kantone/so/SO-SGSTA-2002-116.html
Geschäftsnummer: | SGSTA.2002.116 |
Instanz: | Steuergericht |
Entscheiddatum: | 19.01.2004 |
FindInfo-Nummer: | O_SG.2015.131 |
Titel: | Eintragung des gesetzlichen Pfandrechts / Verjährung Steuerforderung |
Resümee: |
StG § 59 Abs. 4, StG 139 Abs. 3, ZGB Art. 818 - Eintragung des gesetzlichen Pfandrechts. Verjährung der Steuerforderung. Treu und Glauben in casu nicht verletzt. Bezüglich Verjährung der Steuerforderung ist Artikel 818 ZGB als ergänzendes kantonales Recht anwendbar. |
KSGE 2004 Nr. 2
StG § 59 Abs. 4, StG 139 Abs. 3, ZGB Art. 818 - Eintragung des gesetzlichen Pfandrechts. Verjährung der Steuerforderung. Treu und Glauben in casu nicht verletzt. Bezüglich Verjährung der Steuerforderung ist Artikel 818 ZGB als ergänzendes kantonales Recht anwendbar.
Urteil SGSTA.2002.116 vom 19. Januar 2004.
Sachverhalt:
1. Am 5. Juli 1991 erwarb M. S. das Grundstück GB G. Nr. X. von P. G.. Mit Ehevertrag vom 3. Februar 19YY ging das Grundstück an V. S.. Seit 16. Dezember 1998 ist nun die S. AG Eigentümerin des Grundstücks.
2. Gemäss rechtskräftiger Veranlagung vom 28. September 1992 schuldet P. G. aus dem Verkauf des Grundstücks eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 71’123.15. Zur Sicherung der Grundstückgewinnsteuer wurde auf GB G. Nr. X. ein gesetzliches Pfandrecht im Sinne von § 59 Abs. 4 StG im Betrag von Fr. 71’123.15 zuzüglich Zins zu 6 % seit dem 29. Oktober 1992 eingetragen.
3. Nach erfolglosen Mahnungen ergab die Betreibung gegen P. G. am 1. November 1993 einen Verlustschein über den Betrag von Fr. 75’816.60. Im April 1994 wurde über P. G. der Konkurs eröffnet, am 14. Februar 2002 das Konkursverfahren abgeschlossen. Aufgrund einer Konkursdividende von Fr. 1’105.25 stellte das Konkursamt einen Verlustschein in der Höhe von Fr. 74’711.35 aus.
4. Am 22. August 2002 erliess das kantonale Steueramt gegenüber der S. AG eine Pfandrechtsverfügung, wonach auf dem Grundstück GB G. Nr. X. ein gesetzliches Pfandrecht im Betrag von Fr. 74’711.35 laste.
5. Gegen diese Verfügung erhob der Vertreter für die S. AG am 3. September 2002 Einsprache mit dem Antrag, das Pfandrecht zu löschen, weil es nicht rechtzeitig eingetragen worden sei. Die Einsprache wurde mit Entscheid vom 22. November 2002 abgewiesen, weil das Pfandrecht innert Frist am 21. Dezember 1992 gestützt auf einen entsprechenden Gerichtsentscheid superprovisorisch im Grundbuch vorgemerkt worden und dann nach Rechtskraft des definitiven Urteils, die am 13. Februar 1993 eingtreten sei, am 23. Februar 1993 definitiv eingetragen worden sei.
6. Mit Rekurs vom 20. Dezember 2002 beantragt die S. AG, die Verfügung betr. Pfandhaft sei aufzuheben und das eingetragene gesetzliche Pfandrecht sei zu löschen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung wird erneut geltend gemacht, der Grundbuchauszug zeige, dass das Pfandrecht erst am 23. Februar 1993 eingetragen worden sei. Wenn der Grundbucheintrag fehlerhaft sei, sei das irrelevant. Im übrigen habe das Justiz-Departement bei der Bewilligung zur vorzeitigen Übertragung des Grundstücks am 27. August 1991 festgestellt, dass bei der Weiterveräusserung kein Gewinn erzielt werde. Eine Grundstückgewinnsteuerveranlagung sei deshalb an sich schon ein Widerspruch. Im weitern werde Verjährung geltend gemacht, da die absolute Frist von 10 Jahren verstrichen sei.
