das Kriterium
der Vermögensverschiebung entscheidend ist (vgl. Vogt, BSK OR II,
Art. 680 N 22). Wie soeben dargelegt, erfolgten diese
Vermögensverschiebungen in casu von der Nebenintervenientin, der V.______
AG und der U.______ AG hin zur Beklagten und nicht in die entgegengesetzte
Richtung. Demnach liegt entgegen der Beklagten (act. 40
Rz. 274 ff.) im Zusammenhang mit den eingeklagten Forderungen
auch keine verbotene Einlagenrückgewähr zu ihren Lasten vor (zur
Thematik in umgekehrter Richtung vgl. hinten, E. VI.B.4b-c, 5d).
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b)
|
Die Parteien stimmen darin
überein, dass die Beklagte jedenfalls seit dem Jahr 1998 überschuldet war
und diese Überschuldung bei ordnungsgemässer Bilanzierung (selbst unter
Berücksichtigung von Aufwertungsreserven) in den Jahren 2002 und 2003 mehr
als eine Milliarde Schweizer Franken betrug (act. 40 Rz. 295; act. 87
Rz. 40, 81 ff.; vgl. auch die von der Nebenintervenientin in
ihrer Berufungsschrift [act. 87] nicht beanstandeten vorinstanzlichen
Erwägungen in act. 84 E. IV.4.1. m.w.H.).
|
c)
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Die Beklagte verfügte somit im
hier relevanten Zeitraum (November/ Dezember 2003) über eine äusserst
schlechte Bonität. Demzufolge war für die Nebenintervenientin, die V.______
AG und die U.______ AG im Moment der Darlehensgewährungen (Saldoanerkennungen)
im November/Dezember 2003 die Wahrscheinlichkeit erkennbar äusserst gering,
von der Beklagten die gewährten Darlehensvaluten jemals getilgt zu erhalten
(Auszahlung der Kontokorrentguthaben; vgl. auch act. 87 Rz. 40,
wo die Nebenintervenientin selber ausführt, die Tilgung der aufgelaufenen
Kontokorrentschulden durch die Beklagte sei ab Ende 1998 allmählich
gefährdet gewesen). Ein Dritter hätte der Beklagten derartige nicht
werthaltige Darlehen im November/Dezember 2003 folglich objektiv betrachtet
offensichtlich gar nicht erst gewährt (vgl. auch Meier/Siegwart, a.a.O.,
S. 66 m.w.H.). Sodann musste gemäss gutachterlicher Feststellung
(act. 41/34 S. 6) der damalige äusserst schlechte finanzielle
Zustand der Beklagten den – überwiegend ohnehin personell identischen (vgl.
act. 41/5/1-2, 41/5/6-7; vgl. auch vorne, E. VI.A.4a f.) –
Organen der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG
bekannt sein (nur teilweise zutreffend somit die Nebenintervenientin in
act. 87 Rz. 40, wonach „höchstens die Herren X.______“ über die Gefährdung
der Rückzahlung der Kontokorrentguthaben gewusst hätten). Umgekehrt
bedeutet diese weitgehende personelle Identität der leitenden Organe der
involvierten Gesellschaften der X.______-Gruppe aber auch, dass seitens der
Beklagten als Leistungsempfängerin ebenfalls Bösgläubigkeit vorliegt (so
auch die Nebenintervenientin in act. 87 Rz. 44).
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d)
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Im Übrigen hätten die drei
Teilnehmergesellschaften Nebenintervenientin, V.______ AG und U.______ AG
angesichts der äusserst schlechten Bonität der Beklagten vergleichsweise
hohe Zinsen verlangen müssen und es hätte sich aus deren Sicht aufgedrängt,
kurze Kündigungsfirsten sowie eine Besicherung zu vereinbaren (Maurer/Handle,
GesKR 2013, S. 292 f.). Vorliegend hat jedoch insbesondere keine
Partei vorgebracht, dass eine Besicherung der beträchtlichen, per
30. November 2003 bestehenden Kontokorrentguthaben erfolgt wäre.
Betreffend Zins hat die Nebenintervenientin behauptet, dieser habe in Bezug
auf die U.______ AG und die V.______ AG 2.25 % betragen (betreffend
U.______ AG vgl. explizit act. 28 Rz. 299; betreffend V.______ AG
implizit act. 28 Rz. 181; strittig, vgl. act. 40
Rz. 472-490). Damit handelt es sich angesichts der per
30. November 2003 äusserst schlechten Bonität der Beklagten schon nach
eigener Darstellung der Nebenintervenientin offenkundig nicht um einen risikoadäquaten
Zinssatz. Dies zeigt bereits der Umstand (bekannte Tatsache im Sinne von
Art. 151 ZPO), dass gemäss den Merkblättern der Eidgenössischen
Steuerverwaltung betreffend „Zinssätze für die Bewertung der geldwerten
Leistungen“ vom 20. Januar 2003 und vom 20. Januar 2004 (abrufbar
unter www.estv.admin.ch) für die Jahre 2003 bzw. 2004 für – nicht
besonderes risikoreiche – Darlehen allein schon steuerrechtliche
Mindestzinssätze von 2.25 % bzw. 2.5 % in Anschlag zu bringen
waren.
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e)
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Angesichts der sehr grossen
Überschuldung der Beklagten und der hohen Darlehensbeträge im Zeitpunkt der
hier relevanten Darlehensgewährungen (November/Dezember 2003) konnten die
Nebenintervenientin, die V.______ AG und die U.______ AG zudem damals auch
nicht davon ausgehen, dass sie in einem das Leistungsmissverhältnis
zumindest einigermassen ausgleichenden Umfang von besonderen, aus der
Einbettung in die X.______-Gruppe bzw. der Teilnahme am Cash Management der
X.______-Gruppe resultierenden Vorteilen (z.B. günstige Finanzierungskonditionen,
tiefere Zahlungsverkehrskosten, vgl. auch die Vorbringen der Nebenintervenientin
in act. 28 Rz. 13, 15) werden profitieren können (vgl. auch Meier/Siegwart,
a.a.O., S. 68). Dies, zumal der Zusammenbruch der X.______-Gruppe zum
fraglichen Zeitpunkt kurz bevorstand und sich somit für die Gebrüder
OX.______ und PX.______ bereits abzeichnete bzw. jedenfalls abzeichnen
musste (vgl. act. 41/34 S. 6 sowie act. 15/1;
act. 41/8; act. 40 Rz. 129 f., unstrittig, vgl.
act. 72 Rz. 200 f.). Daher fällt auch ein Konzernvorteil im
Sinne eines Am-Leben-Erhaltens einer Gruppengesellschaft, welche für den
Konzern unersetzbare Funktionen wahrnimmt o.ä. (Erbringung der nachteiligen
Leistung zur Verhinderung des Eintrittes noch grösserer Nachteile, vgl.
Meier/Siegwart, a.a.O., S. 68 f.) ausser Betracht.
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f)
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Im Lichte der vorstehend
zitierten Rechtsprechung und Lehre (vgl. E. VI.B.2.) sind die
eingeklagten Forderungen nach dem Gesagten – derart schlechte Bonität der
Beklagten im November/Dezember 2003, sodass sie damals von unabhängigen
Dritten offensichtlich überhaupt keine Darlehen mehr erhalten hätte und
Nichtvorhandensein kompensierender Faktoren – in vollem Umfang als
unzulässige verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne von Art. 678
Abs. 2 OR zu qualifizieren (vgl. auch Blum, GesKR 2014, S. 467
i.V.m. Fn. 3 des Artikels, sowie – für das Cash Pooling – Jagmetti,
a.a.O., S. 197 m.w.H.). Dass rechtlich eine von allen Parteien
anerkannte Verpflichtung bestanden haben mag, die im Rahmen des
Konzernclearings entstandenen Verbindlichkeiten wieder zu tilgen (so die
Nebenintervenientin, act. 87 Rz. 42), ändert daran angesichts der
offensichtlichen Unausgeglichenheit dieser im November/Dezember 2003
vollzogenen Rechtsgeschäfte nichts. Nachstehend ist daher zu prüfen, welche
Rechtsfolgen diese Qualifikation als verdeckte Gewinnausschüttungen zeitigt.
|
4.
|
a) Verdeckte
Gewinnausschüttungen sind wegen Verstosses gegen zwingende formelle
(Art. 731 Abs. 1 OR) und unter Umständen auch materielle
Ausschüttungsvorschriften (Art. 671 ff. OR) nichtig bzw.
teilnichtig im Sinne von Art. 20 OR. Gestützt auf Art. 20
Abs. 2 OR ist der abgeschlossene, einseitig zuungunsten der
Gesellschaft ausgestaltete Vertrag so anzupassen, dass das Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung korrigiert wird, sofern anzunehmen ist,
die Parteien hätten ihn zu diesen Bedingungen überhaupt abgeschlossen.
Anderenfalls ist er vollumfänglich nichtig (Meier/Siegwart, a.a.O.,
S. 65; Jagmetti, a.a.O., S. 193 f., je m.w.H.). Der
Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung, d.h. insbesondere Aktionäre,
Verwaltungsratsmitglieder sowie ihnen nahestehende Personen oder
Gesellschaften, sind jedenfalls im Ausmass des Missverhältnisses zwischen
Leistung und Gegenleistung zur Rückerstattung an die Gesellschaft verpflichtet
(Art. 678 Abs. 2 OR; Vogt, BSK OR II, Art. 678
N 29 f.; BGer 4A_195/2014 vom 27. November 2014 E. 12). Die
Rückleistungspflicht wird im Zeitpunkt der ungerechtfertigten Leistung
fällig (Vogt, BSK OR II, Art. 678 N 31) und die
Rückerstattungsforderung verjährt nach fünf Jahren seit dem Empfang der
Leistung (Art. 678 Abs. 4 OR). Im Verhältnis zur Klage aus
allgemeinem Bereicherungsrecht (Art. 62 ff. OR) geht die
Rückerstattungsklage nach Art. 678 Abs. 2 OR als lex specialis
Ersterer vor (Vogt, BSK OR II, Art. 678 N 34c).
|
b)
|
In Art. 680 Abs. 2 OR
ist das Verbot der Einlagenrückgewähr verankert. Nach dieser Norm steht dem
Aktionär kein Recht zu, den für die Liberierung seiner Aktien eingezahlten
Betrag zurückzufordern. Daraus leitet die Rechtsprechung ein Kapitalrückzahlungsverbot
ab, welches auch die Gesellschaft bindet. Ausser bei der Herabsetzung des
Aktienkapitals nach Art. 732 ff. OR ist die Rückzahlung von Aktienkapital
an einen Aktionär unzulässig und ein gleichwohl ausbezahlter Betrag muss
zurückerstattet werden. Bei Darlehen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaft
(sog. up-stream-Darlehen) wie auch bei solchen an Schwestergesellschaften
(sog. cross-stream-Darlehen) stellt sich insbesondere die Frage, ob unter
dem Deckmantel eines Darlehens in Wirklichkeit (direkt bzw. indirekt) eine
Ausschüttung von geschütztem Eigenkapital an die Aktionärin erfolgt und
damit gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstossen wird. Nach der