7. Mit Eingabe vom 17. Februar 2003 verlangt das Steueramt, der Rekurs sei kostenfällig abzuweisen. Die Eintragungsfrist von 3 Monaten sei eingehalten, weil die entsprechende Verfügung des Gerichts am 18. Dezember 1992 ergangen sei und das Grundbuchamt, wie es am 21. Dezember 1992 gegenüber dem damaligen Eigentümer bestätigt habe, das Pfandrecht provisorisch vorgemerkt worden sei.
8. Am 25. Februar habe die Amtschreiberei sodann dem Eigentümer mitgeteilt, dass nach Rechtskraft des Gerichtsurteils das Pfandrecht nun als Grundpfandverschreibung eingetragen und die bisherige Vormerkung gelöscht worden sei. Das Datum der Grundpfandverschreibung im Grundbuch sei zwar falsch, die Unrichtigkeit aber klar bewiesen. Von gutgläubigem Erwerb (ohne Pfandrecht) oder einer Verletzung von Treu und Glauben könne nicht die Rede sein. Im weitern bestehe auch kein Widerspruch zwischen der Festsetzung eines Grundstückgewinnes und der Tatsache, dass die vorzeitige Veräusserung bewilligt wurde, weil diese „ohne Gewinn“ erfolgte. Schliesslich sei die Forderung nicht verjährt, weil Forderungen, für welche ein Grundpfand eingetragen sind, nicht verjährten.
9. In der Replik vom 14. April 2003 bleibt die Rekurrentin bei ihren Anträgen. Die Ein-tragungsfrist sei gemäss Datum des Grundbucheintrages verpasst und es habe kein Gewinn resultiert, wie das Justiz-Departement verbindlich festgestellt habe. Schliesslich sei Art. 807 ZGB auf die gesetzlichen Grundpfandrechte nicht anwendbar.
Erwägungen: 1. ...
Anwendbar ist das geltende Steuergesetz vom 1. Dezember 1985 (StG), da sich der massgebende Sachverhalt unter der Geltung dieses Gesetzes verwirklichte. Die für den vorliegenden Fall massgebenden Bestimmungen gelten seit Inkrafttreten unverändert, weshalb nicht zu prüfen ist, welche Fassung des Gesetzes zur Anwendung gelangt.
2. Die Steuerpflichtige macht zunächst geltend, die Eintragung des gesetzlichen Pfandrechts sei nicht rechtzeitig innert der Dreimonatsfrist erfolgt.
Nach § 59 Abs. 4 StG kann die Veranlagungs- oder Bezugsbehörde die Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandes am veräusserten Grundstück mit Eintragung verlangen, wenn Gefahr besteht, dass die geschuldete Steuer nicht bezahlt wird. Dieses Pfandrecht folgt im Range den gesetzlichen Pfandrechten ohne Eintragung; der Anspruch erlischt, wenn das Pfandrecht nicht innert 3 Monaten seit Fälligkeit eingetragen wird.
Die Fälligkeit trat unbestrittenermassen am 29. September 1992 ein. Damit begann die Dreimonatsfrist zu laufen. Am 21. Dezember 1992 wurde gemäss Anzeige der Amtschreiberei (Grundbuchamt) auf GB G. Nr. X. auf Anmeldung des Richteramtes Z. das umstrittene gesetzliche Pfandrecht zu Gunsten des Staates Solothurn (Kantonale Steuerverwaltung) für den Betrag von Fr. 71’123.15 zuzüglich 6 % Zins seit 29.10.1992 (Grundstückgewinnsteuer . G.) vorgemerkt. Diese Mitteilung ging unter anderem per Einschreiben an den damaligen Eigentümer M. S.. Am 25. Februar 1993 zeigte das Grundbuchamt dem Eigentümer M. S. an, dass gestützt auf das am 13.2.1993 in Rechtskraft erwachsene Urteil des Richteramtes Z. vom 27.1.1993 auf seinem Grundstück GB G. Nr. X. ein gesetzliches Pfandrecht zu Gunsten des Staates Solothurn (Kantonale Steuerverwaltung) für den Betrag von Fr. 71’123.15, zuzüglich 6 % Verzugszins seit 29.10.1992, im Grundbuch als Grundpfandverschreibung eingetragen und die bisherige Vormerkung des vorläufigen Eintrages gelöscht wurde.