herrschenden Lehre verstösst ein nicht durch freies, sondern nur noch durch
geschütztes Kapital gedecktes Darlehen dann gegen das Verbot der
Einlagenrückgewähr, wenn entweder nie eine ernst zu nehmende Rückzahlungsabsicht
bestand oder der Borger von Anfang an nicht in der Lage war, das Darlehen
zurückzuzahlen. Zu Marktkonditionen gewährte Darlehen erachtet die herrschende
Lehre demgegenüber im Hinblick auf den Kapitalschutz als zulässig. Gemäss
dem Bundesgericht ist hingegen jedes nicht zu Markt- bzw. Drittbedingungen
ausgerichtete Darlehen an eine Mutter- oder Schwestergesellschaft
unabhängig von einem allfälligen Rückzahlungswillen – soweit es nicht durch
freie Eigenmittel gedeckt ist – als verbotene Einlagenrückgewähr zu
qualifizieren (zum Ganzen: Vogt, BSK OR II, Art. 680 N 22; BGE
140 III 533 E. 4.1 f., je m.w.H.).
|
c)
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Rechtsgeschäfte, die gegen das
Verbot der Einlagenrückgewähr verstossen, sind ebenfalls im Sinne von
Art. 20 OR als nichtig oder zumindest teilnichtig zu qualifizieren
(Meier/Siegwart, a.a.O., S. 71 f. m.w.H.). Es besteht eine
entsprechende Rückleistungspflicht des Leistungsempfängers gegenüber der
Gesellschaft (Vogt, BSK OR II, Art. 680 N 17b), wobei die
Rechtsnatur dieser Rückleistungspflicht in der Lehre umstritten ist: Nach
älterer und wohl überwiegender Lehre hat ein Verstoss gegen das Verbot der
Einlagenrückgewähr zur Folge, dass der Liberierungsanspruch der leistenden
Gesellschaft wieder auflebt. Umstritten ist dabei, ob bei einer indirekten
Rückgewähr an einen nahestehenden Dritten – im Konzern z.B. wenn
Leistungsempfängerin bei der zulasten des Grundkapitals vorgenommenen
Transaktion nicht die Muttergesellschaft und damit die Aktionärin selbst,
sondern eine Schwestergesellschaft der leistenden Gesellschaft ist – gegen
diesen Dritten ebenfalls ein Anspruch auf Liberierung oder aber bloss ein
solcher aus ungerechtfertigter Bereicherung besteht (Vogt, BSK OR II,
Art. 680 N 26, 29; Roth, Sanierungsdarlehen.
Nachrang – Gleichrang – Vorrang, Basler Studien zur
Rechtswissenschaft, Reihe A: Privatrecht, Bd. 93, Basel 2009
[nachfolgend zitiert als „Diss.“], S. 366; Meier/Siegwart,
a.a.O., S. 71 f., je m.w.H.; im Falle der Übertragung von Fahrnis
oder von Grundstücken ist sodann eine Eigentumsklage nach Art. 641 ZGB
möglich). Zudem ist in der Lehre umstritten, ob es sich beim Liberierungsanspruch
um eine unverjährbare Forderung handelt oder ob die zehnjährige Verjährungsfrist
von Art. 127 OR gilt (vgl. Vogt, BSK OR II, Art. 680
N 26). Das Bundesgericht hat vereinzelt ebenfalls ein Wiederaufleben
der Liberierungspflicht angenommen (so in BGE 109 II 128 und in SJ 1996
150), wobei es aber immer um Fälle einer Scheinliberierung ging, in denen
der Liberierungsbetrag unmittelbar nach Liberierung wieder zurückbezahlt
wurde. In anderen Fällen hielt es dagegen bloss fest, dass eine solche
Ausschüttung „zurückerstattet“ werden muss (BGE 140 III 533 E. 4.1)
bzw. scheint es Bereicherungsrecht anwenden zu wollen (BGer 4A_666/2015 vom
26. April 2016, E. 3.3.; vgl. zum Ganzen: Kägi, Kapitalerhaltung
als Ausschüttungsschranke – Grundlage, Regelung und Zukunft im Aktienrecht,
Diss., SSHW Nr. 309, Zürich/St. Gallen 2012, § 9
N 24 f. m.w.H.). Die neuere Lehre lehnt die Auffassung ab, wonach
Rechtsfolge verbotener Einlagenrückgewähr das Wiederaufleben der Liberierungspflicht
sei. Vielmehr wird postuliert, stattdessen bestehe ein Rückerstattungsanspruch
gestützt auf Art. 678 OR bei jeglicher Art der Verletzung der Kapitalerhaltung
bzw. sei Art. 678 OR in Fällen verbotener Einlagenrückgewähr zumindest
analog anzuwenden (vgl. ausführlich Kägi, a.a.O., § 9 N 26-35;
Dürr, Rückerstattungsklage nach Art. 678 Abs. 2 OR im System der
unrechtmässigen Vermögensverlagerungen, Diss., SSHW Nr. 245,
Zürich/St. Gallen 2006, § 5 N 45 ff.; Reutter/Bazzi,
a.a.O., S. 223 f., je m.w.H.).
|
5.
|
a) Nachdem in casu die
eingeklagten Forderungen in vollem Umfang als verdeckte
Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind (vgl. soeben,
E. VI.B.3a-f), erweisen sich die zugrundeliegenden Rechtsgeschäfte als
nichtig. Die Nebenintervenientin, die V.______ AG und die U.______ AG
verfügen – unter der Annahme, dass die entsprechenden Saldoziehungen und
-anerkennungen bewiesen sind – in Höhe der eingeklagten Guthaben aus dem
Konzernclearing über – ohne Weiteres an Dritte veräusser- bzw. abtretbare
(vgl. Art. 164 Abs. 1 OR) – Rückerstattungsansprüche gegen die Beklagte
(Art. 678 Abs. 2 OR; vgl. soeben, E. VI.B.4a).
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b)
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Zu prüfen ist, wie es sich
vorliegend mit der in Art. 678 Abs. 4 OR statuierten, fünfjährigen
Verjährungsfrist verhält. Wie bereits erwähnt (vgl. E. VI.B.4a),
beginnt diese Verjährungsfrist mit dem Empfang der als verdeckte
Gewinnausschüttung zu qualifizierenden Leistung zu laufen. In casu wäre
dies der Zeitpunkt des Eintritts der Novationswirkungen nach beidseitiger
Anerkennung der per 30. November 2003 gezogenen Kontokorrentsalden.
Zum Vornherein steht die fragliche Verjährungsfrist während der Dauer der
Nachlassstundung der Beklagten still (Art. 297 Abs. 1 Satz 2
SchKG [bis 31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung]). Inwieweit
in der Folge nach gerichtlicher Bestätigung des Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung
der Beklagten am 17. Juni 2004 (act. 41/9) die Verjährung lief
(vgl. Art. 308 Abs. 2 SchKG [bis 31. Dezember 2013 in Kraft
gestandene Fassung]) oder aber stillstand oder unterbrochen wurde (vgl.
Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR i.V.m. Art. 319 Abs. 2
SchKG, wonach nach Bestätigung des Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung
eine Schuldbetreibung nur für Masseschulden möglich ist
[Bauer/Hari/Jeanneret/Wüthrich, BSK SchKG II, Art. 319
N 21 ff.]), kann aber offen bleiben:
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c)
|
Denn die Beklagte erhob in Bezug
auf den in Frage stehenden Rückforderungsanspruch gemäss Art. 678
Abs. 2 OR weder im vorinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren
die Einrede der Verjährung. Sie machte auch an keiner Stelle geltend, vor-
oder ausserprozessual die Verjährungseinrede erhoben zu haben (vgl.
act. 40, 60, 92). Ihr Vorbringen in der Berufungsantwort (act. 92
Rz. 67), sofern zivilrechtlich eine Forderung gegen sie vorliegen
sollte, wäre die Geltendmachung ein widersprüchliches Verhalten, stellt
keine gültige Einrede der Verjährung dar, muss eine solche doch
ausdrücklich erfolgen und bestimmt sein (Däppen, BSK OR I,
Art. 142 N 3; Killias/Wiget, CHK OR, Art. 142 N 2; BGE
101 Ib 348). Sodann hat die Beklagte in der Berufungsantwort (act. 92
Rz. 82) zwar bezüglich des quasi eventualiter von der
Nebenintervenientin geltend gemachten Rückerstattungsanspruchs aus ungerechtfertigter
Bereicherung im Sinne von Art. 62 ff. OR (vgl. act. 87
Rz. 80) unter Bezugnahme auf Art. 67 OR entgegnet, dieser
Anspruch sei verjährt. Mit dieser insoweit gehörig erfolgten Einrede beruft
sich die Beklagte aber nur betreffend dieses einen bestimmten Anspruchs aus
ungerechtfertigter Bereicherung auf die Verjährung. Diese punktuelle
Verjährungseinrede ist in Bezug auf den hier interessierenden, sich aus
Art. 678 OR ergebenden Anspruch auf Rückerstattung verdeckter
Gewinnausschüttungen nicht zu berücksichtigen (BGer 4A_210/2010 vom
1. Oktober 2010, E. 7.1; BGer 4A_56/2008 vom 8. Oktober
2009, E. 9.2; Killias/Wiget, CHK OR, Art. 142 N 4).
|
d)
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Das Gericht darf die Verjährung
nicht von Amtes wegen berücksichtigen (Art. 142 OR). Die Einrede der
Verjährung muss form- und fristgerecht innerhalb der von der zivilprozessualen
Eventualmaxime festgelegten Grenze erhoben werden (Däppen, BSK OR I,
Art. 142 N 4; Killias/Wiget, CHK OR, Art. 142 N 2).
Vorne wurde erwogen (E. II.E.), dass die Parteien im vorliegenden
Kollokationsprozess nicht nur in der Klagebegründung bzw. Klageantwort,
sondern auch in der Replik bzw. Duplik unbeschränkt neue Tatsachen
vorbringen dürfen. Indes hat die Vorinstanz in casu keinen vollständigen
doppelten Schriftenwechsel durchgeführt, sondern den Prozess zunächst auf
die Frage der Aktivlegitimation beschränkt und alsdann nach Verbreiterung
des Prozessthemas bereits nach erstatteter Replik ein die Klage abweisendes
Urteil gefällt (vgl. act. 49, 56, 67, 74, 84). Betrachtet man einzig
abstrakt diesen Verfahrensablauf, so wäre die Beklagte im Falle einer
Rückweisung der Sache an die Vorinstanz an sich durchaus befugt, in der
diesfalls einzuholenden Duplik in Bezug auf den Rückerstattungsanspruch der
Klägerin gemäss Art. 678 OR noch die Einrede der Verjährung zu
erheben. Nachdem allerdings die Vorinstanz ihr die Kollokationsklage abweisendes
Urteil unter anderem unter Bezugnahme auf das Konzept der verdeckten
Gewinnausschüttung stützte (act. 84 v.a. E. IV.4.4.) und die
Nebenintervenientin in ihrer Berufung geltend machte (act. 87
Rz. 43), es beständen aufgrund von Art. 678 Abs. 2 OR selbst
bei Bejahung des Vorliegens solcher verdeckten Gewinnausschüttungen
entsprechende Rückerstattungsansprüche, hätte die Beklagte diesbezüglich
die Einrede der Verjährung nach Treu und Glauben (Art. 2 Abs. 1
ZGB) in der Berufungsantwort (act. 92) vorbringen müssen. Da dies aber
unterblieb, ist im prozessualen Verhalten der Beklagten im Berufungsverfahren
ein Verzicht auf die Erhebung der fraglichen Verjährungseinrede zu erblicken
(BGE 113 II 264 E. 2e; Killias/Wiget, CHK, Art. 142 N 5).
Ein späteres Vorbringen der Verjährungseinrede durch die Beklagte nach
erfolgter Rückweisung wäre zufolge widersprüchlichen Verhaltens offenkundig
rechtsmissbräuchlich (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Die – unter der
Annahme, dass die entsprechenden Saldoziehungen und -anerkennungen bewiesen
sind – in Höhe der eingeklagten Guthaben aus dem Konzernclearing
bestehenden Rückerstattungsansprüche der Klägerin als Rechtsnachfolgerin
der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG gegen die
Beklagte (vgl. soeben, E. VI.B.5a) sind somit keinesfalls infolge
Verjährung untergegangen.
|
e)
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Schliesslich ist zu klären, in
welchem Verhältnis die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen zum
Verbot der Einlagenrückgewähr (Art. 680 Abs. 2 OR) stehen. Die in
der neueren Lehre vermehrt geäusserte Auffassung, wonach Art. 678 OR
die umfassende, einheitliche Rechtsgrundlage zur Rückforderung
ungerechtfertigter Ausschüttungen darstellt bzw. auch bei Vorliegen
verbotener Einlagenrückgewähr Art. 678 OR anstelle eines
Wiederauflebens der Liberierungspflicht und anstelle des Bereicherungsrechts
zumindest analog anzuwenden ist (vgl. vorne, E. VI.B.4c), überzeugt.
Insbesondere ist nämlich ein Wiederaufleben der Liberierungspflicht
gesetzlich nirgends auch nur ansatzweise vorgesehen, wohingegen mit
Art. 678 Abs. 2 OR eine ausdrückliche Rechtsgrundlage betreffend
Rückerstattung ungerechtfertigter Ausschüttungen und dergleichen vorliegt.