Im Grundbuchauszug vom 2.9.2002 lautet das Datum der Grundpfandverschreibung im Hauptbuch auf den 23.02.1993. Das entspricht dem Datum, an welchem das rechtskräftige Urteil des Richteramtes dem Grundbuchamt zugestellt wurde. Wie im Einspracheentscheid völlig richtig festgehalten und von der Eigentümerin unbestritten geblieben ist, entspricht dieses Datum nicht den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere nicht Art. 76 Abs. 2 Grundbuchverordnung. Das richtige Datum wäre der 21. Dezember 1992, da nach der Grundbuchverordnung die endgültige Eintragung mit dem Datum der gelöschten vorläufigen Eintragung zu versehen ist, wenn das durch die vorläufige Eintragung gesicherte Recht zur Eintragung gelangt.
Nach Auffassung der Rekurrentin ist Folge dieses falschen Datums, dass das Pfandrecht nicht mehr bestehe, da es zu spät eingetragen worden sei. Damit geht sie offensichtlich fehl. Einerseits ist durch die vom Steueramt eingelegten und oben dargelegten Beweismittel, insbesondere die Anmeldungen, bewiesen, dass das Datum im Hauptbuch falsch ist, wodurch die Vermutung der Richtigkeit des öffentlichen Registern nach Art. 9 ZGB widerlegt ist. Anderseits kommt dem Datum im Hauptbuch allein nicht die Bedeutung zu, die ihm die Rekurrentin zuschreibt. Das Grundbuch als öffentliches Register besteht aus dem Hauptbuch und den das Hauptbuch ergänzenden Plänen, Liegenschaftsverzeichnissen, Belegen, Liegenschaftsbeschreibungen und dem Tagebuche (Art. 942 Abs. 2). Für das Datum der Eintragungen ist nach Art. 948 die Einschreibung in das Tagebuch massgebend; diese Belege sind zweckmässig zu ordnen und aufzubewahren. Da das Tagebuch und die entsprechenden Belege auch Teil des Grundbuches sind, sind auch sie zu konsultieren, wenn der genaue Inhalt einer Eintragung festgestellt werden will (vgl. Art. 971 ZGB). Und aus diesen Belegen ergibt sich das richtige Datum der Eintragung ohne weiteres.
3. Der weiter vorgebrachte Einwand, im übrigen müsste Treu und Glauben zum selben Ergebnis führen, da die Erwerberin und jetzt in Anspruch genommene Pfandeigentümerin gutgläubig ein Grundstück ohne Pfandrecht erworben habe, ist ebenso unbehelflich. Einerseits war das Pfandrecht als privilegiertes gesetzliches Pfandrecht unbestrittenermassen eingetragen und ging aus der Eintragung keinesfalls hervor, dass diese ungültig wäre, anderseits war die Erwerberin bzw. deren allein handelnder Vertreter M. S. bestens über die genauen Abläufe und den Inhalt dieses Rechts orientiert, sogar ohne dass er neben dem Hauptbuch die zugehörigen Belege hätte konsultieren müssen, waren ihm doch die entsprechenden Anzeigen des Grundbuchamtes betreffend vorläufige und definitive Eintragung ebenso wie die entsprechenden Gerichtsentscheide zugestellt worden. Von gutem Glauben kann offensichtlich nicht die Rede sein; gegenteils treffen die entsprechenden Ausführungen der Vorinstanz in Ziff. 7 bis 11 zu. Die weitern von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für einen Vertrauensschutz sind somit gar nicht zu prüfen.