Da somit das Gesetz positiv eine spezifische Lösung für die entsprechende
Rückerstattungsfrage vorsieht, bleibt kein Raum, daneben in Bezug auf die
verbotene Einlagenrückgewähr in richterlicher Rechtsschöpfung eine andere
Rechtsnatur des Rückforderungsanspruchs (Wiederaufleben der Liberierungspflicht;
Bereicherungsrecht) zu postulieren (vgl. weiterführend die eingehenden und
überzeugenden Argumentationen von Dürr, a.a.O., § 5 N 50 f.,
und Kägi, a.a.O., § 9 N 26-35). Da somit – unter der Annahme
bewiesener Saldoziehungen und -anerkennungen – in vollem Umfang der
eingeklagten Forderungen ein Rückforderungsanspruch der Klägerin als
Rechtsnachfolgerin der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der
U.______ AG gegen die Beklagte gemäss Art. 678 Abs. 2 OR besteht,
kann offen bleiben, ob in einem grösseren oder kleineren Teilbetrag der eingeklagten
Forderungen zudem Verstösse gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr im
Sinne von Art. 680 Abs. 2 OR vorliegen. Selbst wenn also die
Beklagte nach erfolgter Rückweisung der Sache an die Vorinstanz in Bezug
auf das Verbot der Einlagenrückgewähr noch irgendwelche
Tatsachenbehauptungen äussern würde (insbesondere dass die im November/Dezember
2003 von der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG an
die Beklagte gewährten Darlehen – wenn überhaupt – nur noch durch im Sinne
von Art. 680 Abs. 2 OR geschütztes Kapital gedeckt waren), wären
diese Vorbringen irrelevant.
|
6.
|
Zusammenfassend ist der
Vorinstanz (act. 84 E. IV.4.1.-4.7.) zwar darin beizupflichten,
dass – unter der Annahme bewiesener Saldoziehungen und -anerkennungen – in
Bezug auf die eingeklagten Forderungen verdeckte Gewinnausschüttungen von
der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG an die
Beklagte vorliegen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kollokationsklage
deswegen abzuweisen wäre. Vielmehr bestehen unter der soeben getroffenen
Sachverhaltsannahme aufgrund von Art. 678 Abs. 2 OR im Umfang
der eingeklagten Forderungen – nicht verjährte – Rückerstattungsansprüche
der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG, welche im
Übrigen ohne Weiteres an die Klägerin veräusser- bzw. abtretbar sind
(Art. 164 OR). Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob sich die Beklagte
als Empfängerin der Leistungen rechtsmissbräuchlich auf den Tatbestand der
verdeckten Gewinnausschüttung beruft (so die Nebenintervenientin,
act. 87 Rz. 43).
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C. Eigenkapitalersatzrecht
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1.
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Die Vorinstanz erwog
(act. 84 E. IV.5.), die behaupteten Ansprüche der Nebenintervenientin,
der V.______ AG und der U.______ AG gegenüber der (überschuldeten) C.______
AG aus dem Cash Management seien als Sanierungsdarlehen zu qualifizieren.
Was die Rechtsfolge anbelange, werde in der Doktrin einerseits vertreten,
dass solche Darlehen in eine Kapitaleinlage umzuqualifizieren sind, und
andererseits, dass sie zwar in der dritten Klasse zu kollozieren sind,
jedoch als rangrücktrittsbelastete Forderung (faktische vierte Klasse).
Unabhängig davon, welcher dieser Auffassungen man folge, sei jedenfalls die
mit der Klage verlangte vorbehaltlose Kollokation in der dritten Klasse
ausgeschlossen und die Klage deshalb abzuweisen.
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2.
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Die Nebenintervenientin rügt
diesbezüglich in ihrer Berufung (act. 87 Rz. 18, 61 ff.),
die von der Vorinstanz zur Begründung der Klageabweisung herangezogenen Konstrukte
des kapitalersetzenden Darlehens bzw. des konkludenten Rangrücktritts gebe
es im Schweizer Recht nicht. Gemäss dem Bundesgericht sei nach geltendem
Recht eine Umqualifikation von Aktionärsdarlehen in Eigenkapital nicht
möglich. Auch bestehe keine gesetzliche Grundlage für einen konkludenten
Rangrücktritt, sondern vielmehr habe sich der Gesetzgeber bewusst gegen
dieses Konstrukt ausgesprochen. Im Übrigen handle es sich bei den hier in
Frage stehenden Darlehen nicht um Aktionärsdarlehen, da keine der
darlehensgebenden Gesellschaften direkt oder indirekt an der Beklagten
beteiligt gewesen sei. Auch aus diesem Grund könne es sich bei den genannten
Darlehen nicht um kapitalersetzende Darlehen bzw. Darlehen mit konkludentem
Rangrücktritt handeln.
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3.
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Es trifft zu, dass das
Bundesgericht das Konzept einer Umqualifizierung von (Aktionärs-) Darlehen
in eine Kapitaleinlage abgelehnt sowie offen gelassen hat, ob der Ansatz
des konkludenten Rangrücktritts mit dem geltenden Aktien- und Konkursrecht
vereinbar ist (BGer 5C.226/2005 vom 2. März 2006, E. 3 f.).
Auch vorliegend braucht diese Frage nicht geklärt zu werden. Denn würde man
– bei Annahme bewiesener Saldoziehungen und -anerkennungen – in Bezug auf
die von der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG im
November/Dezember 2003 gewährten Darlehen eine solche konkludente
Nachrangigkeit bejahen, so stände diese im Widerspruch zum vorne
(E. VI.B.5.-6.) festgestellten Rückerstattungsanspruch der drei darlehensgewährenden
Gesellschaften aus verdeckter Gewinnausschüttung (Art. 678 Abs. 2
OR). In einem solchen Kollisionsfall hat jedoch nach der herrschenden Lehre
das modo legislatoris entwickelte Kapitalersatzrecht (Umqualifizierung in
Kapitaleinlage; konkludenter Rangrücktritt) gemäss Art. 1 ZGB hinter
den positivrechtlich verankerten Rückerstattungsanspruch aus verdeckter
Gewinnausschüttung zurückzutreten (vgl. eingehend Müller, Eigenkapitalersetzendes
Darlehen – Dogmatische Grundlagen und praktische Konsequenzen, Habil.
Zürich, Bern 2014, N 792, 794; Roth, SJZ 105/2009,
S. 419 f.; Roth, Diss., S. 376 f., je m.w.H.; vgl. auch
Rubli, Sanierungsmassnahmen im Konzern aus gesellschaftsrechtlicher Sicht,
Diss., SSHW Nr. 218, Zürich 2002, S. 200-205). Demzufolge muss
vorliegend nicht näher geprüft werden, ob der Ansatz des konkludenten
Rangrücktritts mit dem geltenden Aktien- und Konkursrecht vereinbar ist,
welche Voraussetzungen bejahendenfalls zu erfüllen wären (allgemein hierzu
zusätzlich zu den soeben genannten Autoren z.B. Glanzmann, SZW 2011,
S. 247 f.; Roth, SJZ 105/2009, S. 413 ff.; Jagmetti, a.a.O.,
S. 201-210, je m.w.H.) und ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt
sind.
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D. Rechtsmissbrauch
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1.
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Schliesslich erwog die
Vorinstanz (act. 84 E. IV.5.), die Verwaltungsräte der Beklagten, der
Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG, welche grösstenteils
personell identisch gewesen und allesamt vom einzelzeichnungsberechtigten
QX.______ präsidiert worden seien, hätten die Folgen der (nach Ansicht der
Vorinstanz) seit längerer Zeit unzulässigen Weiterführung des Cash
Managements zu verantworten. Nachdem das unzulässige Cash Management und
die damit verbundenen unzulässigen verdeckten Gewinnausschüttungen über
Jahre hinweg bewusst toleriert worden seien, sei es offensichtlich
rechtsmissbräuchlich, im Nachhinein von der als Konzernclearingstelle
fungierenden Beklagten Rückerstattungen zu verlangen.
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2.
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Die Nebenintervenientin führt
hierzu in ihrer Berufung (act. 87 Rz. 18, 67 ff.) aus, dieser
Standpunkt der Vorinstanz sei in mehrerer Hinsicht unzutreffend.
Insbesondere verlange mit der vorliegenden Kollokationsklage nicht
QX.______ die Rückerstattung irgendwelcher Zahlungen, sondern die Klägerin
als Rechtsnachfolgerin der Nebenintervenientin mache Kontokorrentguthaben
geltend. Den Gläubigern der Nebenintervenientin könne jedoch das Verhalten
von QX.______ nicht entgegengehalten werden. Zudem würde die
vorinstanzliche Argumentation nach Auffassung der Nebenintervenientin
bedeuten, dass eine Gesellschaft eine Leistung, welche eine verdeckte Gewinnausschüttung
darstellt, entgegen Art. 678 Abs. 2 OR nie zurückfordern könnte,
da eine verdeckte Gewinnausschüttung wohl immer mit Wissen und Willen der
involvierten Organe und allenfalls auch der Aktionäre der Gesellschaft
erfolge. Art. 2 Abs. 2 ZGB diene als korrigierender Notbehelf für
Fälle, in denen formales Recht zu materiell krassem Unrecht führen würde.
Ein solcher, die Anwendung des Notbehelfs des Rechtsmissbrauchs
rechtfertigender Fall liege in casu aber nicht vor. Die von ihr (Nebenintervenientin)
bzw. von der Klägerin verlangte Rückforderung der im Rahmen des Konzernclearings
gewährten Kontokorrentdarlehen erfülle keine der in Lehre und Rechtsprechung
für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs herausgebildeten Fallgruppen.
Insbesondere stelle die Rückforderung der Darlehen kein widersprüchliches
Verhalten (venire contra factum proprium) dar. Auch hätten die
Rechtsvorgängerinnen der Klägerin keine Grundlage für eine
Vertrauenshaftung gesetzt bzw. kein Verhalten an den Tag gelegt, aufgrund
dessen die Rückforderung des Darlehens als offenbar rechtmissbräuchlich im
Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB qualifiziert werden könnte. Vielmehr
sei nach Meinung der Nebenintervenientin die vorinstanzliche Abweisung der
Kollokationsklage im Ergebnis stossend, indem so die übrigen Gläubiger der
Beklagten zulasten der Gläubiger der Nebenintervenientin (als
Rechtsvorgängerin der Klägerin) von den erhaltenen Geldern profitieren
könnten, während die Gläubiger der Nebenintervenientin leer ausgingen.
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3.
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Der offenbare Missbrauch eines
Rechtes findet keinen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Die Norm dient als
korrigierender "Notbehelf" für diejenigen Fälle, in denen formales
Recht zu materiell krassem Unrecht führen würde. Sie ist also zurückhaltend
anzuwenden und im Zweifel ist das formale Recht zu schützen. Wann ein
solcher Rechtsmissbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des
Einzelfalles zu bestimmen. Dabei sind die von der Lehre und Rechtsprechung
ent-wickelten Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs zu beachten. Typische
Fallgruppen von Rechtsmissbrauch sind insbesondere nutzlose Rechtsausübung
(fehlendes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsausübung), krasses
Missverhältnis der Interessen, widersprüchliches Verhalten, zweckwidrige
Verwendung eines Rechtsinstituts, schikanöse Rechtsausübung und verzögerte
Rechtsausübung (zum Ganzen: BGer 4A_692/2011 vom 9. Dezember 2011, E.
4.1; BGE 140 III 583 E. 3.2.4; BGE 135 III 162 E. 3.3.1; BGE 134
III 52 E. 2.1; Honsell, BSK ZGB I, Art. 2
N 24 ff., je m.w.H.).
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4.