4. Der ursprünglich einzig geltend gemachte Einwand betrifft den angeblichen Widerspruch zwischen der Bewilligung des vorzeitigen Verkaufs durch das Justizdepartement, weil er „ohne Gewinn“ erfolge, und der späteren Festsetzung eines Grundstückgewinnes durch die Steuerbehörden. Dazu ist nur festzuhalten, dass die Bestimmungen des (damaligen) Bundesrechts betreffend die Sperrfrist für die Veräusserung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke den Gewinn anders definierten (nämlich als Differenz zwischen dem bei der Veräusserung erzielten Erlös und den um einen jährlichen Zuschlag in der Höhe der seit dem Erwerb eingetretenen durchschnittlichen jährlichen Teuerung erhöhten Gestehungskosten), als es das kantonale Grundstückgewinnsteuerrecht tut. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der entsprechenden Bestimmungen. Massgebend im vorliegenden Verfahren ist einzig das kantonale Recht. Nach diesem liegt unbestritten ein Gewinn als Differenz zwischen Erlös (§ 54 Abs. 1 StG: alle Leistungen des Erwerbers) und Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen gemäss §§ 55 f. StG) vor. Er wurde vom Verkäufer selber deklariert. Dass die von der Steuerbehörde anschliessend korrigierte und eröffnete Veranlagung falsch wäre, wird von der Rekurrentin weder behauptet noch glaubhaft gemacht od er gar belegt. Ein relevanter Widerspruch liegt daher nicht vor (so schon in einer Eventualbegründung im Entscheid des Steuergerichts vom 28. Mai 2001 i.S. H.E.).
5. Schliesslich macht die Rekurrentin Verjährung der Steuerforderung geltend. Die Frist von § 139 Abs. 3 sei abgelaufen. Das Steueramt hält dagegen, dass § 139 gar nicht anwendbar sei, da gemäss Art. 807 ZGB Forderungen für die ein Grundpfand eingetragen sei, keiner Verjährung unterlägen.
Das Steuergericht hat sich, soweit ersichtlich, zu dieser Frage noch nie geäussert. Im Entscheid vom 20. November 2000 hat es die Frage offen gelassen, nachdem es zuvor festgestellt hatte, dass die Bezugsverjährung jedenfalls noch nicht abgelaufen war.
Im vorliegenden Fall ist die Frage zu entscheiden. Das Steuergesetz regelt die Verjährung der Steuerforderung. Das gesetzliche Pfandrecht ist im Steuergesetz nur sehr rudimentär geregelt. Insbesondere ist nicht explizit geregelt, ob der Eintrag eines Pfandrechts die Forderung unverjährbar macht. § 284 f. EG ZGB enthalten ebenfalls keine diesbezüglichen Vorschriften. Das Steuergericht hat in mehreren, auch publizierten Urteilen bezüglich Akzessorien entschieden, dass die entsprechenden Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches zum Grundpfandrecht als ergänzendes kantonales Recht zu Anwendung gelangten, insbesondere Art. 818 ZGB (vgl. KSGE 2001 Nr. 13, 2000 Nr. 11). Nach Zucker (Armin Zucker, Das Steuerpfandrecht in den Kantonen, Zürich 1988) gilt nach der Mehrheit der Lehre Art. 807 ZGB in dieser Situation bei den im Grundbuch eingetragenen pfandgesicherten Steuerforderungen, nicht jedoch bei fehlendem Grundbucheintrag (a.a.O., S. 73). Dieser Auffassung ist beizupflichten. Es entspricht dem Sinn des Gesetzes, die entsprechende Regelung des ZGB als kantonales Recht ergänzend zur An-wendung zu bringen. Dadurch ist einerseits möglich, dass zunächst der tatsächliche Steuerschuldner belangt wird, regelmässig bis zum Verlustschein, und erst danach eine Pfandrechtsverfügung erlassen, das Pfandrechtsverfahren durchgespielt und anschliessend, wenn noch nötig, zur Pfandverwertung geschritten wird, und anderseits die vom Gesetzgeber gewollte Sicherheit bestehen bleibt, ohne dass die Verjährung eintritt. Die ergänzende Anwendung der Vorschriften des Bundeszivilrechts entspricht auch der Forderung nach Einheitlichkeit der gesamten Rechtsordnung, und sie führt nicht zu einer Einschränkung des grundbuchlichen Publizitätsprinzips.
Im übrigen hat das Bundesgericht in einem Entscheid vom 30. April 2002 betreffend den Kanton Obwalden die Zulässigkeit eines Steuerpfandrechts sogar ohne Eintragung im Grundbuch erneut ausdrücklich bestätigt und erklärt, dieses sei nicht verfassungswidrig, sondern mit dem Bundeszivilrecht vereinbar. Umso mehr muss dies für ein eingetragenes Steuerpfandrecht gelten.
Der Rekurs erweist sich somit als unbegründet. Er ist abzuweisen.
Steuergericht, Urteil vom 19. Januar 2004 |