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a) Mit der vorliegenden
Kollokationsklage bezweckt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der
Nebenintervenientin, der V.______ AG und der U.______ AG, ihrer Auffassung
nach ursprünglich den drei soeben genannten Gesellschaften zustehende und
dann von diesen an die Klägerin (bzw. in den Fällen der V.______ AG und der
U.______ AG zunächst an die Nebenintervenientin als deren
Muttergesellschaft, vgl. act. 41/2/2) abgetretene Guthaben aus dem Cash
Management der X.______-Gruppe gegen die Beklagte (zentrale
Abrechnungsstelle) geltend zu machen. Letztlich stehen sich im vorliegenden
Kollokationsprozess im Wesentlichen die Interessen der Gläubiger von Gesellschaften,
die konzernmässig miteinander verbunden sind (vgl. act. 41/2/1-2 sowie
vorne, E. V.F.1.) und beide je in Nachlassliquidation stehen (vgl.
act. 40 Rz. 129 ff.; act. 72 Rz. 200 f.),
diametral gegenüber, nämlich jene der Gläubiger der Nebenintervenientin
einerseits und jene der Beklagten andererseits (siehe insbesondere die zwischen
der Klägerin und der Nebenintervenientin getroffenen vertraglichen Abreden,
vgl. v.a. act. 1 Rz. 6 ff.; act. 2/4-5).
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b)
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Wenn sich die Vorinstanz auf
den Standpunkt stellt (act. 84 E. IV.5.), die von der Klägerin
als Rechtsnachfolgerin der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der
U.______ AG angestrebte Kollokation von behaupteten, aus dem Cash
Management der X.______-Gruppe herrührenden (Darlehens-) Forderungen sei
rechtsmissbräuchlich, so schützt sie damit einseitig die Interessen der
Gläubiger der Beklagten als Darlehensnehmerin. Beachtlich sind aber genauso
die Interessen der Gläubiger der Nebenintervenientin als Darlehensgeberin
bzw. Rechtsnachfolgerin der darlehensgebenden V.______ AG und U.______ AG,
dass diese Gesellschaften nicht Vollstreckungssubstrat „veräussern“
(Meier/Siegwart, S. 76; Rubli, a.a.O., S. 202 ff. m.w.H.).
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c)
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Die Vorinstanz erwog
(act. 84 E. IV.5.), das „unzulässige Konzernclearing und Cash
Pooling und die damit verbundenen unzulässigen verdeckten Gewinnausschüttungen“
seien „über Jahre bewusst toleriert“ worden. „Bewusst toleriert“ wurde das
Cash Management der X.______-Gruppe jedoch einzig von den Herren X.______,
welche als „Patrons“ der X.______-Gruppe das Verhalten sämtlicher Gruppengesellschaften
bestimmten und diesen gegenüber insbesondere die Teilnahme am Cash
Management anordneten (act. 84 E. IV.4.4., 5., 6.;
act. 30/1; act. 40 Rz. 103; act. 72 Rz. 197 [der
in dieser Aktenstelle erwähnte XY.______ schied bereits im Jahr 1995 aus
der damaligen SX.______ AG und späteren S.______ AG aus, vgl.
act. 41/5/3]), nicht aber von den Gläubigern der einzelnen
Gesellschaften. Organen der involvierten Gesellschaften mögen im
Zusammenhang mit dem Konzernclearing und/oder Cash Pooling allenfalls
Pflichtwidrigkeiten vorzuwerfen sein (vgl. act. 84 E. IV.4.4.,
4.6. f.; BGer 4A_603/2014 vom 11. November 2015), allein dies
führt aber entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht dazu, dass die
vorliegende Kollokationsklage, mit welcher wie soeben erwähnt
(E. VI.D.4a) im Wesentlichen Gläubiger- und nicht etwa Aktionärsinteressen
verfolgt werden, wegen Rechtsmissbrauchs abzuweisen wäre. Denn nachdem
sowohl der Beklagten als auch der Nebenintervenientin, der V.______ AG und
der U.______ AG die Teilnahme am Cash Management der X.______-Gruppe durch
die Herren X.______ mittels Konzernweisung (act. 30/1) angeordnet
wurde, liegt mit der im Endeffekt auf die Herstellung bzw. Rückführung von
Vollstreckungssubstrat bei der in Nachlassliquidation befindlichen Nebenintervenientin
abzielenden Kollokationsklage kein widersprüchliches Verhalten der
klagenden Partei bzw. von deren Rechtsvorgängerinnen vor (so aber implizit
die Vorinstanz in act. 84 E. IV.5. und explizit die Beklagte in
act. 92 Rz. 67).
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d)
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Dies, zumal in casu – wie
vorstehend aufgezeigt (E. VI.B.) – im Umfang des eingeklagten Betrages
unzulässige verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen, die entsprechenden,
im November/Dezember 2003 erfolgten Darlehensgewährungen zivilrechtlich
nichtig sind und als Rechtsfolge ein gesetzlich ausdrücklich statuierter
Rückerstattungsanspruch besteht (Art. 678 Abs. 2 OR). Die
Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Nebenintervenientin, der V.______ AG
und der U.______ AG kann sich somit auf einen im Gesetz explizit normierten
Rückerstattungsanspruch berufen. Ausserdem bezweckt das Rechtsinstitut der
verdeckten Gewinnausschüttung unter anderem gerade den Gläubigerschutz
(vgl. BGer 4A_188/2007 und 4A_174/2007, je vom 13. September 2007,
E. 4.3.2 bzw. E. 4.3.1; Handschin, Einige Überlegungen zum
Cashpooling im Konzern, in: Wessner/Bohnet [Hrsg.], Droit des sociétés:
Mélanges en l'honneur de Roland Ruedin, Basel 2006,S. 277; Rubli,
a.a.O., S. 201, 204; von der Crone/Mauchle, SZW 2015, S. 200
m.w.H.). Demnach erfolgt die Verwendung dieses Rechtsinstituts nicht
zweckwidrig, sondern vielmehr gerade dem Zweck entsprechend.
Rechtsmissbrauch liegt daher auch insofern nicht vor.
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e)
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Zusammenfassend ist somit
entgegen der Auffassung der Vorinstanz in der Erhebung der vorliegenden
Kollokationsklage kein offenbar rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne
von Art. 2 Abs. 2 ZGB zu erblicken.
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VII.
(Paulianische Anfechtung)
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|
1.
|
Die Beklagte machte vor
Vorinstanz (act. 40 Rz. 86 ff., 438 ff.) und in der
Berufungsantwort (act. 92 Rz. 122 ff.) geltend, wenn
zivilrechtlich Forderungen der Nebenintervenientin, der V.______ AG und der
U.______ AG gegen sie bestanden haben sollten, so lägen im Umfang der sie
treffenden Belastungen anfechtbare Handlungen (Schenkungsanfechtung gemäss
Art. 286 SchKG und Absichtsanfechtung gemäss Art. 288 SchKG) vor,
welche vollstreckungsrechtlich unbeachtlich seien.
|
2.
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Die Sache ist indes in Bezug
auf diese von der Beklagten erhobenen Einreden angesichts dessen, dass die
Vorinstanz keinen vollständigen doppelten Schriftenwechsel durchführte
(vgl. E. VI.B.5d), nicht spruchreif.
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|
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VIII.
(Fazit)
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1.
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Wie sich aus den vorstehenden
Erwägungen ergibt, sind die von der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid
(act. 84) zur Begründung ihrer Klageabweisung ins Feld geführten Alternativbegründungen
(verdeckte Gewinnausschüttungen; konkludenter Rangrücktritt;
Rechtsmissbrauch; Doppelvertretung; Art. 66 OR) allesamt nicht stichhaltig.
Ferner kann nach dem Gesagten eine Abweisung der Kollokationsklage auch
nicht damit begründet werden, dass die im Rahmen des Cash Managements in
der X.______-Gruppe ausgeführten Handlungen nicht durch den
Gesellschaftszweck gedeckt seien, dass ein unzulässiges fremdnütziges
Verhalten der Beklagten vorliege und/oder dass ein Verstoss gegen Art. 27
ZGB gegeben sei. Entgegen der Beklagten (act. 92 Rz. 32) und
implizit auch der Vorinstanz kann im Lichte der vorstehenden Erwägungen
somit nicht gesagt werden, das gesamte „Setting“ des Konzernclearings und
Cash Poolings der X.______-Gruppe als solches sei unzulässig gewesen.
|
2.
|
Vielmehr bleibt insbesondere zu
beurteilen, ob in tatsächlicher Hinsicht entsprechend der
Sachverhaltsdarstellung der Nebenintervenientin Saldoziehungen durch die Beklagte
und Saldoanerkennungen seitens der Nebenintervenientin, der V.______ AG und
der U.______ AG (insbesondere Kontoführung/Verbuchung, Erstellung Kontoauszüge,
Saldoziehung durch die Beklagte, Zustellung Kontoauszüge an die drei Teilnehmergesellschaften)
sowie ob in Bezug auf ebendiese Gesellschaften eine Beendigung des Cash
Managements per 5. Dezember 2003 bewiesen sind. Die Vorinstanz hat
sich bislang mit diesen Punkten nicht befasst. Da damit ein wesentlicher
Teil der Klage nicht beurteilt wurde, ist das Verfahren in Anwendung von
Art. 318 Abs.1 lit. c Ziff. 1 ZPO zur neuen Beurteilung der Klage
(vorweg insbesondere Einholung der Duplik) an die Vorinstanz zurückzuweisen
(so im Eventualstandpunkt auch die Beklagte, act. 92
Rz. 7 ff.). Sollte sich ergeben, dass die genannten Saldoziehungen
und -anerkennungen sowie die erwähnte Beendigung des Cash Managements nicht
bewiesen sind und damit eine Novationswirkung zu verneinen ist, so wird die
Vorinstanz die Klage zufolge unzureichender Substantiierung abzuweisen
haben (siehe vorne, E. V.F.7.). Anderenfalls wird sie die noch verbleibenden,
von der Beklagten in der Klageantwort (act. 40) bereits erhobenen
sowie in der Duplik gegebenenfalls noch folgenden Einwendungen zu prüfen
haben (insbesondere Einrede der Anfechtbarkeit nach den Regeln der
Schenkungs- und der Absichtspauliana [vgl. act. 40
Rz. 438 ff., act. 92 Rz. 122 ff.], Einwendungen
gegen einzelne Kategorien von Forderungen [act. 40 Rz. 390
ff.]). Dies, zumal der Eintritt der Novationswirkung
einzig eine Umkehr der Beweislast bedeuten würde, die Möglichkeit von
Einreden hingegen erhalten bleibt (vgl. vorne, E. V.E.2e sowie die
Beklagte in act. 40 Rz. 384).
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|
|
IX.
(Kosten- und Entschädigungsfolgen)
|
|
1.
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Bei diesem Ausgang des
Verfahrens rechtfertigt es sich, lediglich eine Entscheidgebühr für das
Berufungsverfahren festzusetzen und die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen
im Übrigen der Vorinstanz zu überlassen (Art. 104 Abs. 4 ZPO;
Jenny, ZK ZPO, Art. 104 N 11). Vorzumerken ist, dass die
Nebenintervenientin für das Berufungsverfahren einen Kostenvorschuss von
CHF 250‘000.– geleistet hat (act. 89).
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2.
|
Angesichts des Streitwerts von
CHF 4‘961‘845.– (vgl. vorne, E. II.D.) eröffnet sich in Bezug auf
das vorliegende Berufungsverfahren für die Entscheidgebühr ein Rahmen von
CHF 4‘000.– bis gerundet CHF 198‘000.– (4 % des Streitwerts,
vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. e der Verordnung zu den Kosten im
Zivil- und Strafprozess). Bei der konkreten Bemessung der Entscheidgebühr
ist einerseits zu berücksichtigen, dass es sich um ein umfangreiches und
komplexes Verfahren handelt, andererseits ist der überlangen Dauer des
Berufungsverfahrens Rechnung zu tragen. Insgesamt erscheint es angemessen,
die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren auf CHF 120‘000.– festzusetzen.
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____________________
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Das Gericht erkennt:
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1.
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In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des
Kantonsgerichts Glarus vom 13. Juni 2013 im Verfahren ZG.2009.00920
vollumfänglich aufgehoben und die Sache zur Weiterführung des Verfahrens
und neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen.
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2.
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Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren wird
festgesetzt auf CHF 120‘000.–.
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3.
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Die Festsetzung der Parteientschädigungen und die
Verteilung der Prozesskosten für das Berufungsverfahren werden der
Vorinstanz überlassen. Es wird vorgemerkt, dass die Berufungsklägerin
(Nebenintervenientin) für das Berufungsverfahren einen Kostenvorschuss von
CHF 250‘000.– geleistet hat.
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4.
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Schriftliche Mitteilung an:
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[…]
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